Cover des Buches Seelenfeuer (ISBN: 9783596283675)
Rezension zu Seelenfeuer von Barbara Wood

Von der Kraft, aus dem Inneren heraus zu heilen

von Ein LovelyBooks-Nutzer vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Interessanter Plot mit einigen Schwachstellen. Neben offenen Fragen teilweise zu offensichtlich und zu große Zeitsprünge für mein Empfinden.

Rezension

Ein LovelyBooks-Nutzervor 7 Jahren
Der Vater bei ihrer Geburt ermordet, die Mutter mit Zwillingsbruder verschleppt, wächst Selene bei Mera, einer alten Heilerin auf, die ihr alles beibringt was sie weiß. Da verliebt sich Selene in den Arzt Andreas und bringt damit die Pläne ihrer Ziehmutter durcheinander. Als Mera Selene zwingt, mit ihr zu fliehen, kann sie nur eine kleine Nachricht hinterlassen. Doch in Selene flammt noch etwas anderes: der Wunsch, das ganze Wissen über die Heilung in sich zu vereinen und damit anderen Menschen zu helfen.


Schon immer wollte ich bewusst ein Buch von Barbara Woods lesen - da ergab es sich gar prächtig, dass die Schwester meines Freundes in ihrem alten Bücherregal eine Ausgabe von Seelenfeuer stehen hatte, die ich zur Hand nehmen konnte, auch wenn ich am Anfang nicht ganz wusste, was der Titel mit dem Thema der Heilerin zu tun hatte. Zum Glück ergibt sich das aus dem Inhalt relativ schnell.

Das Buch ist in unterschiedliche große Abschnitte aufgeteilt, die sich nach den Orten richten, in welchen Selene sich befand. Dabei ist die Unterteilung nicht nur nach den Orten, sondern auch nach ihren Namen nachvollziehbar, was wahrscheinlich in erster Linie daran liegt, dass sie an jedem Ort, den sich betrat, einen neuen Namen zugeteilt bekam. An sich empfand ich diese Abgrenzung treffend gewählt, weil jeder Ort seine Berechtigung fand und seine eigene Geschichte erzählen konnte. Dennoch hatte ich ein ganz großes Problem damit: zwischen jedem Ort klaffte eine große zeitliche Lücke, sprich: von hier nach da konnten schon mehrere Jahre vergangen sein. Ja, es ist vielleicht nicht zwangsläufig notwendig, überall alles mitzubekommen - gibt ja auch triviale Zeiten - aber es hat mich doch irgendwie gestört, weil sowas bei mir gerne den Eindruck hinterlässt, als wäre es nicht ganz vollständig. Es passieren Dinge, die vielleicht aufgrund von "Selbstverständlichkeit" heraus gelassen werden, die mich aber vielleicht hätten interessieren können. So werden "nur" die Besonderheiten ihres Lebens aufgezeigt, als ob das Leben nur aus Besonderheiten bestehen würden. Das finde ich irgendwie schade. Wie gesagt, mir hat irgendwie etwas gefehlt.

Ansonsten war die Geschichte inhaltlich soweit schön durchdacht. Es gab einige Sequenzen, die durchweg interessant gestaltet waren, die ich so auch nicht erwartet habe. Auf der anderen Seite war allerdings auch vieles relativ vorhersehbar. Die Zusammenhänge konnten zu leicht durchschaut werden. Zum Beispiel das Missverständnis zwischen Andreas und Selene, das zwar am Ende aufgelöst wurde, damit die beiden wieder zusammenfinden konnten, das allerdings zu Komplikationen führte. Für den Leser war es von Anfang an klar, dass das passieren würde - auch wenn der Versuch unternommen wurde, die Situation Selenes möglichst ausführlich darzulegen, damit man sich in sie einfühlen kann. Das wäre tatsächlich etwas besser gelungen, wenn nicht von vornherein klar gewesen wäre, dass es "nur" ein Missverständnis ist.

