Cover des Buches Das Gift der Schlange (ISBN: 9783738641172)
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Rezension zu Das Gift der Schlange von Barbara Drucker

Intrigen und gefährliche Liebschaften

von Florian_Clever vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Unterhaltsames Mantel-und-Degen-Abenteuer

Rezension

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Florian_Clevervor 8 Jahren

Mit „Das Gift der Schlange“ entführt Barbara Drucker den Leser in ein fiktives deutsches Fürstentum im 18. Jahrhundert. Aufklärerische Ideen fechten die Macht der Kirche an. Hinter den Kulissen ziehen Geheimbünde die Fäden. Genau das hat auch Riccardo Visconti Marchese della Motta vor, ein adliger Dandy und Spion. Zusammen mit seinem treuen Knecht Giacomo mischt er die örtliche Adelsszene auf. Da wird geflirtet, paktiert und intrigiert was das Zeug hält – handfeste Auseinandersetzungen inklusive. Zwar arbeitet della Motta undercover, doch sein italienisches Temperament taugt nun mal nicht fürs Leisetreten.

Die Handlung entwickelt sich flüssig, die Szenen sitzen. Sprachlich ist der Roman sauber. Die Autorin beleuchtet keine konkreten zeitgeschichtlichen Ereignisse, sondern nutzt die Epoche gekonnt als Kulisse für ihre Story. Aristokratische wie bürgerliche Begegnungen erwachen insbesondere in der ersten Hälfte inspiriert und pointiert zum Leben. Es riecht nach Parfüm, Puder und Verschwörung. Der Text eilt unter meinen Augen dahin.

Marginale Stirnrunzler: Die einzelnen Teile des opulenten vollen Namens des Protagonisten werden wechselnd synonym gebraucht. Das erschwert zu Beginn etwas das Verständnis. ‚Anthrazit’ als Haarfarbe lässt mich stolpern.

Stilistisch entbehrlich ist für mich der gelegentliche Wechsel aus dem Imperativ ins Präsenz, zumeist bei Actionsequenzen. Das soll den Leser packen, ihm den Atem rauben. Mich haben diese Zeitbrüche eher aus dem Lesefluss geworfen denn hineingesogen. Und: Die Ausleitungen der wörtlichen Rede leiden zuweilen unter dem Anspruch knackiger Szenenbeschreibung („Na endlich!“, sprang Anna auf um die Tür aufzuschließen). Geschmackssache.

Bis zur Mitte des Romans genieße ich die Vorstellung sehr. In der zweiten Hälfte hadere ich ein wenig mit der Dramaturgie. Für mein Empfinden wird hier zu schnell zu viel verraten. Das herrliche Verwirrspiel, die ahnungsvolle Ungewissheit, die mich zu Beginn so fesselt, hätte gerne noch bis zum letzten Viertel währen können. Aber sowie die Fronten sich verschieben, werden sie auch klarer – was ich schade finde, hatte doch gerade die Doppelbödigkeit, die Vielfalt der Möglichkeiten, den hohen Reiz des Plots für mich ausgemacht.

Hinzu kommt die Häufung von Actionszenen, die solide geschrieben sind, für mich aber hinter den grandiosen Einblicken rund um intrigante höfische Machenschaften zurückstehen, die in der ersten Hälfte so begeistert haben. Sex- und Gewaltschilderungen rutschen gelegentlich ins Voyeuristische ab. Auch das sicherlich wieder Geschmackssache.

Fazit: „Das Gift der Schlange“ bietet über weite Strecken gute Unterhaltung auf hohem schriftstellerischen Niveau. Ich habe schon länger nicht mehr ein so flottes Spiel mit dem Kampf der (Adels-)Geschlechter erlebt. Wer eine quirlige Geschichte aus der Zeit perücketragender Männer und eingeschnürter Frauen lesen möchte, dem sei der Roman guten Gewissens empfohlen.

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