Cover des Buches Zeit der Helden (ISBN: 9783896783899)
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Rezension zu Zeit der Helden von Badisches Landesmuseum Karlsruhe

Rezension zu "Zeit der Helden" von Badisches Landesmuseum Karlsruhe

von wolfschwerdt vor 14 Jahren

Rezension

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wolfschwerdtvor 14 Jahren
Mit dem gleichnamigen Begleitband zur Ausstellung „Zeit der Helden“ stellt das Badische Landesmuseum Karlsruhe einmal mehr eine historische Epoche vor, die in der Öffentlichkeit bislang kaum beachtet worden ist: die sogenannten dunklen Jahrhunderte Griechenlands von 1200 bis 700 vor unserer Zeitrechnung. Dass die Zeit zwischen dem plötzlichen Zusammenbruch der mykenischen Kultur um 1200 und dem Entstehen der ältesten Literatur Europas um etwa 800 vor unserer Zeit alles andere als kulturlos und finster war, vermittelt auch das prächtig aufgemachte Begleitbuch zur Ausstellung „Zeit der Helden“ mit dem gleichnamigen Titel. Auf 400 Seiten präsentieren die Autoren ein Werk, das sich schon allein deshalb zu lesen lohnt, weil es wohl die erste umfassende und zusammenhängende Darstellung des aktuellen Standes der archäologischen und historischen Forschungen über das sogenannte dunkle Zeitalter Griechenlands sein dürfte. Die Zeit der Helden ist die Zeit, die sich in der homerischen Dichtung der Ilias und der Odyssee wiederspiegelt, eine auf etwa das 8.Jahrhundert vor unserer Zeit datierte schriftliche Fixierung von über Jahrhunderte tradierten mündlichen Überlieferungen. Als dunkel galt diese Zeit bislang vor allem, weil sie schriftlos war. Die Verwaltungsschrift der mykenischen Machtzentren, die Linear B- Schrift, war mit diesen um 1200 untergegangen und das griechische Alphabet tauchte erst Ende des 8. Jahrhunderts auf. Mit dem Zeitalter der mykenischen Palastkultur und dem Untergang der Paläste, dessen mögliche Ursachen ausführlich diskutiert werden, beginnt das Buch „Die Zeit der Helden“. Es sind aber nicht die Herrscher der strahlenden mykenischen Burgen, die als Helden die Hauptrolle in dem Buch spielen, sondern die Kleinkönige, die sogenannten basileis des dunklen Zeitalters. Diese, so die plausible aber in der Wissenschaft durchaus kontrovers diskutierte Schlussfolgerung der Autoren, sind es vor allem, die in der Ilias und Odyssee als Kriegerfürsten dargestellt werden. Natürlich setzen sich die Autoren in einem separaten Kapitel sehr intensiv mit den verschiedenen Aspekten der homerischen Dichtung auseinander, die immer wieder in verschiedenen Zusammenhängen als schriftliches Zeugnis der dunklen Jahrhunderte herangezogen wird. Und auch über den Begriff des Helden finden in dem Buch hochinteressante kulturgeschichtliche Betrachtungen bis in unsere heutige Zeit statt. Trotzdem ist der Kern der Ausführungen das dunkle Zeitalter der Griechen, dessen archäologische Zeugnisse den Leser immer wieder überraschen. Das dunkle Zeitalter war zunächst einmal eine Zeit der gesellschaftlichen Um- und Neustrukturierung, an deren Ende die griechische Polis, der Stadtstaat, der Inbegriff der klassischen Antike, die uns noch heute so beeindruckt, steht. In das dunkle Zeitalter mit seinen Helden fällt aber auch der Beginn der griechischen Eisenzeit. Und nicht zuletzt bleib auch der „internationale“ Austausch entgegen früherer Annahmen weitgehend erhalten. Eine wesentliche Rolle dabei spielten die Inseln Kreta und vor allem Zypern, auf denen sogar gewisse Elemente der mykenischen Kultur ihre fast ungebrochene Fortsetzung fanden. In ihrer damaligen Welt waren die Griechen mit dem Untergang der mykenischen Palastherrschaft durchaus nicht in die Dunkelheit abgetaucht. Da gab es enge Beziehungen in der ganzen Ägäischen Welt, angefangen vom griechischen Festland über die Kupferinsel Zypern bis hin zu den Phöniziern. Und sowohl neue archäologische Entdeckungen als auch die Neuinterpretationen längst bekannter Artefakte lassen ein immer klareres Bild des nur scheinbar dunklen Zeitalters entstehen. Mehr als 1,7 Kilogramm geballten, spannend und informativ aufgearbeiteten Wissens um die Zeit der Helden des dunklen Zeitalters in Griechenland liegen mit dem Ausstellungsband auf dem Tisch des Lesers. Und wie es sich für einen Ausstellungskatalog gehört, sind natürlich unter den etwa 650 Illustrationen auch die Fotos der rund 350 hochrangigen Exponate zu finden. Glücklicherweise nicht im Anhang, sondern den einzelnen inhaltlichen Schwerpunkten sinnvoll zugeordnet. Im Falle dieses Buches fällt dem Rezensenten eine Bewertung nicht schwer. Wer sich für das Thema interessiert, muss die Zeit der Helden unbedingt haben. Denn es ist nicht nur gut und informativ gemacht, es ist schlichtweg auch das einzige umfassende populärwissenschaftliche Buch zu diesem Thema, das derzeit auf dem Markt zu finden ist.
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