Cover des Buches Das schwarze Buch der Gier (ISBN: 9783885091028)
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Rezension zu Das schwarze Buch der Gier von Beile Ratut

Ein Verlust der verfolgt

von MademoiselleMeow vor 2 Jahren

Kurzmeinung: Kein herkömmlicher Roman.

Rezension

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MademoiselleMeowvor 2 Jahren

An Albas 6. Geburtstag verschwindet ihr älterer Bruder Samuel spurlos. Obwohl es Hinweise auf eine Entführung gibt, bleibt Samuel für immer verschwunden. Alba kommt nie darüber hinweg. Während sie als Kind noch versucht, sich das Verschwinden durch Fantasiewesen und Märchen der Tante zu erklären, lässt sie als Erwachsene der Gedanke nicht los, was ihrem Bruder alles schlimmes widerfahren sein könnte. Gedanken die sie selbst daran hindern, sich Menschen zu öffnen und Beziehungen einzugehen. Denn ist es nicht die Gier, die in den meisten Menschen lauert und irgendwann zupackt?

Der Roman war absolut nicht das was ich erwartet hatte. Man kann sich zwar ungefähr vorstellen, wie sich Menschen fühlen müssen, die ein Familienmitglied auf diese Weise verlieren, aber wie diese damit weiterleben, bleibt einem oft verborgen. Ich hatte mir erhofft, dass wir mit diesem Buch einen Einblick in die Gefühlswelt der Hinterbliebenen bekommen. Wie sie versuchen selbst zu ermitteln und Licht ins Dunkle bringen. Und da es ein Roman ist, am Ende vielleicht sogar herausfinden, was damals geschehen ist. Bekommen tut man als Leser aber nur den ersten Punkt und das auf teilweise sehr verstörende Art und Weise. Gefallen haben mir die verschiedenen Perspektiven und Denkweisen von Alba als Kind und Erwachsene. Bei den Fantasiegestalten Herr König, den Gnomen und dem Ort Turmland glaubt man, Alba weiß vielleicht wer ihren Bruder entführt und wohin verschleppt hat. Als ob ihr kindlicher Verstand versucht die Wahrheit zu verschleiern. Aber näher wird darauf nicht eingegangen. Auch das seltsame Verhalten der Tante und deren abrupter Aufbruch bleiben lange ein Rätsel und man vermutet irgendeinen Zusammenhang mit dem Verschwinden des Bruders. Aber die Auflösung dazu am Ende des Buches ist etwas enttäuschend und fad. Die erwachsene Alba ist sehr reserviert und stets auf der Hut, besonders vor Männern. Bei entführten Kindern ist es nun leider oft so, dass diese sexuell missbraucht und getötet werden. Manche werden vielleicht als Sexsklaven verkauft. In vielen Fällen hört man nie wieder von diesen Kindern. Im „besten“ Fall werden irgendwann die Leichen gefunden, sodass die Familie wenigstens Gewissheit hat. Die gibt es im Fall von Samuel nicht und so fantasiert sich Alba regelmäßig zurecht, was ihrem Bruder alles schreckliches widerfahren sein könnte. Sie recherchiert über grausame Sexualvebrechen in der Geschichte, für sie die Bestätigung der unstillbaren Gier, vor allem bei Männern. Das ist wirklich nicht ohne und ich war sehr schockiert von den durchaus bildhaften Beschreibungen dieser Taten. Das sich Hinterbliebene mit diesen Dingen auseinandersetzen mag ja sein und das gehört dann auch in irgendeiner Form in so ein Buch. Aber einmal hätte meiner Meinung nach gereicht. Stattdessen liest man über mehrere Seiten immer wieder davon. Wiederholungen sind sowieso eine Art Stilmittel in diesem Roman. Das passt einerseits, weil sie Alba immer wieder mit denselben Fragen quält, nervt einen als Leser aber irgendwann auch. Am Ende gibt es so etwas wie ein übernatürliches Ereignis, was zwar zu einem versöhnlichen Schluss führt, aber meiner Meinung nach gar nicht zum Rest der Geschichte passt. Ich fand das sehr merkwürdig. Immerhin wurden dadurch noch ein paar Fragen beantwortet.


Ich finde es wirklich schwierig das Buch zu bewerten. Es hat seine ganz eigene Qualität, aber es ist nicht das was vermutlich viele Leser erwarten. Die Sprache hat etwas philosophisches, poetisches und das mag seinen Reiz haben, ist aber nicht für jeden was. Wenn ich davon absehe, bleibt aber noch die Kritik an den sich immer wiederholenden Beschreibungen sexueller Gewalt die ich in ihrer Menge einfach übertrieben fand. Das Ende passt stilistisch nicht zum Rest und insgesamt finde ich, dass der Roman falsche Erwartungen beim Leser weckt. Für mich sind das leider nicht mehr 3 Sterne.

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