"Zuleika accepta est.
Zuleika delicata est.
Zuleika Scheiß-Musterkind vom Dienst est."
- Bernardine Evaristo, "Zuleika"
London, 211 n. Chr.: Zuleika ist die Tochter nubischer Einwander*innen. Ihre Familie hat kaum Geld, doch die Schönheit ist Zuleikas Kapital: Mit gerade einmal elf Jahren wird sie an einen alten, fetten Römer verheiratet - was ein Glück, dass er sie trotz ihrer schwarzen Haut und der Armut will! Zuleikas Freiheit findet durch die Heirat ein jähes Ende, sie sitzt in einem goldenen Käfig, aus dem sie erst mit der Zeit einen Ausgang findet, gedanklich durch Bildung und durch geschicktes Strippen-Ziehen im Haushalt. Sie geht heimlich mit ihren Freundinnen aus - und verliebt sich in den Kaiser Septimius Severus, wodurch ihre ganze Welt aus den Fugen gerät.
"Zuleika" ist Bernardine Evaristos zweiter Roman und erschien bereits vor mehr als 20 Jahren - was ein Glück, dass er vor Kurzem nun endlich auch auf Deutsch erschienen ist! Fantastisch übersetzt von Tanja Handels können nun auch deutsche Leser*innen in dieses Drama aus Versen eintauchen, das die Geschichte eines Mädchens von heute in einer Welt von damals erzählt. London liegt im 2. Jahrhundert n. Chr. in römischer Hand, die Gesetze der Stadt werden von Geld, S*x und Macht bestimmt - kein einfaches Pflaster für ein junges, Schwarzes Mädchen, das um jeden Preis die Deutungshoheit über ihr eigenes Leben erlangen möchte. Zuleika ist Dichterin und leidenschaftliche Liebhaberin, sie hat queere Freundinnen und ihren eigenen Kopf - das bildet sich auch immer wieder in der verwendeten Sprache ab. Denn auch wenn das Buch in Versform gehalten ist und so an Dichtungen von Vergil und Homer erinnert, mischt die Autorin immer wieder moderne Begriffe zwischen lateinische Sprichwörter und verleiht dem historischen Roman damit einen höchst aktuellen Twist. Ich finde es sehr, sehr beeindruckend, dass Bernardine Evaristos Bücher immer wieder in anderen sprachlichen Formen daher kommen, dass sie sich immer wieder neue Themengebiete aussucht und in verschiedene Zeitalter abtaucht. Bei ihrer Experimentierfreudigkeit bleibt aber immer gleich, dass sie die jeweiligen Geschichten aus einer feministischen Perspektive heraus betrachtet - eine meiner liebsten Schriftstellerinnen und ein besonderer Roman, den es zu entdecken lohnt!