Cover des Buches Das Leben ist eine Windmühle (ISBN: 9783784433387)
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Rezension zu Das Leben ist eine Windmühle von Ben Bergner

Ein Leben zwischen Frau Antje, einem Schuhkartonstapelhaus und holländischer „Gezelligheid“

von Cappuccino-Mama vor 10 Jahren

Rezension

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Cappuccino-Mamavor 10 Jahren

Seit einem Familienurlaub im Jahre 2007 bin ich begeistert von den Niederlanden. Mit den Bewohnern dieses kleinen Landes haben wir nur die besten Erfahrungen gemacht. Und so habe ich das Buch des Autors Ben Bergner, der die Landsleute seiner Frau in seinem neuesten Buch in Szene setzt, mit Interesse gelesen.


Das Cover:

Anders, als es der Buchtitel vermuten lässt, befindet sich auf dem Cover KEINE Windmühle, sondern eine „Frau Antje“, die in ihrer typischen Tracht (weiße Haube, rotes Halstuch, blau-weiß-gestreifte Bluse, roter Rock mit schwarzer Schürze und Holzklompen an den Füßen) ein riesiges Käserad vor sich her rollt. Ein Mann wird von diesem Käserad „angefahren“, der bunte Strauß Tulpen segelt wohl deshalb geradewegs durch die Luft. Das matt gestaltete Cover hat ein freundliches, helles Blau als Grundfarbe, wie der Himmel über Holland an einem schönen Sommertag, der Buchtitel ist in einem sonnigen Gelb gestaltet – passend zum holländischen Käse.

Bei diesem Buch handelt es sich um eine Klappenbroschur, welche in meinen Augen eine hochwertige Form des Taschenbuches darstellt – erhält das Buch doch durch seine Klappen zusätzlich Stabilität.

Gewünscht hätte ich mir auf der Rückseite des Buches, dass hier das Buchcover des ersten Buches, sowie eine kurze „Inhaltsangabe“ präsent gewesen wäre – Platz dafür wäre jedenfalls vorhanden gewesen. So wird das Buch nur sehr knapp auf der hinteren Innenklappe präsentiert – immerhin etwas. Auf der vorderen Innenklappe des Buches befindet sich eine kurze Beschreibung des Inhalts.

Ebenfalls auf der hinteren Innenklappe befindet sich ein kurzes Porträt des Autors: Ein Schwarz-Weiß-Foto mit einem kurzen Lebenslauf. Es ist nicht der sprichwörtliche Blinde, der hier in diesem Buch von den Farben erzählt – nein, Autor Ben Bergners einschlägige Infos stammen aus erster Hand, ist er doch mit einer Holländerin verheiratet (auch wenn es nicht Frau Antje höchstpersönlich ist) und hat mit ihr drei Kinder. Zwar lebt die Familie in München, doch die niederländische Lebensart ist mit Sicherheit allgegenwärtig – zumindest hin und wieder...


Die Handlung:

Nachdem der Deutsche Gabriel seine niederländische Freundin Anouk geheiratet hat – und mit ihr auch gleich deren Großfamilie, könnte alles so schön sein. Doch der Alltag enttäuscht Gab – statt freier Liebe, Drogen und Camping ist das Leben in einem gardinenlosen Schuhkartonstapelhaus angesagt.

Dann wird der kleine Remco geboren – die Krönung einer deutsch-niederländischen Verbindung. Doch leider verläuft das Eheleben mit Anouk nicht gerade nach Gabs Vorstellungen – das Sexleben des jungen Ehepaares bleibt auf der Strecke. Dafür aber gibt es „gute Ratschläge“ der Nachbarn, denen die Situation nicht verborgen bleibt – Dank fehlender Gardinen.

Aber auch beruflich gesehen sieht es nicht gut aus – seinen Job als Tatortreiniger verliert Gab bereits wieder, noch bevor er ihn überhaupt erst angetreten hat. Doch ein Leben mit Gab als Hausmann ist für Anouk undenkbar. Und so entwickelt Anouk einen Masterplan für Gabs Zukunft und versucht gleichzeitig einen echten Niederländer aus ihrem Angetrauten zu machen. Ob ihr dies wohl gelingen wird?...


Meine Meinung:

Es war nicht das erste Buch über Niederländer, das sich mit den oft für die Deutschen seltsam anmutenden Gewohnheiten der Niederländer befasst, das ich gelesen habe. Insofern waren manche Tatsachen über die Lebensgewohnheiten dieses Volkes für mich nicht neu. „Gezellig“ sind die Niederländer – so sehr, dass sie gerne auf Gardinen verzichten und ihren Mitmenschen somit freien Einblick in ihr Domizil und auch ihr Leben gewähren.

