Cover des Buches Das Marillenmädchen (ISBN: 9783442757053)
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Rezension zu Das Marillenmädchen von Beate Teresa Hanika

Ein Baum der Erinnerungen

von buecherwurm1310 vor 7 Jahren

Rezension

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buecherwurm1310vor 7 Jahren

Der Marillenbaum im Garten bringt seit eh und je Beständigkeit in Elisabettas Leben. Seine Früchte – mal mehr, mal weniger – verarbeitet sie zu Marmelade, die in sorgsam etikettierten Gläsern im Keller aufgehoben werden. Seit ihre Schwester und ihre Eltern in den vierziger Jahren abgeholt und nach Dachau gebracht wurden, kocht sie ihre Marillenmarmelade und sie erinnert sich dabei an ihre Familie, an ihre Liebe Franz und an die Tochter Esther und die Enkelin Rahel.

Obwohl Elisabetta eine Russin als Untermieterin hat, lebt sie zurückgezogen und meidet Kontakte. Dann ist die Russin plötzlich nicht mehr da und stattdessen ist die Tänzerin Pola eingezogen.

Der Schreibstil ist ungewöhnlich und nicht einfach zu lesen, aber auch ein wenig poetisch. Am Anfang ist es nicht einfach, die Zusammenhänge zu erkennen. Dass es zwei Rahels gab, trägt mir zur Verwirrung bei. Die unterschiedlichen Zeitebenen erleben wir in Gedanken der Protagonistinnen. Elisabettas Gedanken flattern hin und her, so dass es etwas verschwommen anmutet, wirr wie die Gedanken einer einsamen alten Frau. Ihre Schwestern Rahel und Judith sind in ihren Gedanken sehr real. Rahel wirkt sehr erzieherisch, während Judith nachsichtig ist. So lernen wir so nach und nach Elisabettas Leben kennen, das einen sehr berührt. Aber auch wenn sie um ihre Lieben trauert, lässt sie Verbitterung und Hass doch nicht an sich herankommen.

Pola hat auch keine einfache Vergangenheit, aber sie hat eine Freundschaft erlebt, die tiefer nicht sein konnte. Sie schleicht sich in Elisabettas Leben und ist einfach da. Die beiden nähern sich zaghaft und dann erkennt man, dass ihre Geschichten zusammenhängen.

Es ist eine traurige Geschichte, aus der aber auch manchmal ein wenig trockener Humor hervorblitzt. So gibt es in dieser jüdischen Familie ein Schildkröte, die den Namen Hitler erhält. Aber es ist auch eine Geschichte, die Hoffnung gibt und Versöhnung zulässt. Nach anfänglichen Schwierigkeiten hat mich das Buch immer mehr gepackt.

Ein außergewöhnliches Buch, auf das man sich einlassen muss.

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