Benno Köpfer
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Kadir, der Krieg und die Katze des Propheten
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Rezension zu "Kadir, der Krieg und die Katze des Propheten" von Benno Köpfer
Kadir und Mark sind das Dreamteam im Sturm des örtlichen Fußballvereins und auch außerhalb des Rasens sind die besten Freunde unzertrennlich. Bis Kadir eines Tages spurlos verschwindet! Alarmiert versuchen Mark und Kadirs Schwester Meral den Aufenthaltsort des vermissten Jugendlichen aufzuspüren. Doch schnell hegen die beiden einen grausamen Verdacht: Hat Kadir sich radikalisiert und ist für den IS in den Heiligen Krieg gezogen?
Benno Köpfer und Peter Mathews haben mit Kadir, der Krieg und die Katze des Propheten ein wichtiges Buch veröffentlicht, das sehr authentisch die Geschichte eines radikalisierten Jugendlichen erzählt. Interessanterweise wird die gesamte Handlung aus Marks Sicht erzählt, Kadirs bestem Freund und einzigem Vertrauten in Deutschland. Denn nach seiner Rückkehr aus Syrien zieht Kadir seinen Freund ins Vertrauen und erzählt ihm die Wahrheit.
Dies ist aus Sicht der Autoren nur logisch, da Mark die Handlung in Deutschland vorantreibt. Er macht sich große Sorgen um seinen Freund und will ihn unbedingt aufspüren. Daher wendet er sich auch umgehend an Kadirs Familie, wird dort allerdings nur von Kadirs Schwester Meral unterstützt. Kadirs Onkel, der seit dem Abgang von dessen Vater das Oberhaupt der Familie ist, will vom IS und den Salafisten nichts hören und verschließt die Augen vor der Wahrheit:
„Dschihad. Meinst du die Idioten in Syrien? Ich werde ihm beide Beine brechen, wenn er diesen Verrückten hinterherläuft!“ (S.33)
„Damit haben wir (Moslems) nichts zu tun. Das liegt an den Computern, auf denen ihr ständig spielt. Da schießen sie alle tot und klauen Autos. Das kommt aus Amerika, das ist Teufelszeug. Ich sage euch, das sind die wahren Teufel und Verführer.“ (S.33)
Der Onkel verabscheut die Salafisten, nimmt die Gefahr aber nicht ernst. Er weiß sehr wohl, dass in ihrer Moschee eine radikalere Gebetsgruppe ansässig ist und dass Kadir sich ihnen angeschlossen hat, doch er spielt dies herunter.
„Kadir ist bei denen da gelandet. Das sind Delikanli, junge Leute mit wildem Blut“, sagte der Onkel und deutete an, dass die am anderen Tisch verwirrt seien. (S. 38)
Kadirs familiäre Situation spielt eine besonders wichtige Rolle in diesem Buch. Der Vater hat sich aus dem Staub gemacht und ist ohne die Familie in die Türkei zurückgekehrt. Die jüngere Schwester ist dem Islam auch sehr verbunden und droht ebenfalls in die Salafisten-Szene abzurutschen. Einzig Meral, Kadirs ältere Schwester, steht fest im Leben und tut was sie kann, um ihren Bruder zu finden. Mit der Hilfe ihrer Mutter kann sie dabei nicht rechnen, denn diese ist sehr unselbständig und würde sich außerhalb der eigenen vier Wände überhaupt nicht zurechtfinden.
„Sie war in den zwanzig Jahren Deutschland aus ihrer Küche, also im Prinzip aus dem Stadtteil Kadiköy in Istanbul, besser: ihrem Dorf in Anatolien, nicht rausgekommen.“ (S.61)
Immer wieder werden Verse aus dem Koran zitiert und einzelne Sure dargelegt. Diese etwas theoretischen Stellen dürfen natürlich in einem solchen Buch nicht fehlen, da dieses Buch für Jugendliche gedacht ist und diese nicht unbedingt das nötige Vorwissen mitbringen. Die Autoren wollen erklären und zeigen immer wieder die Unterschiede zwischen den Moslems und den Salafisten auf, genauso wie sie auf andere, große Weltreligionen anspielen.
„Bei den Christen hat sich inzwischen durchgesetzt, dass man das (die Bibel) als historische Geschichte lesen sollte.“ (S.54)
„Die Salafisten zum Beispiel nehmen den Koran wörtlich und wollen alles so machen, wie es die Alten, As-Salaf-as-salih, die ehrbaren Prophetengefährten gemacht haben.“ (S.54)
Auch Kadirs Aufenthalt in Syrien, der einen großen Teil des Buches einnimmt, wird sehr ausführlich beschrieben. In diesen Momenten zeigen die Autoren, dass sie sich sehr viel Wissen über dieses Phänomen angeeignet haben und sie versuchen auf ihre Art, die Jugendlichen wachzurütteln. Denn es sollte doch jedem zu denken geben, dass das Leben eines Kätzchens, so niedlich es auch immer sein mag, wertvoller zu sein scheint als das Leben eines „ungläubigen“ Menschen!
