Rezension zu "Lichtjahr 5. Ein Phantastik-Almanach." von Autorenkollektiv.
„»Alles was wir von der Welt wissen, sind Umschreibungen unserer Unwissenheit.« Wilhelm Raabe“ (S.69)
Zum Inhalt:
Der Band 5 der Lichtjahr-Serie steht in der Tradition seiner Vorgänger und bietet neben Geschichten von bekannten Kapazundern aus dem Genre wie z.B. den Strugatzkis, Le Guin oder den Steinmüllers auch wieder Beiträge, die sich mit der Positionierung der SF innerhalb des weiten Feldes der Literatur, sowie mit deren Erzähltheorie(en) beschäftigt. So nimmt Werner Förster mit auf eine spannende Achterbahnfahrt durch die SF-Welten verschiedenster Autoren, stets mit einem verschmitzten, beinahe schelmischen Unterton, den Leser auffordernd auf dem Feld der Phantastik die Spreu vom Weizen zu trennen, stets darauf achtend, die Unruhe nach einer „guten“ Geschichte zu wahren.
Erik Simon, Herausgeber auch dieses Bandes, versucht in seinem Beitrag eine Abgrenzung von SF und Fantasy und auch Karsten Kruschel, den mancher als Verfasser der Vilm-Romane kennt, ist mit einem kritischen Text „Zur Problematik von Partnerbeziehungen, Liebe, Sexualität und Erotik in der Science-fiction der DDR“ (S.210) vertreten. (Einige seiner Veröffentlichungen finden sich auch hier auf dem BLOG)
Wie im einführenden Text schon erwähnt wird, setzte sich Erik Simon diesmal das Ziel auch „andere Gebiete der Phantastik vorzustellen, vor allem die in der DDR bisher kaum als eigenständiges Gebiet hervorgetretene Fantasy.“ (S. 1)
Ein weiteres Highlight ist die Fortsetzung der Bibliographie aus den vorigen Büchern für die Jahre 1980 bis 1983 durch Olaf R. Spittel.
Enthaltene Erzählungen:
- Dinge – Ursula K. Le Guin
- Ein Kasten voll Dunkelheit – Ursula K. Le Guin
- Die Schwester des Märchens – Erik Simon
- Aus den Legenden von Cotrahviné – Tais Tseng
- Noah – Detleff Budde
- Die Strahlung – Jörg Mosch
- Der Traum – Klaus D. Krüger
- Die Legende vom einbeinigen Besucher – Arkadi und Boris Strugatzki
- Sterntaler – Angela und Karlheinz Steinmüller
- Baba und die zweiundvierzig Stiere – Alfred Leman
- Durch Zeiten und Räume – Werner Förster
- Höher als Wolken, Berge und Himmel – Pawel Amnuel
- Klick! – Ljubow und Jewgeni Lukin
- Erwachen – Ljubow und Jewgeni Lukin
- Die letzte Chance – Miloš Ščepka
- Vier Aspekte der Science-Fiction-Literatur – Ognjan Saparew
- Das große Annäherungsmanöver – Karsten Kruschel
- Am Rande zur Ewigkeit – Jörg Gernreich
- Lotsendienst, ganz alltägllich – Andreas Melzer
- Fluchtweg achteraus – Andreas Melzer
Fazit:
Neben den textkritischen Artikeln, der Bibliografiefortsetzung und den grafischen Leckerbissen, gelang es Erik Simon in diesem Band erneut einen äußerst interessanten Bogen zu spannen, der den Leser von SciFy zur Fantasy und zurück geleitet. Aus meiner persönlichen Sicht sticht dabei die Erzählung Pawel Amnuels „Höher als Wolken, Berge und Himmel“ besonders hervor, einer Metapher auf die Fähigkeit des menschlichen Entdeckergeistes, auch den dichtesten Nebel der Unwissenheit und des Widerstandes überwinden zu können.
Unter dem berühmten Strich ein sehr empfehlenswertes Buch für alle, die sich im Bereich der Phantastik im weiteren Sinne wiederfinden.