Cover des Buches Neun Nächte (ISBN: 9783442737024)
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Rezension zu Neun Nächte von Bernardo Carvalho

Auf Papier gepresste Langeweile

von Stefan83 vor 13 Jahren

Rezension

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Stefan83vor 13 Jahren
In Brasilien mit Preisen überhäuft, der Klappentext spannend klingend und Lust auf mehr machend. Und dann wird das Buch auch noch mit den Werken Joseph Conrads verglichen. Was blieb mir da anderes übrig, als sich "Neun Nächte" von Bernardo Carvalho zu kaufen, um mir selbst ein Bild zu machen. Das Fazit fällt sehr ernüchternd aus. Die von mir in ihn gesetzten Erwartungen kann Carvalho in keiner Zeile erfüllen, den Anspruch eines spannenden Unterhaltungsromans einfach nicht gerecht werden. Sehr schade, hat die Story doch einiges an Potenzial gehabt, das richtig umzusetzen aber versäumt wurde. "Neun Nächte" erzählt die Geschichte des amerikanischen Anthropologen Buell Quain, der sich kurz vor Ausbruch des 2. Weltkriegs im Alter von 27 Jahren unter mysteriösen Umständen im brasilianischen Regendwald das Leben nimmt. Dieser lang zurückliegende Selbstmord ist Ausgangspunkt für Bernardo Carvalhos Spurensuche, in welcher er vorwiegend Briefe eines Mannes verwendet (an eine Person, welche dem Leser zunächst unbekannt ist), dem Quian vor seiner tragischen Entscheidung in neun Nächten seine Lebensgeschichte anvertraut hat. Zeitzeugenberichte und Rückblicke dienen als Brücke zwischen den Zeiten und beiden Personen, rekonstruieren nach und nach Leben und Tod des jungen Forschers. Was folgt ist ein vor allem biographischer und auf Tatsachen beruhender Roman (Buell Quain hat es wirklich gegeben), der mithilfe von kunstvoller Sprache und mystisch angehauchten Flair Joseph Conrads "Das Herz der Finsternis" zu imitieren versucht. "Versucht" muss es heißen, denn Carvalhos Erzählungen sind ungefähr so spannend wie das Kapitel S im Telefonbuch. Das auf den ersten Blick fein gesponnene Rätsel löst sich bis zum Schluss nicht wirklich auf, ganze Handlungsstränge führen ins Nichts und von Spannung ist weit und breit nichts zu spüren. Ohne hundertprozentige Aufmerksamkeit hat der Leser nicht den Hauch einer Chance die oftmals extrem verschachtelten Sätze zu entwirren, den aus mehreren Zeitzonen stammenden Handlungsabläufen einen logischen roten Faden zu entnehmen. Und selbst wenn er sich auf jedes Wort konzentriert, wird er dafür am Ende doch nicht belohnt, bleibt man doch genau so schlau wie vorher und irgendwie unbefriedigt zurück. Was lässt sich Positives sagen und die Preisauszeichnungen für das Buch rechtfertigen? Mit Sicherheit das gewählte Thema, die Sprache und die äußerst gelungene Übersetzung. Vielleicht drei Dinge, die vielen Lesern für eine gute Lektüre reicht. Mir nicht. Insbesondere an einen Spannungsroman stelle ich noch andere Ansprüche. Insgesamt ist "Neun Nächte" ein arg zähes, wenig bis gar nicht unterhaltsames Werk, das verworren und undurchsichtig wie der Dschungel Südamerikas daherkommt und seinem guten Ruf leider nicht gerecht werden kann. Nichts für den Gelegenheitsleser und wohl leider auch mein erstes und gleichzeitig letztes Buch von diesem Autor.
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