Rezension zu "Werden wir uns wiedersehen" von Betty Schimmel
Die Liebe, dieses mächtige Gefühl, steht im Mittelpunkt der Geschichte der Betty Schimmel in ihrem Buch "Werden wir uns wiedersehen - Eine Liebe in den Zeiten des Krieges", das sie zusammen mit Joyce Gabriel verfasst hat. Betty Schimmel, aufgewachsen in einer Großfamilie in Ungarn kurz vor dem Zweiten Weltkrieg, verliebt sich schon früh in einen ihrer Mitschüler. Dass sie überhaupt eine öffentliche Schule besuchen darf, ist für sie als Jüdin eher ungewöhnlich. Sie ist die älteste Tochter einer zierlichen Frau und einem klugen und umtriebigen Vater, der im Untergrund tätig ist. Als es zu gefährlich für den ehemaligen Soldaten und seine Familie wird, ziehen sie mehrfach um. Er meldet sich gar nicht erst wieder bei den Behörden, damit er seine Familie, darunter eine weitere Tochter und einen Sohn, in Sicherheit weiß. Doch auch nach Ungarn kommen die Deutschen und wie die Geschichte zeigt, werden auch hier die Menschen, die nicht genehm sind, grundsätzlich drangsaliert, massakriert. Für Betty ist in diesen prägenden Jahren aber nur eines wirklich wichtig: ihre Liebe zu Richie. Sie können sie bis zum letzten Augenblick pflegen und das sind tatsächlich einige Jahre.
Die Schilderungen darüber, wie sie, ihre Familie und auch die anderen Personen in ihrem direkten und weiteren Umfeld beständig Schritt für Schritt alles verlieren, ist grausam und kaum zu ertragen. Die Mutter von Betty ist in ihrem Glauben aber so stark, so gefestigt aufgrund ihrer Erziehung, dass sie jegliche abartigen physischen wie psychischen Folterungen durchstehen und zumindest sich und ihre Kinder retten kann. Abgemagert bis auf die Knochen, mit Lumpen am Leib, verlaust, verdreckt und voller Krankheiten werden sie letztendlich von den Amerikanern aus dem Konzentrationslager befreit.
Betty hat auf dem ganzen Weg zur letzten Station in jedem Lager nach Richie gesucht. Und auch danach in den Flüchtlingslagern gab sie nie die Hoffnung auf, ihn zu finden.
Dann allerdings gibt es Gründe, warum sie einen Mann heiratet, den sie nicht liebt. Und auch hier berichtet sie schonungslos und ehrlich darüber, wie sie all die Jahre mit einem ungeliebten Mann verheiratet ist, nach Amerika auswandert, mit ihm drei Kinder bekommt und später viele Enkelkinder. Ihr Mann, ein herzensguter Kerl, der selbst alle Angehörigen im Konzentrationslager verloren hat, verliebt sich unsterblich in Betty, eigentlich in die gesamte Familie von ihr. Kennengelernt haben sie sich über Freunde, alle leben in verschiedenen Flüchtlingsheimen.
Erst nach dem Tod der Mutter besucht sie die Stadt Budapest, in der sie einst aufgewachsen ist, zur Schule ging und ihren Richie fand. Es ist eine schwierige Reise, die sie mit ihrer jetzt erwachsenen Tochter begeht.
Schon lange ist sie krank, so wie ihr Mann. Viel zu spät erkennen sie alle, dass sie die Traumata, die sie erlitten haben sowie die körperlichen Schäden, verursacht durch Hunger, Folter und nicht behandelten Erkrankungen, übergangen haben. Nun kommen sie mit Macht zurück durch posttraumatische Belastungsstörungen.
Ja und nein, es ist eine Liebesgeschichte aber auch ein schonungsloser Bericht über eigene Versäumnisse und auch ihrer Mitmenschen, über starke Frauen, über das Zaudern, eine Entscheidung zu treffen. Eine Liebe, die zumindest in ihrer Erinnerung einfach ewig hält und an die Betty festhalten will, komme was wolle, und die sie schlussendlich den Krieg und dessen bittere Folgen überleben ließ.
Angereichert ist das Buch durch Fotos von Betty Schimmel und ihrer Familie in der Mitte des Buches.