Das Buch "Der letzte Zug nach Istanbul" von der türkischen Autorin Ayse Kulin erzählt die Geschichte einer angesehen türkischen Familie, die zu zerrütten droht. Selva, die jüngste Tochter der traditionellen osmanischen Familie, bricht alle Traditionen und heiratet einen Juden namens Rafael. Beide Familien sind absolut gegen die Verbindung der Religionen, doch das Paar steht darüber und verlässt das Land. Sie wollen in Frankreich ein neues Leben beginnen.
Nachdem die Nazis in Frankreich einmarschierten, wird ihnen klar, wie sehr sie ihre Familien vermissen und das Familie immer Familie bleibt. Nachdem mutige türkische Diplomaten davon erfahren haben, dass Selva mit ihrer Familie und noch weitere türkische Staatsbürger in Frankreich eingeschlossen sind, organisieren sie einen Transport in die Türkei für sie. Doch wann dieser Transport stattfinden soll und ob alles glatt über die Bühne gehen wird, ist ungewiss. Genauso ungewiss ist die Frage, was sie in ihrer Heimat erwarten wird - wie werden ihre Familien reagieren, von denen sie verstoßen worden sind?
Das Buch erzählt die Judenverfolgungen während des zweiten Weltkriegs aus einer - mir bislang - unbekannten Perspektive. Im Zentrum steht die junge Frau Selva, die mit Löwenkräften versucht, so viele Menschen wie möglich in Sicherheit zu bringen. Doch wie soll sie das als Einzelperson schaffen ohne ihren jüdischen Mann oder ihren Sohn in Gefahr zu bringen?
Der Roman ist sehr gut geschrieben und ist flüssig lesbar. Die bislang unbekannte Autorin zieht den Leser in einen Bann - eine wunderbare Geschichte über Nächstenliebe, Hilfsbereitschaft und vor allem Menschlichkeit. Sie greift damit auch Themen auf, die nach wie vor sehr aktuell sind. Trotz allem ist das Buch ein Roman, der nicht darauf abzielt mit dem Zeigefinger auf den Leser zu zeigen.
Ayşe Kulin
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
Alle Bücher von Ayşe Kulin
Der letzte Zug nach Istanbul
Der schmale Pfad
Last Train to Istanbul: A Novel
Neue Rezensionen zu Ayşe Kulin
Nevra Tuna, türkische Journalistin, ist auf dem Weg ins Gefängnis, um sich mit der inhaftierten Kurdin Zeliha Bora zu einem Interview treffen. Nevra erhofft sich dank dieser Reportage eine Wende in ihrem beruflich und privat gebeutelten Leben. Nachdem sich die beiden Frauen zu Beginn des Interviews über den kurdisch-türkischen Konflikt in die Haare geraten, droht das Gespräch fast zu scheitern. Doch dann gibt sich Nevra als eine sehr gute Freundin aus der Kindheit zu erkennen und das Gespräch nimmt einen neuen Lauf - die Kindheit, das Leben der beiden Frauen im Erwachsenenalter, ein wenig türkische Geschichte und schließlich wieder der türkisch-kurdische Konflikt, der den eigentlichen Schwerpunkt des Buches bildet.
In der Türkei gab es wohl (sowohl von türkischer als auch kurdischer) Seite einige Diskussion über das Buch, auch wenn Ayse Kulin versucht mit Nevra eine objektive Betrachterin einzuführen, um sowohl türkische als auch kurdische Fehler aufzudecken. Im mittleren Teil geht die Autorin auch ein wenig auf geschichtliche Hintergründe ein, allerdings habe ich hier durchaus nicht alles nachvollziehen können - aber dennoch einige Anregungen mitgenommen. Abgesehen von diesen wenigen Stellen ist das Buch aber sehr klar geschrieben und lässt sich flüssig lesen.
Mir hat es alles in allem sehr gut gefallen, da man einen Überblick über Ursachen und Probleme des türkisch-kurdischen Konflikt bekommt - von kurdischer und türkischer Seite.
Im Anhang des Buches befindet sich ein Nachwort von Jens Peter Laut.
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