Richard Bach, selbst leidenschaftlicher Schauflieger und Fluglehrer, hat eine wunderschöne Parabel über Selbstverwirklichung zu Papier gebracht.
Anders als für ihre Artgenossen ist Fliegen für die Möwe Jonathan kein reines Mittel zum Zweck – mit Feuereifer übt sie immer neue Kunststücke, immer schnellere Sturzflüge, immer mühelosere Tiefflüge. Dafür wird sie vom Ältestenrat des Schwarmes verstoßen und muss fortan alleine draußen auf den Klippen leben, wo sie jedoch unermüdlich weiter ihrer Leidenschaft frönt.
Eines Tages wird sie von zwei strahlend weißen Möwen "heimgeholt" – nicht ins Himmelsparadies, wie ursprünglich gedacht, sondern auf eine neue Bewusstseinsebene. Hier soll sie weiter lernen, dass den eigenen Wünschen und Zielen keine Grenzen gesetzt sind, wenn man sie nur stetig verfolgt.
In jedem Satz spürt man, wie tief Bachs Liebe zur Fliegerei reicht, wie sehr er hofft, sie auch anderen nahebringen zu können, um ihnen ein ähnliches Glücksgefühl zu vermitteln. Insofern ist "Die Möwe Jonathan" eine sehr authentische Geschichte, die trotz ihrer Kürze viel in einem auslöst.
Besonders berührend finde ich, dass sie neben der bloßen Selbstverwirklichung auch das liebevolle Lehren der anderen thematisiert, die Weitergabe des aus der Leidenschaft heraus erworbenen Wissens.
Richard Bach war seiner Zeit sicherlich voraus, als er 1970 "Die Möwe Jonathan" schrieb. Heute gibt es zahlreiche ähnliche Bücher und Filme: Die Suche nach der Erfüllung, nach dem Sinn des Lebens hat sich zu einem Mega-Trend entwickelt. Umso interessanter wird es, diese "Urmutter" des Genres, diesen Klassiker zu lesen.
Fazit: Kleines Büchlein ganz groß, mit schönen Aufnahmen von Möwen im Flug als Bonus.
Barbara Traber
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
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Neue Rezensionen zu Barbara Traber
Die junge Möwe Jonathan ist so ganz anders als seine Artgenossen. Jonathan liebt das Fliegen und die Freiheit weit draussen auf dem Meer. Jonathan ist ein Perfektionist, er gibt sich nie zufrieden mit dem was er kann und er sieht den Sinn des Lebens schon mal gar nicht darin, sich mit seinen Artgenossen um irgendwelche Überreste von Fischen zu streiten. Doch dieses Anderssein führt schließlich dazu, dass Jonathan aus seiner Gemeinschaft verbannt wird. Jonathans Charakter ist dem des kleinen Prinzen nicht ganz unähnlich. Er hat seine eigene Weltanschauung, ist bescheiden und schließlich, am Ende der Geschichte, in sich ruhend.
Dieses Büchlein vermittelt dem Leser sehr philosophisch, seinem Herzen zu folgen, sich nicht der Masse anzupassen sondern seinen Träumen hinterher zu jagen, sich selbst zu verwirklichen und dabei niemals aufzugeben. Ich denke entweder man liebt diese Geschichte oder man wird gar nichts damit anfangen können.
Mich persönlich hat sie sehr berührt, zudem ist das Büchlein unheimlich schön aufgemacht, mit sehr schönen schwarz-weiß Fotografien.
Ein sehr sehr schönes Büchlein mit einer nachdenklich stimmenden und berührenden Geschichte. Mit Sicherheit gut als Geschenk geeignet.
Wie man es vom Gmeiner Verlag gewohnt ist, ziert wieder ein zum Thema passendes Bild das Cover. Eine Frau hat es sich auf einem großen Stein bequem gemacht und beobachtet einen im Schnee laufenden Mann, der ihr den Rücken zukehrt. Die Szene scheint sich auf einem Berg abzuspielen. Der Titel des Buches erscheint mir für den Inhalt jedoch etwas zu reißerisch. Erwarten würde ich eher einen spannenden Krimi, wenn ich nicht vorher gewusst hätte, dass es sich hier um eine Erzählung über eine ungleiche Liebe handelt.
Der Abstand zwischen den beiden Menschen auf dem Cover wird sich - im übertragenen Sinne - auch im ganzen Fortlauf der Geschichte nicht verringern. Näher kommen sich die beiden Protagonisten nicht, weil jeder von ihnen eine andere Vorstellung von Liebe in einer Beziehung hat. Die Rollenverteilung wird bereits im Prolog und im ersten Kapitel sehr schnell deutlich. Eva nimmt an einem warmen Junimorgen den Zug nach Basel, um sich dort mit dem Geologen Alex zu treffen, der mit dem Auto aus Frankfurt kommt. Die beiden kennen sich noch nicht ganz so lange, haben sich erst zweimal getroffen und nun ein halbes Jahr nicht gesehen. Bereits jetzt geht Eva schon ein großes Wagnis ein, indem sie Alex versprochen hat, den Sommer mit ihm in seiner „eigentlichen“ Heimat Südtirol zu verbringen. Doch sie schiebt alle Bedenken zur Seite, denn Eva ist bereits Hals über Kopf in diesen wilden Naturburschen verliebt und davon überzeugt, für immer und ewig mit ihm zusammenzubleiben.