Dieses Buch ist, genau wie andere Jugendbücher dieser Thematik, sehr wichtig und wertvoll, weil es vielleicht helfen kann, gefährdete Jugendliche aufzuklären und ihnen die Realität vor Augen zu führen. In der heutigen Zeit sollten solche Bücher und die ehrliche, freundliche und objektive Auseinandersetzung mit dem Thema zu jedem Lehrplan gehören. Denn jeder Jugendliche, der sich, von welcher Ideologie auch immer, instrumentalisieren lässt und sein Leben riskiert, ist ein Jugendlicher zu viel!
Rezension zu "Kadir, der Krieg und die Katze des Propheten" von Benno Köpfer
Mark und Kadir sind seit Kindertagen Freunde und teilen vieles, auch die Leidenschaft für den Fussball. Wobei Kadir von den beiden der Ausnahmespieler ist. Doch Kadirs Leben ist nicht einfach. Der Vater hat die Familie verlassen und ist zurück in die Türkei gegangen. Nun untersteht die Familie dem Onkel und den strengen religiösen Regeln. Kadir verlässt die Schule und jobbt im Laden des Onkels. Er träumt auch noch von der großen Fußballkarriere. Doch dann taucht Kadir zu einem entscheidenden Spiel nicht auf. Es geht das Gerücht um, er sei nach Syrien gegangen. Mark macht sich auf Spurensuche, um herauszufiden, was mit seinem Freund geschehen ist.
"Kadir, der Krieg und die Katze des Propheten" ist insgesamt ein sehr beeindruckendes Buch, denn es basiert auf einer Mischung realer Biographien junger Menschen, die sich vom IS rekrutieren ließen. Trotzdem kommt "Kadir ..." nicht als Fallstudie herüber, sondern als eigenständige, glaubhafte Persönlichkeit. Mich hat lediglich der Stil etwas gestört, der gerade am Anfang ein wenig hölzern wirkte und nicht so recht zum Alter der Protagonisten oder auch der Zielgruppe passen wollte. Einerseits war er dazu zu dozierend, andererseits wurden Dinge erklärt, die für Jugendliche (und medienaffine Erwachsene) heutzutage selbstverständlich sind. Skype wird beispielsweise erklärt als "eine Computerapp mit der man kostenlos per Bild telefonieren konnte". Ab dem Moment, ab dem man Kadir selbst begleitet, gibt sich das jedoch. Möglicherweise auch deswegen, weil ich finde, dass ab diesem Punkt die Zielgruppe nicht mehr unbedingt (nur) Jugendliche sind. Ein wenig umständlich (stilistisch gesehen) fand ich, dass auch der Abschnitt um Kadirs Radikalisierung und Ausreise aus Marks Sicht geschildert wird und der vorangestellte Einschub, dass Mark das alles so halbwegs rekonstruiert hat, es aber nicht so gewesen sein muss. Das macht vielleicht in fachlichen Profilanalysen Sinn, aber in einem Roman kann man das sicher anders lösen bzw. ist diese Einschränkung in einem Roman eher unnötig, wenn diese Unsicherheit nicht Teil der Handlung ist.
Beeindruckt hat mich dagegen das viele Fachwissen und die Einblicke in Radikalisierungsbiographien. Man bekommt auch seinen sehr guten Eindruck, wie die Rekrutierungsstrukturen funktionieren, welche Rolle die ausländischen IS-Kämpfer spielen, was viele dort erleben, was es mit ihnen macht, und so weiter. Mitunter sind diese Szenen für jüngere Leser möglicherweise recht heftig, da der Krieg in Syrien sehr plastisch dargestellt wird. Viel Glaubhaftigkeit bekommt die Geschichte natürlich auch durch die Tatsache, dass einer der Autoren Experte beim Verfassungsschutz ist. Auch das Wissen zu Religion, Religionsauslegung und Salafismus fand ich sehr beeindruckend und überzeugend. Am Ende des Buches war nachvollziehbar, warum sich junge Muslime in westlichen Ländern zerrissen fühlen könnten und warum junge Extremisten ihre Ansichten als gerechtfertigt empfinden. Die Einflussnahme wird in diesem Buch sehr nachspürbar.
Inhaltlich hat mich dieses Buch durch seine große Realitätsnähe und viele fachlich fundierte Einblicke begeistert. Stilistisch fand ich einige Punkte, die mich nicht ganz überzeugt haben, aber insgesamt finde ich dieses Buch absolut empfehlenswert.
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