Was ich persönlich schön fand, war, dass das Buch aus der Sicht von Selene verfasst wurde. Wir erfahren sehr viel von ihr, ihrem Leben, ihren Ängsten und ihrem Leid, auch wenn es kein "Ich"-Erzähler ist. Wir sind praktisch immer an ihrer Seite. Ein bisschen schwierig fand ich allerdings, dass hier die Autorin etwas uneinheitlich gearbeitet hat. Statt bei Selene zu bleiben, die ja praktisch die Hauptprotagonistin des Buches war, wird ab und zu auf anderen Personen übergegriffen, sei es Paulina, Ulrika oder Andreas. Das sind meist nur kleine Abschnitte, die zwar durchaus interessant und für die Geschichte relevant sind, allerdings wirken sie durch die Tatsache, dass eigentlich die ganze Zeit von Selene ausgehend geschrieben wird, etwas fehl am Platz. Dazu kommt, dass bei mir einige Fragen zurückgeblieben sind - ganz besonders, ob Ulrika wohl ihren Vater gefunden hat oder wie es ihr allgemein ergangen ist. Ja, es ist nicht Teil der eigentlichen Geschichte und wieder etwas für sich - auf der anderen Seite ist es doch etwas, dass mich interessiert hätte und das mir fehlt.

Jetzt aber genug gelästert - das Buch hatte immerhin auch schöne Seiten. So war das Motiv des Seelenfeuers für mich toll gewählt. Diese Heilung aus dem Inneren heraus - nicht nur für andere, sondern auch sich selbst. Der innere Friede, der von der Flamme ausgeht. Das hat mir sehr gefallen. Auch fand ich es spannend, wie sie so mit ihrem Bruder verknüpft wurde. Das Seelenfeuer ist das Zeichen der beiden Zwillinge, verbindet sie miteinander und grenzt sie doch von den anderen ab. Auch, dass die beiden Flammen ihre eigenen Eigenschaften haben, fand ich schön, weil die beiden Geschwister so in ihrer Gemeinsamkeit doch eine gewisse Eigenständigkeit erhalten. Beide sind für sich genommen besonders, auch wenn sie etwas eint.

Auch das Motiv der Reise, das zuerst bei Selene und dann bei Ulrika angewendet wird, fand ich spannend. Dabei meine ich weniger die Reise in Form der Mobilität, wobei diese immer ein Teil davon ist, sondern vielmehr die Reise als Suche nach dem eigenen Schicksal und der Suche nach der eigenen Person. Die Reise als Weg zur eigenen Bestimmung. Dass zunächst Selene davon betroffen war und dann in die gleiche Situation "gedrängt" wird, die auch schon Mera belastete, nämlich: die Tochter auf die Suche nach ihren eigenen Wurzeln machen zu lassen, ist nicht nur ein verbindendes Element, das generationsübergreifend wirkt, sondern auch ein roter Faden, der sich letztlich durch alles hindurchzieht.

Ebenfalls schön fand ich die Charaktere im Allgemeinen, auch wenn ich es manchmal schwierig fand, wie willkürlich zufällig manche Dinge passiert sind. Nehmen wir zum Beispiel Paulina: sie entscheidet, dass sie die beiden aus dem Haus haben möchte und noch am gleichen Tag rettet Selene einem ihrer besten Bekannten das Leben, woraufhin sie ihre Absicht vergisst, mit Selene über ihre Probleme spricht und sie Freundinnen werden. Solche Situationen finde ich immer zu einfach. Man kann es Schicksal nennen - ich denke trotzdem, dass nicht in jeder schwierigen Lage ein kleines Wunder geschieht, damit alles am Ende doch irgendwie gut ausgeht. Schwierig. Dennoch sind mir die Personen ans Herz gewachsen. Nur der Tod von Rani ging mir ein kleines bisschen zu schnell.


Insgesamt sind es also viele Kleinigkeiten, die das Buch besonders machen, aber auch viele Kleinigkeiten, die das Buch für mich sehr schwierig machten. Ich konnte mich einfach nicht richtig einfinden, war nicht wirklich überzeugt von dem, was mir vorgelegt wurde. So ist Seelenfeuer ein interessant gemachtes Buch mit vielen kleinen Schwachstellen, aber einer spannenden Botschaft, denn ich glaube, dass in jedem Menschen ein solches inneres Feuer steckt, mit dem anderen Menschen (vielleicht nicht physisch, aber psychisch) geholfen werden kann und das uns selbst das Leben erhellen kann.
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