Cover des Buches Deutschlands Chance (ISBN: 9783944305158)
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Rezension zu Deutschlands Chance von Barbara von Meibom

Vision für Deutschland

von J-Hagen vor 10 Jahren

Rezension

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J-Hagenvor 10 Jahren

Vor zwei Tagen hatte ich die Gelegenheit in München bei einer Lesung dabei zu sein, die mich tief bewegt hat. Vorgestellt wurde das Buch “Deutschlands Chance – mit dem Schatten versöhnen” von Prof. Dr. Barbara von Meibom. Es dreht sich um die Frage, wie das historische Trauma des Nationalsozialismus heute noch in uns wirkt. Darum, welche Folgen es für jeden Einzelnen hat, dass wir uns als Volk zwar intellektuell auf vielfältige Weise mit der Thematik auseinandergesetzt haben, nicht jedoch mit unseren Herzen und Emotionen.

In vielen Familien wurde nie über die emotionalen Folgen des Krieges gesprochen. Großväter schwiegen, Väter zogen sich zurück, Frauen versuchten zu vergessen. Doch wie wir aus der Psychologie wissen, wirken die verdrängten Gefühle im menschlichen Unterbewusstsein weiter. Und von dort heraus bestimmen sie maßgeblich das Handeln. Und sie werden ungefilter und unerlöst an nachfolgende Generationen epigenetisch weitervererbt.

“In Deutschland spürt man wenig Wärme” sagt die Autorin. Und weiter: “Die Menschen fahren ins Ausland, um dort Wärme zu tanken. Nicht nur die Wärme, die von der Sonne ausgeht, nein – menschliche Wärme.”
Ich schaue mich um und sehe, wie rings um mich herum im Saal Köpfe zustimmend nicken. Jeder weiß, was Barbara von Meibom damit meint. Jeder weiß, dass wir Deutschen uns vorwiegend auf die rationale, die wissenschaftliche, die wirtschaftliche Seite unseres kollektiven Wesens zurückgezogen haben. Darin sind wir brilliant, weltweit angesehen, führend und geachtet.

Doch was ist mit unseren Herzen? Wie steht es um die Themen Macht und Verantwortung? Schauen Sie sich um und beantworten Sie ganz ehrlich die Fragen:

Kann ein fühlendes Volk, kann ein mit dem Herzen sehender Mensch Entscheidungen zulassen oder treffen, die die Zerstörung der Umwelt nach sich ziehen? Deutschland tut es tagtäglich.

Kann ein fühlendes Volk zulassen, dass Millionen Tiere in Massentierhaltung unter unwürdigsten Bedingungen dahin vegetieren? In Deutschland gang und gäbe.

Kann ein fühlender Mensch respektlos, rücksichtslos und empathiefrei mit seinen Mitmenschen umgehen? Nein kann er nicht.

Und trotzdem geschieht es tagtäglich im Großen sowie im Kleinen. Meine Heimfahrt gestern auf der A9 von München nach Berlin war ein Paradebeispiel dafür. Ich habe nach drei Stunden aufgehört zu zählen, wie oft sich mir auf regennasser Fahrbahn andere Fahrer mit Höchstgeschwindigkeit von hinten bis auf einen halben Meter genähert haben und damit nicht nur ihr eigenes sondern auch mein Leben und das der anderen gefährdet haben.

Kann es sein, dass wir – bedingt durch das emotionale Trauma des Krieges – einen wichtigen Teil unserer kollektiven Persönlichkeit abgespalten haben? Barbara von Meibom geht in ihrem Buch auf sehr ganzheitlichem Wege dieser Frage nach. Historisch, wissenschaftlich, psychologisch aber – und das macht dieses Buch besonders – auch unter spirituellen Gesichtspunkten.

Denn eins ist klar. Deutschland hat eine machtvolle Position. Nicht nur innerhalb der Europäischen Union sondern weltweit. Wer aber nicht zu seiner Macht und Verantwortung steht, wer sie verleugnet und klein hält, wird sie auf destruktive Weise ausdrücken. Auch das können wir in jeder Beziehung nachverfolgen, in der eine Person die eigene Größe unterdrückt und stattdessen lieber als “Opfer” zum Täter wird.

Was mich an dem Buch sehr anspricht, ist, dass es nicht in der Analyse und Feststellung steckenbleibt. Schon gar nicht in der Anklage. Im Gegenteil. Die Autorin zeigt einen Weg aus diesem Dilemma, eine Möglichkeit, wie wir uns mit dem Schatten versöhnen können und sie zeigt Menschen, die diesen Weg bereits gegangen sind. Barbara von Meibom beschreibt ihn als posttraumatische Reifung. Es geht um nichts Geringeres, als das, was geschehen ist, anzunehmen und zu integrieren. Darum, sich wieder mutig den Sinnfragen dieses Lebens zu öffnen und damit ein integrales, ganzheitliches Denken und Handeln anzustoßen. Ich kann dieses Buch jedem wärmstens ans Herz legen, der dieses Land liebt und eine Vision hat, die von einer Kultur der Verbundenheit geprägt ist und zwar auf allen Ebenen.

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