DAS LEBEN IST EINE WINDMÜHLE – NEUES VON FRAU ANTJE IHRER FAMILIE ist die Fortsetzung des Romans ICH HEIRATE FRAU ANTJE IHRE FAMILIE. Auch ohne den ersten Band zu kennen, fand ich mich beim Lesen rasch in die Handlung hinein. Einige Details, was im ersten Buch geschah, kommen auch in dieser Fortsetzung zur Sprache, ohne dass hier näher darauf eingegangen wird – schließlich soll hier auch den Lesern, die das erste Buch noch nicht gelesen haben, nicht zuviel von der Handlung verraten werden. Umgekehrt würden sich bei zuviel Rückblenden diejenigen Leser langweilen, die Band 1 bereits kennen.Insofern wurde hier gerade soviel wie nötig und so wenig wie möglich verraten.

Gabriel „Gab“ ist ein Deutscher, der mit einer Holländerin verheiratet ist. Gab wird als Misanthrop bezeichnet, also ein Menschenfeind, doch so recht kann ich dies nicht bestätigen. Vielmehr ist Gab wohl eher nicht daran gewöhnt, dass sich zahlreiche Verwandte und Bekannte ziemlich häufig in seinem näheren Umfeld aufhalten – sei es bei der Entbindung, beim „gezelligen“ Fußballschauen oder sonstigen Festlichkeiten. Soviel sei schon mal verraten: Erstaunt wird Gab feststellen, dass bereits mehr Niederländer in ihm steckt, als ihm lieb ist – die Einbürgerung scheint insofern gelungen zu sein.

Nach Geschäftsideen, die kläglich scheiterten, ist Gab nun ein Hausmann. Doch so etwas ist bei den Oranjes vollkommen indiskutabel. Und so versucht Gab auch in diesem Buch, eine neue Geschäftsidee zu verwirklichen, nachdem seine Tätigkeit als Tatortreiniger bereits zu Ende ist, noch bevor sie so richtig begann. Da die Holländer mit Vorliebe Frittierte Sachen essen, müsste sich doch der Einstieg ins Frittenöl-Geschäft lohnen – doch Nuki ist mehr als skeptisch. Für den Leser steht schon gleich fest, dass auch dieser Schritt in die Selbständigkeit höchstwahrscheinlich zum Scheitern verurteilt sein wird. Doch Gab ist überzeugt davon, dass sein Geschäftskonzept funktionieren wird.

Anouk „Nuki“ macht Karriere als „Frau Antje“ (die wohl bekannteste Werbefigur der Holländer). Zwischendurch bekommt sie eben mal schnell ihren kleinen Sohn Remco, natürlich im Kreise der Verwandtschaft während eines Besuchs bei ihren Eltern – wie gesagt: Die Holländer sind ein „gezelliges“ Völkchen und eine Hausgeburt nichts Ungewöhnliches.

Mitunter wirkte Nuki etwas stur, als wolle sie in der Beziehung die Hosen anhaben, insbesondere bei der Erziehung des kleinen Remco, aus dem sie einen richtigen Holländer machen wollte. Manchmal kam es zu kleinen (oder auch größeren) Machtkämpfen zwischen den beiden Elternteilen – eine zweisprachige Spracherziehung soll der kleine Remco genießen, doch in welcher Sprache soll sich der kleine Sohn im Fernsehen die Sesamstraße ansehen? Und in welches Fußballtrikot steckt man ein kleines Kind, dessen Vater ein Deutscher und dessen Mutter eine Holländerin ist, wenn sich die Mannschaften beider Elternteile auf dem Spielfeld gegenüberstehen? Mitunter erinnert der „Kleinkrieg“ der Eltern etwas an das Verhalten von kleinen Kindern – jeder will Recht bekommen und keiner nachgeben.

Und dann ist da noch ein Nachbarschaftsproblem der besonderen Art: Nachbar Huub offenbart seinem Nachbarn Gab ein pikantes Geheimnis. Durch dieses Wissen gerät Gab in so manch unangenehme Situation. Doch seinen Freund zu verraten, das kommt für Gab nicht infrage. Aber es gibt noch weitere unangenehme Situationen, in die Gab gerät. So begleitet er seine liebe Verwandtschaft an die Nordseeküste. Während die Holländer sich in die kalten Fluten stürzen, bibbert Gab mit Mütze und Schal.

Ebenfalls wirken im Buch zwei männliche Chaoten aus Nukis Familie mit, die immer munter mitmischen – und wo immer sie auftauchen droht Ärger – und zwar ganz gewaltiger. Aber immerhin sorgen sie mit ihrem Verhalten und ihren nicht gerade tollen Ideen (um es mal höflich auszudrücken) für jede Menge Unterhaltung beim Leser.

Locker sind sie drauf, die Holländer – Tabus scheint es kaum welche zu geben. Und so werden auch schon mal beim Kaffeekränzchen pikante Gespräche geführt, in der Hoffnung, dass Gab nicht versteht, was da in der Frauenrunde gesprochen wird. Aber auch vor einer Einladung in den Swingerclub schrecken die Nachbarn nicht zurück – schließlich soll ja das Sexleben von Nuki und Gab neuen Schwung bekommen.

