Cover des Buches Das Schattencorps (ISBN: 9783869137643)
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Rezension zu Das Schattencorps von Bernd Ohm

Zurück in die Vergangenheit?

von mabuerele vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Interessanter Einblick in die 60er Jahre!

Rezension

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mabuerelevor 7 Jahren

„...Und weißt du, meine größte Sorge ist gerade nicht, dass die Russen angreifen. Das ist jetzt alles Diplomacy...“

Wir schreiben das Jahr 1962. Hans Barkhusen arbeitet als Taucher in Hamburg. Er ist zur Taufe seines Neffen geladen. Dazu kommt auch die Verwandtschaft aus München. Auf einem gemeinsamen Spaziergang macht ihm Fritz, sein Schwager und Kriminalkommissar in München, einen Vorschlag. Die Polizei hat Informationen erhalten, dass sich vor Kreta der geheimnisvolle Rommel-Schatz befinden soll. Für dessen Bergung brauchen sie einen Taucher. Bei dem Schatz handelt es sich um Schmuck, Gold und Wertsachen, die den Juden in Tunis abgenommen wurden.

Der Autor hat einen spannenden Spionageroman geschrieben. Er zeichnet darin ein bizarres Bild des politischen Untergrunds in Deutschland in den 60er Jahren.

Im Mittelpunkt steht Hans. Er hat ein bewegtes Leben hinter sich. Erzogen wurde er in der Napola, der Eliteschule der Nationalsozialisten. Am Ende des Krieges gehörte er mit seinen 15 Jahren zum letzten Aufgebot. Um sein Leben zu retten, verpflichtete er sich nach der Besetzung einer geheimen Organisation der Engländer.

Nach dem Gespräch mit Fritz meldet sich bei Hans plötzlich Jim Rowland, sein ehemaliger Agentenführer der Engländer, wieder.

Eine weitere schillernde Gestalt ist Ira von Mallank. Sie verdient sich ihren Lebensunterhalt mit Waffenhandel und hofft darauf, ihre verlorengegangenen Ostgebiete zurück zu erhalten.

Und dann gibt es noch den undurchschaubaren Max von Krein. Er war Hans` Vorgesetzter, ist Taucher und begeisterter Schatzsucher. Seine politischen Ambitionen lassen alle Möglichkeiten für mich als Leser offen.

Der Schriftstil des Buches ist anfangs gewöhnungsbedürftig. Das liegt daran, dass die Geschichte im Präsens erzählt wird. Nachdem ich allerdings in die komplexe Handlung eingetaucht war, ist mir das kaum noch aufgefallen.

Die politischen Positionen der einzelnen Akteure waren lange Zeit unklar. Am einfachsten war es noch bei den Ewiggestrigen, die glaubten, das Deutsche Reich wieder aufrichten zu können. Dazu war ihnen jedes Mittel recht, und jede Besatzungsmacht war der Gegner. Die Einstellung verdeutlicht das folgende Zitat:

„...Die Wehrmacht hat kapituliert, das Reich nicht...“

in Italien steht das Schiff für die Bergung des Schatzes noch nicht zur Verfügung. Dafür belauert dort jeder jeden. Es geht weniger um politische Befindlichkeiten, mehr um persönliche Gier. Jeder möchte in Stück vom Kuchen haben und träumt von einer sicheren Zukunft.

Der Autor nutzt die Situation des Stagnierens der eigentlichen Handlung auf zweierlei Weise. Einerseits wird die Gegend um La Spezia sehr detailliert beschrieben. Schöne Metapher veranschaulichen die abwechslungsreiche Landschaft. Auch ein Blick in die Geschichte der Stadt wird mir als Leser gewährt. Andererseits beginnt hier Hans` Wandlung. Tiefgreifende Gespräche mit Carlo, einem Student, und Betty, der Wirtin der Jugendherberge, geben nicht nur Einblick in das Denken eines Teils der italienischen Jugend. Gerade Betty führt Hans die Schattenseiten des Naziregimes vor Augen. Nicht nur diese Dialoge im Buch gehören für mich zu den stilistischen Höhepunkte. Auch andere Gespräche zeigen das innere Gedankengebäude der Akteure..

Wie ein roter Faden durchzieht die Angst das Buch, dass einer der Großmächte den falschen Knopf drücken könnte und Deutschland im Atomkrieg versinkt. Obiges Zitat stammt von einem reichen Amerikaner und fällt nach Beginn der Kubakrise. Er hat Angst vor den eigenen Offizieren und ihren Handlungen. Dass die eigentliche Gefahr im deutschen Untergrund liegt, begreift Hans noch rechtzeitig.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es arbeitet ein Stück Geschichte auf, von dem nur Bruchteile je an die Öffentlichkeit gedrungen sind.

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