Rezension zu "Sanguis B. - Vampire erobern Köln" von Bernard Craw
Dieses Buch ist nicht wie andere Vampirbücher. Der Autor schafft es an vielen der uns bekannten Vampirmythen anzusetzen und erschafft doch eine ganz eigene Interpretation davon. Selbst die Vampire in der Geschichte müssen erst herausfinden, welche Mythen wahr sind und welche erfunden. Dadurch ist man bei der Suche und Entdeckung als Leser ganz nahe dran.
Sehr detailiert beschreibt der Autor die Verwandlung eines Menschen in einen Vampir – nicht nur körperlich sondern auch seelisch. Da der Großteil des Buches aus der Sicht von Vampiren geschrieben ist, identifiziert man sich als Leser mit ihnen, trotz ihrer Grausamkeiten. Aus ihrer Sicht zeigt sich normal, ja sogar notwendig, was für den Menschen abartig und befremdlich sein mag: andere Menschen zu töten. Während die einen sich rasch an das Morden und an ihren neuen Überlebenstrieb gewöhnt haben, verzweifeln andere an ihrer unnatürlichen Existenz, werden verrückt, denken an Suizid oder suchen nach einer Alternative. Kämpfe werden somit innerlich als auch im Außen ausgetragen. Immer neue Feinde, neue Hürden gibt es zu überwinden. Der Spannungsfaden ist hoch – ich war stets von der Geschichte gefangen und fieberte mit den Protagonisten mit. Die Machtkämpfe der sich bildenden, diktatorischen Strukturen, die Anarchie als Beigeschmack dazwischen, Menschlichkeit die auf der Seite der Menschen verloren geht, als es zur Folterung kommt – all das war stimmig aufeinander aufgebaut. Brutalität zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch, aber keinesfalls übertrieben, nein, sie ist angebracht um Auszudrücken, wie anders diese Welt funktioniert. Schmerzen und Verwundungen nehmen einen neuen Maßstab bei den Vampiren ein, die viel mehr aushalten, als ein Mensch. Dem entgegen steht die Freundschaft, die Gemeinschaft - der Zusammenhalt der Protagonisten, der sich im Laufe der Geschichte entwickelt.
Ein weiterer wesentlicher Punkt, der hier betreut wird: Eine radikale Sicht darüber, was Gut ist oder zu sein hat, kann am Ende etwas sehr Grausames erschaffen.
Was ausgespart wurde: Erotik und Romantik - fehlten mir aber in dieser Geschichte nicht.
Die letzten Seiten des Buches bargen einige Überraschungen in sich, die mir gut gefallen haben – damit meine ich den Ursprung des Vampirismus – soweit dieser Ursprung hier erklärt wird. Das Ende bleibt offen, sodass jeder sich selbst ein mögliches, weiteres Endszenario ausdenken kann.
Fazit: Ich empfehle dieses Buch für jeden, der Vampire mag, Mythik, (Urban)Fantasy. Wenn man sich für gesellschaftskritisches Denken interessiert, ebenso. Es ist aber kein muss. Man kann dieses Buch als Fantasy/Horror/Vampirbuchfan lesen oder als Interessierter an Gesellschaftkritik.