Cover des Buches Wo der Hund begraben liegt (ISBN: 9783897737389)
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Rezension zu Wo der Hund begraben liegt von Beate Vera

Böse Menschen, gute Freunde und ermordete Nachbarn

von Cappuccino-Mama vor 10 Jahren

Rezension

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Cappuccino-Mamavor 10 Jahren

Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt. So hieß es einst in einem Schlager von Peter Alexander. In diesem Fall heißt der böse Nachbar Wolfgang Hantschke. Und so mancher Leser hat sicherlich auch seinen ganz eigenen Wolfgang Hantschke in seiner Nachbarschaft, mit dem das Führen einer guten Nachbarschaft schlichtweg unmöglich erscheint.


Das Cover:

(Scheinbare) Vorstadtidylle pur vermittelt das glänzend gestaltete Cover für mich. Der Hintergrund besteht aus einer grünen Hauswand. Darauf steht der Buchtitel WO DER HUND BEGRABEN LIEGT, der wie gestempelt wirkt – unregelmäßig und mit Stellen, an der die Farbe fehlt – was mir persönlich übrigens sehr gut gefällt. Das Wort „begraben“ mit seiner violetten Farbe sticht unter den schwarzen Wörtern des übrigen Textes hervor. Auf einem Streifen abgerissenem Kreppband (das ich übrigens zuerst für eine gebrochene Holzlatte hielt – wohl auch aufgrund der Farbe) steht die Ergänzung EIN PROVINZKRIMI AUS BERLIN. Tja, auch Berlin ist eben nur ein Dorf – wenn auch mit S-Bahn-Anschluss.

Vor besagter grüner Hauswand befindet sich ein schmales Beet – eher nur ein Streifen, auf dem Stiefmütterchen in Reih und Glied gepflanzt sind – dazwischen Erde pur. Vor diesem Blumenbeet befindet sich ein Pflaster, das aus wabenförmigen Betonsteinen besteht. Alles in allem wirkt der Anblick sehr konservativ, wenn nicht gar spießig. Und daher passt das Cover hervorragend zur Handlung des Buches, das dort spielt, wo die Welt scheinbar noch in Ordnung scheint: In einer kleinen Reihenhaussiedlung am südlichen Stadtrand von Berlin.


Die Handlung:

Nachdem ihr Mann vor einem Jahr an einem Krebsleiden verstarb, leidet Lea Storm, eine Frau um die Vierzig, an Schlaflosigkeit. Und so joggt sie mitten in der Nacht durch ihr idyllisches Wohngebiet im Süden Berlins. Doch eines nachts findet sie auf ihrer Jogging-Runde die Leiche eines Paares. Erstaunt stellt sie fest, dass es sich bei der Leiche des Mannes um ihren Nachbarn handelt, der in der Nachbarschaft als unbeliebt galt. Doch dann stellt sich heraus, dass die weibliche Frau, die neben ihm aufgefunden wurde, eine Prostituierte war.

Doch auch die Hundebesitzer sind in großer Sorge, denn ein Hundehasser legt immer wieder Giftköder aus, der seine Opfer fordert. Martin Glander, ein Kommissar, der nach Brandenburg strafversetzt wurde, ermittelt – obwohl der Fall in den Aufgabenbereich seines Berliner Kollegen Kommissar Rolf Prinz fällt. Lea Storm und Martin Glander finden sich sehr sympathisch und schon bald kommen sie sich näher.

Aber es dauert nicht lange, da gibt es schon ein neues Opfer. Der Wettlauf gegen die Zeit beginnt, denn der Mörder hat bereits neue Opfer im Visier – und er lebt unerkannt inmitten der Nachbarn. Wer ist zu solch grausamen Morden fähig? Aber auch Lea schwebt in größter Gefahr, denn auch sie steht auf der Liste des Mörders...


Meine Meinung:

Lea Storm leidet auch noch nach einem Jahr extrem unter dem Tod ihres Mannes Mark, das wird immer wieder ganz deutlich, während der gesamten Handlung. Sie findet Martin Glander zwar sehr sympathisch und es findet auch eine Annäherung zwischen beiden statt, aber eben nur sehr behutsam und sehr langsam. Derzeit findet Lea Trost bei ihrem schottischen Jagdhund Talisker „Tally“, den die bekennende Liebhaberin guter Whiskys, nach einer Whiskymarke benannt hat. Sohn Duncan ist erwachsen und befindet sich derzeit nicht in ihrer Nähe, weitere Verwandte, an die sich Lea wenden könnte, gibt es nicht – die eigenen Eltern sind längst tot, Marks Eltern ebenfalls und auch die Großmutter, von der Mark einst das Haus geerbt hat.

An diesem Haus hängt Lea sehr. Hier war sie mit ihrem Mann glücklich, hier fand ein harmonisches Familienglück statt, hier wuchs Duncan heran und hier ist auch Lea fest verwurzelt, zumal sich in der Nachbarschaft auch Freundschaften entwickelten und alles friedlich erscheint. Eine heile Welt für die vom Schicksal so gebeutelte Lea. Hier findet sie Unterstützung und Halt. Und dann ein solch ein harter Eingriff in die scheinbare Idylle: Ein Nachbar wird ermordet und der Mörder läuft frei herum. Und dann ereignen sich auch immer wieder Anschläge auf die Vierbeiner in der Siedlung: Ein Hundehasser legt Giftköder aus. Lea fürchtet um das Leben ihres Hundes. Wie kann Lea hier, unter diesen Umständen, zur Ruhe kommen? Leas heile Welt beginnt zu bröckeln.

