Rezension zu "So viel Liebe in deiner Trauer" von Bettina Ebert
„Trauer braucht Zuwendung.“ Dieser Satz von Meike Dismer gleich zu Anfang lässt mich aufhorchen. Ja, so ist es doch: Trauer kann nicht, nicht wahrgenommen werden. Also was mache ich dann mit ihr? Ich wende mich ihr zu …
Meike Dismer schreibt weiter: „Auch noch viele Jahre nach dem Verlust eines geliebten Menschen können unsere Trauergefühle große Heilkraft entwickeln.
Indem wir einen Raum oder Ausdruck für unsere tiefen, schmerzlichen Erfahrungen schaffen, sind wir ganz verbunden mit dem gegenwärtigen Empfinden. So können wir uns Einlassen, uns unserer Trauer zuwenden und dadurch einen inneren Raum öffnen, der uns wieder ins Fließen bringt. Denn Heilung erwächst aus Zuwendung.“
Gleich diese ersten hoffnungsvollen Worte: es ist also nie zu spät, sich mit „seiner“ Trauer zu beschäftigen.
Bettina Ebert sagt in ihren „Gedanken zuvor“, dass sich die Trauer „über Nacht“ als „neue Begleiterin vorstellt“. Hoffnung spricht auch aus ihren Worten: „Ein jeder Mensch findet seinen, individuellen Weg mit Verlust und Trauer umzugehen. Hier lohnt es sich zu vertrauen!“
Und so erzählt Bettina Ebert in ihren wundervollen Gedichten und Texten immer wieder von diesen kleinen und größeren Hoffnungsschimmer.
Doch sie verschweigt nicht den tiefen, oft grenzenlosen Schmerz, den jeder Trauernde schon einmal erlebt hat. Und so fühle ich eine große Verbundenheit. Da spricht mir/uns jemand direkt „aus dem Herzen“. Und konnte ich vielleicht meinen Schmerz nicht in Worte fassen – nun findet er durch die feine Wortwahl von Bettina Ebert nach draußen in die Welt. Und das ist gut so, denn auch wenn Trauernde immer wieder die Zeit mit sich selbst benötigen, die Zeit, die nach Innen geht, so braucht Trauer auch den Weg nach draußen. So hat Bettina Ebert ein ganzes Gedicht dem Dank an die „Trauergemeinschaft“ gewidmet. Wenn wir „So-sein-dürfen“, dann ist das ein großer Segen. Und ja, wenn ich in meiner Trauer von meinem Umfeld mitgetragen werde, wie ich gerade bin, dann erfüllt mich das mit großer Dankbarkeit. Das macht doch das Mensch-sein aus …, dass wir in einer Gemeinschaft leben dürfen.
Bettina Ebert vergisst aber nicht in all ihrer Trauer auch selbst „Faden in diesem Netz“ zu sein: „Gerne bin ich Faden in diesem Netz, welches sich in Trauer knüpft und sooooo viel Licht hindurchlässt.“ Das sind Worte einer starken Frau, die in ihrer Trauer auch an andere denkt.
Ja, und so las man gerade noch von Hoffnung und einem starken Netz – und kurz darauf Worte, die einem das Herz sprengen und die Seele zerreißen. Tiefe Sehn-sucht! Und genau das ist es ja, das Trauern: ein Weg wie Ebbe und Flut. Trauern geht nicht „gradlinig“. Fürs Trauern gibt es keinen vorgegebenen Zeit-Takt. Und wenn hier und heute die bunten Farben eines Bildes durchscheinen, so kann morgen das Bild wieder grau sein.
So bin ich nun auch bei den Bildern von Meike Dismer angekommen. Worte und Bild ergänzen sich bestens. Es sei jedem selbst überlassen, ob er zuerst in die Worte oder in das Bild auf der jeweiligen Seite eintaucht. Bunte Farben oder auch einmal in Kohle gezeichnet, bringen sie Gefühle in einem selbst zum Schwingen. Für Menschen in Trauer ein Impuls, sich „ihre Gefühle vom Leib zu zeichnen“. Es kommt ja nicht darauf an, dass ein „schönes“ Kunstwerk entsteht. Wenn jedoch das Schreiben (welches durchaus ein kraftvolles Werkzeug der Trauerarbeit ist) nicht das Richtige ist, dann ist vielleicht der kreative Ausdruck mit dem Pinsel eine Möglichkeit, innere Bilder zum Leben zu erwecken. So kann das aktive Tun Trauernden „Selbstvertrauen, Kraft und Zuversicht“ geben, wie Meike Dismer sagt. Ihre Bilder können hier eine wundervolle Inspiration sein, selbst den Mut aufzubringen, etwas Neues zu erschaffen.
„So viel Liebe in deiner Trauer“ ist kein Buch, welches man „durchliest“ und dann zur Seite legt. Und es ist auch kein Buch nur für die Trauerbewältigung. Es ist ein Buch für alle Menschen, die sich mit Gefühlen auseinandersetzen möchten, für Trauernde, Trauerbegleiter, Menschen in allen Lebenslagen.
Eigentlich ist es gar kein Buch als Solches – es ist ein kleiner „Schatz“, den ich von Herzen empfehlen kann und ich wünsche diesem „Schatz“ eine große Leserschar.