Cover des Buches Welt in Flammen (ISBN: 9783499268434)
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Rezension zu Welt in Flammen von Benjamin Monferat

Krieg im Orientexpress

von derMichi vor 8 Jahren

Kurzmeinung: packendes Abenteuer

Rezension

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derMichivor 8 Jahren
So schrecklich die Ereignisse im Dritten Reich auch waren, sie eignen sich vielleicht gerade deshalb hervorragend für eine gnadenlos spannende Spionagegeschichte, in der für sämtliche Beteiligte alles auf dem Spiel steht. Jeder Bahnhof und jeder Grenzübertritt könnte die vorläufige Endstation für den Zug bedeuten, da die Wehrmacht nach und nach weite Teile Ost- und Westeuropas besetzt. Doch nicht nur dieser Umstand macht die Lektüre packend - Benjamin Monferat, alias Stephan M. Rother, wechselt in geradezu schwindelerregendem Tempo die Perspektiven, so dass man sich mit ungefähr einem halben bis ganzen Dutzend potentieller Hauptfiguren auseinandersetzen muss. Die Kapitel sind erfreulich kurz, was das Durchschmökern des immerhin achthundert Seiten starken Wälzers erheblich erleichtert. Dabei dient der Zweite Weltkrieg trotz manches schrägen Moments nie als Vorwand für eine lustige Abenteuergeschichte - die Schwere der Ereignisse macht sich an zahlreichen Stellen bemerkbar.
Anfangs meint man noch einige der Situationen und Passagiere einschätzen zu können. Sind die Charaktere aber erst einmal eingeführt, dreht und wendet sich das Blatt mit derselben Unerbittlichkeit, mit der der Orientexpress dem nächsten Problem entgegenrast. Selbst die scheinbar üblichen Liebesgeschichten werden kreativ eingebunden und schlagen in der Regel unerwartete Richtungen ein. Schon nach wenigen Kapiteln ist außerdem klar, dass diese Zusammensetzung gegensätzlicher Interessen keinesfalls glimpflich ausgehen kann. Wenn sich dann noch Figuren, von denen man es am wenigsten gedacht hätte, als etwas ganz anderes als zunächst angedeutet entpuppen und im Zug bald eine im wahrsten Sinne des Wortes explosive Stimmung herrscht, dann ist klar, dass hier ein Autor auf der Höhe seines Schaffens schreibt. Als kleines Schmankerl für eingefleischte Fans recherchierte Herr Monferat nicht nur den historischen Hintergrund, sondern auch die eisenbahntechnischen Details mit viel Hingabe. Einziger Fehler: An einem Bahnhof nimmt die Dampflok (!) "Kühlwasser" auf (S. 527). Aber da wollen wir mal gnädig sein.
Ob man diesen rundum gelungenen Roman nun als Thriller, Krimi oder Weltkriegsdrama liest - als Liebhaber gut gemachter Literatur mit unerwarteten Wendungen wird man nicht enttäuscht. Ganz nebenbei erfährt man noch eine Handvoll interessante Details - nicht nur über den Zug der Züge, sondern unter anderem auch über die Rolle des Vatikans im Europa unter dem Hakenkreuz und alternative Pläne zum Sturz Hitlers.

Seitenzahl: 800
Format: 12,6 x 19 cm, Taschenbuch (auch als gebundene Ausgabe erhältlich)
Verlag: Rowohlt
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