Cover des Buches Das letzte Königreich (ISBN: 9783499242229)
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Rezension zu Das letzte Königreich von Bernard Cornwell

Rezension zu "Das letzte Königreich" von Bernard Cornwell

von schatzhauser vor 17 Jahren

Rezension

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schatzhauservor 17 Jahren
Keine Lust mehr auf weinerliche Rachegeschichten entehrter Jungfern? Da gibt es auch wahrlich besseres (das nicht von Auftragsschreiberlingen runtergeschrieben wurde, die sonst SF-Romane am laufenden Band produzieren)... Sicher haben schon viele den Teil des Schulgeschichtsunterrichts vergessen, in dem erklärt wurde, daß England im 8. und 9. Jahrhundert über Jahrzehnte hinweg dänisch beherrscht war ("Danelag"). Bernard Cornwell legt mit "Das letzte Königreich" einen griffigen Roman über diese Zeit vor. Den groben Inhalt kennt der geneigte Leser schon aus dem Klappentext. Was hat mir nun besonders gefallen an diesem Buch? Wikinger sind keine Monster --------------------------- Es ist dankenswert, daß der Autor die Wikinger auch als Volk beschreibt, daß quasi keine andere Möglichkeit hatte, als zu erobern. Dänemark (und auch der ganze Rest Skandinaviens) war eine öde, matschige, unfruchtbare Landschaft. Wer nicht auf dem elterlichen Acker verrotten wollte, der musste losziehen. Fast schon zärtlich beschreibt der Autor die Liebe der Dänen zu ihren Schiffen. Sie waren die topgepflegten Einode ihrer Herren. Dabei waren die Wikinger auch noch exzellente Seefahrer. Daß die Wikinger nicht alles beherrschen, erkennt man einer hübschen kleine Szene: Der große Krieger und Uthreds Ziehvater Ragnar möchte einmal in der heimatlichen Kate vom Festtagsessen probieren, daß die Hausfrau für einen der nächsten Tage vorbereitet. Dafür gibt's von der Gattin einen Klapps auf die Finger, den der Hüne kommentarlos hinnimmt ;-) Liebe für's historische Detail ------------------------------ Kannten Sie bisher den genauen Grund dafür, daß es in den Heeren des 9. Jahrhunderts kaum Bogenschützen gab? Nun, bei B. Cornwell können Sie lernen, daß Bogenschützen selbst für reiche Herrscher ein fast unbezahlbarer Luxus waren. Sie verbreiteten zwar beim Gegner allein durch ihre Anwesenheit Angst und Schrecken. Aber: Um stetig und sicher im Kampf zu treffen, mussten Bogenschützen ganzjährig üben. Sie konnten also nicht wie 99% des Heeres sonst Bauern sein, sondern mussten als "Profi-Truppe" am Hof unterhalten werden. Oder: Auch schön beschrieben ist, daß England zu der beschriebenen Zeit allenfalls sporadisch christianisiert war. "Kathedralen" waren oft zugige Holzbauten mit undichten Strohdächern. Das spätere Weihnachten wurde von den Wikingern als "Julfest" (auch Wintersonnenwende) gefeiert. Auch die grausamen Opferrituale der Wikinger beschreibt der Autor erschreckend detailliert. Überhaupt hatten die Dänen für den christlichen Glauben nur Spott über. Er galt als eine Art 'Memmenglaube' ("Man tötet keinen Gegner, indem man jammernd vor einem Altar rumrutscht."). Es ist nach der Lektüre des Buches sonnenklar, daß heute mindestens jeder zweite Brite Wikingerblut in den Adern haben muß. Viele Dänen blieben für immer (sie hatten ja eigentlich auch 'nur' Land gesucht). Im englischen Heer kämpften auch Dänen und andersherum... Jede Schlacht war ein schlachten -------------------------------- Ich bin nie bei einer dabeigewesen, würde die Schlachtenbeschreibungen von Cornwell als verstörend realistisch einordnen wollen. Er zeigt, daß... ...töten ein Handwerk war, daß man lernen konnte. ...nur ca. 5% der Krieger in der schlacht wirklich kämpfen WOLLTEN. Der Rest bestand aus verängstigten Bauern, die eigentlich nur zurück zu ihren Feldern wollten, die abgeerntet werden mussten. Natürlich ist die Hauptfigur Uthred eine etwas gewagte Kunstfigur. Allzuleicht und glücklich durchwandert er seine Zeit. Dieser Kniff sei dem Autor aber verziehen. Niveau-Einordnung: Deutlich über Wanderhure, Säulen der Erde u.ä. Knapp unter z.B. "Q" von Luther Blisset
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