Sarajevo im Belagerungszustand. Maja, 18, dicke Brille auf abstehenden Ohren, schreibt im Keller eines Museums. Dort, in ihrem Asyl, steht ihr Bett, ein Elektrokocher, acht Menschen teilen sich Dosen und Dialoge. Draußen tobt der Krieg – drinnen wird Sprache zur Waffe, zum Schutzschild, zur Suche nach Sinn.
Maja erzählt. Fragmentarisch, wütend, ironisch und witzig.
Zwischen Latinismen, Kindlichkeit und Kriegserfahrung entsteht ein Text, der mehr andeutet als ausspricht. Kein Roman im klassischen Sinne – eher ein literarisches Überlebensprotokoll.
🔸 Gebäude ohne Fenster wie Menschen ohne Augen
🔸 Glaube als angeblich einziger Unterschied zwischen den Kämpfenden
🔸 Ein Koffer, der durch das Buch wandert wie ein dunkles Fragezeichen und
Hoffnung birgt
Was an Anne Frank erinnert, ist hier anders: distanzierter, kühler, mit erstaunlich viel Humor.
Die große Nähe, die man bei dieser Thematik vielleicht erwartet, stellt sich nicht ein. Nachtgäste bleibt seltsam kühl, ein Dokument, das sich selbst schützt – wie die tägliche Nachrichtensendung, die uns informiert, aber selten berührt.
Einige Sätze schneiden tief. Andere zerfließen zwischen den Fingern. Manchmal verliert man sich in der Form, manchmal wird man gerade dadurch getroffen. Die Schuld des Vergessens – sie wird evoziert, ja. Und doch: Man bleibt Beobachter.
Was bleibt, ist ein ambivalentes Leseerlebnis. Kein Roman zum Hineinfallen, sondern einer zum Innehalten. Zum Zweifeln. Vielleicht auch zum Wiederlesen mit großartigen Sätzen.
👉 Ein Kriegstagebuch, das Fragen stellt – keine Antworten gibt.