Über die Ernährungsgewohnheiten der Holländer weiß ich ja schon einiges – teils aus eigener Erfahrung, teils aus Büchern. Aber da man ja nie auslernt, gab es für mich auch hier neue kulinarische Entdeckungen – so, z.B. den Duo Vla, eine Art Pudding, der aus Schoko- und Vanilleanteil besteht und den miteinander zu verrühren in Holland (beinahe) einer Todsünde gleichkommt.

Über die Wahrsagerei einer alten Dame, (oder besser gesagt: Einer alten Hexe!) namens Hanneke, habe ich mich sehr amüsiert – auch wenn es dabei im wahrsten Sinne des Wortes unter die Gürtellinie ging. Dass man aus Karten und Kaffeesatz, aus der Hand oder auch aus einer Kristallkugel die Zukunft lesen kann, war mir ja längst bekannt, doch die Methode, die die alte Frau im Buch angewendet hat, war mir dann doch bislang noch unbekannt.

Um authentisch zu wirken, dürfen hier natürlich auch keine niederländischen Worte fehlen – angefangen bei „schatje“, wie man sich gerne untereinander nennt, über „lekker“, ein Wort, das sich auf alles beziehen kann, was gefällt, also nicht nur auf das Essen (so ist oft auch von einem „lekker ding“ die Rede), bis hin zu „heerlijk“ und „mijn lief“. Eine Übersetzung dafür sucht man allerdings vergeblich, ebenso wie die korrekte Aussprache. Aber glücklicherweise versteht man die, übrigens kursiv gedruckten, Begriffe (meist) auch so. Ein kleines deutsch-niederländisches Glossar im Anhang wäre da eventuell eine Überlegung wert gewesen.

Schön hätte ich es gefunden, wäre im Buch für eine bessere Orientierung noch eine Karte der Niederlande mit den verschiedenen Provinzen enthalten gewesen, z.B. auf der Innenseite des vorderen Buchdeckels. So musste ich leider andere Quellen zu Rate ziehen, um zu erfahren, über welche Gebiete sich die Provinz Limburg oder auch Brabant erstrecken.

Statt dessen befindet sich im Anhang als kleines Extra eine „Kleine holländische Namenskunde von A-Z“. Von A wie Antje (so heißt scheinbar keine Frau in Holland – außer der bekannten Werbe-Ikone) über Hanneke, Klaas und Piet bis hin zu Z wie Zwaantje, ein Name der vom Wort Schwan abgeleitet wurde. Benötigt hätte man diesen Anhang zwar nicht, aber ich persönlich mag solche kleinen „Dreingaben“ immer sehr.

Grammatikalisch sind nicht alle Sätze korrekt, was allerdings unter anderem auch am Nuki-Deutsch liegt – doch das kennen wir ja bereits aus dem Fernsehen, dass Holländer mitunter noch nach Jahrzehnten die deutsche Sprache noch immer nicht perfekt beherrschen. Ich jedenfalls mag es, wie Nuki und ihre Landsleute sich artikulieren – das lässt das Buch umso authentischer wirken.

Das Buch las sich jedenfalls fast von alleine, um es mal so auszudrücken – das lag nicht zuletzt an den recht kurzen Kapiteln: Auf ca. 190 Seiten befinden sich 28 Kapitel, sowie der Anhang mit den holländischen Namen. Ich möchte mich bei den lieben Niederländern schon mal entschuldigen, dass ich sie mitunter als Holländer bezeichnet habe, denn nicht alle Niederländer sind Holländer, so wie auch nicht jeder Deutsche ein Schwabe, Sachse oder Bayer (oder was auch immer) ist.

Zwar war das Buch anfangs humorvoller als dem Ende zu, doch langweilige Stellen gab es zu keinem Zeitpunkt. Manchmal war der Humor etwas böse (ich denke da an die Szene, als Gab in den Beruf des Tatortreinigers hineinschnuppert), dann wiederum ging der Humor auch mal unter die Gürtellinie (was bei mir aber kein Entsetzen, sondern vielmehr ein Grinsen und ein Schmunzeln hervorrief). Jedenfalls werde ich, sollte sich die Gelegenheit ergeben, auch den ersten Teil noch lesen, denn wie es dazu kam, dass das geliebtes Hausboot von Nuki und Gab nicht mehr bewohnbar ist, und wie die beiden überhaupt ein Paar wurden, wie Gab mit den Eigenarten der Holländer Bekanntschaft geschlossen hat, das alles würde mich nun schon interessieren.

Und eines hat das Buch ebenfalls geschafft – ich würde zu gerne wieder mal einen Urlaub bei den holländischen Nachbarn verbringen.


Fazit:

Die Niederländer, das unbekannte Volk – Autor Ben Bergner hat mir die Niederländer wieder ein Stück näher gebracht – sowohl ihre Sonnen-, als auch ihre Schattenseiten. Inwieweit er in diesem recht humorvollen Roman seine eigenen Erlebnisse „verarbeitet“ hat, möchte ich bei so manchen Episoden lieber gar nicht erst wissen. Auf jeden Fall fühlte ich mich beim Lesen sehr gut unterhalten, weshalb ich eine Leseempfehlung aussprechen möchte und diesem Buch 5 Sterne verleihe.

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