Als die beiden sich im Lokal treffen, kommen Eva einen kurzen Augenblick lang Zweifel. Sie ist unsicher, ob sie weglaufen oder dableiben soll, denn Alex redet unaufhörlich von seiner Arbeit in Saudi-Arabien, man kann ihm anmerken, dass auch er unsicher ist. Aus welchem Grund er jedoch nicht zärtlich ihre Hand nimmt, sondern ihr steif gegenübersitzt, kann Eva nicht nachvollziehen und ihr ist die Enttäuschung deutlich anzusehen. Dennoch setzt Eva alles auf eine Karte …
Im Juli benötigt Alex Evas Hilfe beim Transport seines Zweitwagens mit arabischem Kennzeichen von Karlsruhe nach München. Ihr Einverständnis setzt er bereits voraus, da sie ja einen Führerschein habe und dies sicher kein Problem für sie sei. Eva fühlt sich überrumpelt und auch überfordert. Sie gesteht ihm, dass sie Angst vor dem Autofahren hat und auch schon seit Jahren nicht mehr gefahren ist. Aber Alex tut dies als lächerlich ab und letzten Endes stimmt Eva mit Unbehagen zu, da sie ihn nicht enttäuschen möchte. Nicht nur, dass Alex über Evas Bedenken einfach so hinweggeht und sie diese Strecke fahren lässt, obwohl sie sich vor lauter Angst schon seit Jahren nicht hinters Steuer gesetzt hat – das Auto verliert auch noch Öl. Der Mechaniker äußert seine Bedenken, weil seiner Meinung nach etwas mit dem Motor nicht stimme. Alex‘ Verhalten ist einfach nur unverantwortlich.
Das Martyrium, welches Eva in den paar Stunden auf der Autobahn durchlebt, beschreibt die Autorin sehr authentisch. Ich habe mich gut in Evas Lage versetzen können. Alleine schon die Angst vor dem Fahren und dann setzt noch Regen ein und sie verliert Alex’ Auto vor ihr immer wieder aus den Augen. Die Angst ist in dem Moment greifbar. Bereits hier wird schon deutlich, dass Eva sich aus Liebe zu Alex viel zu viel zumutet. Sie gefährdet ihre Gesundheit, um ihm zu gefallen. Ein Fehler, der Eva noch Jahrzehnte später begleiten wird, in Form von Albträumen.
Der nächste Hammer, den Alex ihr eröffnet, ist, dass nach dem gemeinsamen Sommer alles vorbei ist, da er wieder für ein Jahr nach Saudi-Arabien zurück muss. Eva bietet ihm an, ihn zu begleiten, Alex winkt jedoch ab. Das Klima wäre nichts für Frauen und Wasser gäbe es auch nicht genug – nicht zumutbar …
Damit ist für ihn das Thema auch erst einmal erledigt. Dass er keine Widerworte duldet, unterstreicht er durch eisernes Schweigen, welches mir noch an einigen anderen Stellen im Buch aufgefallen ist. Eva ist so sehr vor den Kopf gestoßen, dass ihr schwarz vor Augen wird. Alles, woran sie denken kann, ist, wie sie Alex davon abbringen kann, sie im Sommer loszuwerden.
Wie egoistisch Alex sein kann, offenbart sich in der Szene, als die beiden einen Freund von Alex in München besuchen. Dieser ist mittlerweile verheiratet und hat ein kleines Kind. Die beiden Freunde unterhalten sich über ihr gemeinsames Hobby, das Bergsteigen, und schwärmen von alten Zeiten und den waghalsigen Abenteuern. Als Alex ihn fragt, ob er mit seiner Frau in diesem Jahr auch nach Völs komme, verneint dieser. Seine Frau fahre lieber ans Meer. Die Erklärung, er wolle seine Frau nicht so lange alleine lassen und er wäre älter und vorsichtiger geworden, lässt Alex nicht gelten. Enttäuscht und fassungslos fragt er: „Du hast das Klettern aufgegeben? Wie kannst Du nur!“
Alex zeigt sehr deutlich, dass ihm sein Hobby wichtiger ist als eine Familie. Spätestens dann hätte Eva schon merken müssen, dass sie immer nur an zweiter Stelle stehen wird. Doch auch hier sind die Gefühle wieder stärker und sie steckt zurück – immer und immer wieder. Dies geht tatsächlich so weit, dass Eva, obwohl sie es eigentlich nicht möchte, zusammen mit Alex gefährliche Touren klettert und mehr als einmal ihr Leben riskiert. Nach einem Ereignis jedoch fasst Eva einen Entschluss …
Die Geschichte wird aus der auktorialen Perspektive erzählt. Eva ist mittlerweile schon etwas älter und blickt auf die Vergangenheit zurück. Während die Rückblenden – also die eigentliche Geschichte – in normaler Schrift geschrieben sind, sind die Passagen in der Gegenwart in kursiver Schrift gedruckt.
Der Roman erfüllt nur bedingt meine Erwartungen. Ich habe ehrlich gesagt mit etwas mehr Spannung gerechnet. Was Evas totale Erniedrigung angeht, ist es für einen Menschen, der niemals in so einer Situation war, schwer nachzuvollziehen. Irgendwann einmal sollte man die rosarote Brille absetzen und sehen, dass man selber nicht auf der Strecke bleibt und nur für die Bedürfnisse des Partners lebt.
Ich möchte nicht sagen, dass „Tödliche Seilschaft“ langweilig ist. Aber so recht ist der Funke nicht übergesprungen. Ich habe mich mit Eva nicht arrangieren können. Mir fehlte vielleicht auch einfach nur das Verständnis für ihr Handeln, die totale Selbstaufgabe. Einzig in die Szene von Evas Autofahrt habe ich mich hineinversetzen könnten. Man kann, aber muss das Buch nicht gelesen haben, weswegen es von mir auch keine explizite Empfehlung gibt. Ich schwanke zwischen zwei und drei Sternen, vergebe aber aufgrund des schon sehr komplexen Themas drei Sterne.
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