Sehr gut wurde deutlich, wie sehr Lea noch unter dem Tod ihres Mannes leidet – so findet sie nachts keinen Schlaf und geht joggen. Etwas problematisch fand ich Leas Alkoholkonsum – die Whisky-Liebhaberin griff für meinen Geschmack recht häufig zum Hochprozentigen. Wie schnell kann aus einem Genuss eine Sucht entstehen.

Martin Glander ermittelt in diesem Fall eher auf eigene Faust, denn eigentlich ist sein Kollege Rolf Prinz für die Aufklärung der Morde zuständig. Martin ist das allerdings ziemlich egal – er ist nicht der Typ, der sich so einfach abwimmeln lässt, zumal er dem Charme von Lea erliegt, zumal er von den Fähigkeiten von Prinz nicht allzu viel hält. Dennoch kommen sich Martin und Lea angenehm langsam und behutsam näher, nicht zuletzt deshalb, weil Lea ihren Mann ein Jahr nach seinem Tod noch nicht ganz loslassen konnte.

Wolfgang Hantschke wird Opfer eines Mörders. So friedvoll es in der Siedlung zuging, einen Stinkstiefel gibt es wohl fast überall, der einem „ins Glas spuckt“. Hantschke war rundherum ein sehr unangenehmer Mensch, dem keiner nachtrauert – ein Einzelgänger,

Andreas Klingbeil ist ein Mann, der einem richtig leid tun konnte. Erst wurde sein Vater ermordet, der äußerst beliebt war, dann droht auch ihm Gefahr. Und eines nachts kommt es zu einer furchtbaren Katastrophe. Gut, dass Lea dem Freund ihres Mannes zur Seite steht, so wie auch er es tat, als Leas Mann Mark starb. Eine wunderbare Freundschaft.

Immer wieder erhält man in kurzen Abschnitten einen Einblick in das Seelenleben des Mörders, erfährt einige Details. So entsteht langsam ein Bild vom Täter, das sich Stück für Stück vervollständigt durch kleine, dezente Hinweise.Mir gefiel das sehr gut, denn so wurde zusätzlich Spannung erzeugt. Doch eines bleibt sehr lange unklar: Weshalb mordet der Täter, und was ist sein Motiv? Viel Raum für Spekulationen. Übrigens hatte ich den Täter zwar recht früh im Verdacht, jedoch waren dies eher Spekulationen, denn bis gegen Ende des Buches war ich mir dahingehend nicht sicher, legte die Autorin doch einige Fährten, die sich als falsch erwiesen.

Ein gelungenes Krimidebüt der Autorin. Man merkt, dass sie gut recherchiert hat, denn sie wartet im Buch mit allerlei Details auf – sei es nun über die Fahrradausstattung eines ihrer Protagonisten, oder eben über Leas geliebten Whisky. Aber auch die Leidenschaft fürs Kochen macht sich in diesem Buch bemerkbar: Lea Storm bekocht gerne sich, Martin Glander und die gesamte Nachbarschaft – und auch der Leser bekommt ihre Köstlichkeiten serviert, wenn auch nur auf dem Papier. Und so befindet sich im Anhang des Buches ein Anhang mit drei von Leas Rezepten. Positiv fand ich, dass der Leser bereits zu Beginn des Buches mit einer liebevoll gezeichneten Karte von der Siedlung begrüßt wird, in der Lea Storm lebt. Immer wieder habe ich während des Lesens diese Karte zu Rate gezogen – sei es, um mich zu orientieren, oder zu „Ermittlungszwecken“.

Auch Lokalkolorit ist im Buch vorhanden – angefangen bei der Beschreibung der außergewöhnlichen Wohnhäusern in der Siedlung und der Beschreibung der Wohngegend bis hin zum Dialekt. Aber keine Angst – der Dialekt wurde sparsam eingesetzt und nicht jeder der Protagonisten „berlinert“, sondern nur die Minderheit.

Etwas Probleme hatte ich mit den vielen verschiedenen Protagonisten, denn in der Siedlung leben nun mal zahlreiche Familien, Paare oder auch Alleinstehende. Hier hätte ich mir durchaus ein Personenregister gewünscht. So musste ich oft überlegen, wer eigentlich wo wohnt, welchen Beruf er hat,... . Ein weiterer kleiner Kritikpunkt: Bei einer kurzen Szene gibt es einen Dialog in englischer Sprache. Auch wenn viele Personen diese Fremdsprache einigermaßen beherrschen, so hätte ich mir doch gewünscht, dass es hier eine Übersetzung in die deutsche Sprache gegeben hätte.

Schön, dass eine Fortsetzung geplant ist und es ein Wiederlesen mit Lea und Martin geben wird.


Fazit:

Ein sehr gut gelungenes Erstlingswerk, das durch seinen ganz eigenen Charme besticht – eine bunte Mischung aus „Berliner Schnauze“, schottischem Ambiente und humorvollen Einlagen boten ein abwechslungsreiches Geschehen. Die Bezeichnung „Provinzkrimi“ ist sehr passend, auch wenn das Buch seine Handlung in der Millionenstadt Berlin hat. Ein kleines bisschen erinnerte mich die Siedlung im Buch an die Wisteria Lane aus der TV-Serie DESPERATE HOUSEWIFES – eine eingeschworene Gemeinschaft unter Nachbarn, doch hinter jeder Fassade gibt es ein (kleines) Geheimnis. Der flüssige und kurzweilige Schreibstil der Autorin gefiel mir sehr gut, die Stimmung wurde in der Handlung gut vermittelt. Von mir erhält das Buch eine Leseempfehlung und somit 5 Sterne.


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