Triggerwarnung: Der Roman thematisiert Krebskrankheit und Gewalt an Frauen und am eigenen Körper.
Ein spanisches Dorf, Gegenwart: Tomas, ein vermögender und hart schuftender Großbauer trifft in einer Bar auf die aus der französischen Schweiz stammende geistig-kindliche Suiza. Unter dem Eindruck seiner kürzlich ärztlich festgestellten Krebserkrankung nimmt Tomas die junge Frau mit sich. Sie ergibt sich ihm und sie erleben zusammen sexuelle Begierde und Hingabe.
Der Roman liest sich für mich wie eine Parodie auf das Genre Dark Romance. Mehrfach wird der Reichtum Tomas, seine Begierde und Lust auf die ihn körperlich sehr anziehende Suiza, erwähnt. Sie bekommt von ihm jeden materiellen Wunsch erfüllt. Dafür ist sie sein Eigentum und äußert auch den Wunsch es zu sein. Sie ist ihm bedingungslos ausgeliefert und glücklich in ihrer Situation. Sie wird als williges Opfer, er als egozentrischer Macho, stilisiert.
Der Roman hat durchaus Momente, die seine Leser*innen fassungslos werden lassen. Dennoch wollte ich weiterlesen bis zum tragischen Finale. Ein Schlusswort der Autorin zu ihrem Romandebüt wäre der Diskussion wahrscheinlich abträglich gewesen, es hätte mich dennoch brennend interessiert. Meine negative Kritik richtet sich weniger an den Roman und die Autorin als vielmehr an den Verlag. Mir fehlt eine Triggerwarnung - weniger für die Gewaltszenen als vielmehr für die Thematisierung der Krebserkrankung des Protagonisten. Weder die Inhaltsangabe auf der Buchrückseite noch der Klappentext lassen darauf schließen. Ich war demotiviert als ich im Roman davon las und hätte dem Roman wegen der fehlenden Warnung fast eine 1*-Bewertung gegeben. Der Verlag lässt den Lesenden in Unwissenheit das Buch kaufen - immerhin 22,00€.
Aufgrund den diskussionsanregenden Momenten und meiner Vorliebe für tragische Buchenden vergebe ich noch drei Sterne. HINGABE ist ein Roman der sich gut für Leserunden eignet, ein Roman, den man in seinem Inhalt nicht zu ernst nehmen sollte, den man besprechen muss, um die Fragen zu klären, die er aufruft. Stilisierte Sexualität in Romanen - Hat sich das Massenphänomen in der heutigen Buchindustrie am Mainstream überfressen?
HINGABE| Bénédicte Belpois| übersetzt aus dem Französischen von Eva Scharenberg| S. Fischer Verlag| 271 Seiten| 2021