Wenn sich ein ehemaliger US-Präsident und ein ausgewiesener Thriller-Autor für ein Buchprojekt zusammentun, weckt das gewisse Erwartungen. Um es gleich vorweg zu sagen: Diese Erwartungen haben sich leider nicht erfüllt.
„Die Tochter des Präsidenten“ ist ein schnörkelloser Roman, dessen Spannungsbogen durch die enttäuschend vorhersehbare Story wenig Dynamik entwickelt. Selbst die größte Überraschung der Handlung, die ich hier natürlich nicht verraten werde, war für mich als geübten Thriller-Leser keine wirkliche Überraschung. Aber dieser Teil des Romans bietet noch die spannendsten und dramatischten Momente und traut sich auch mal in emotionalere Gefilde. Aus der Grundidee hätte sich meines Erachtens mehr herausholen lassen.
Was bleibt ist eine in vielen Details zweifellos sauber recherchiert wirkende Geschichte, die bestimmte Abläufe im und rund um das Weißen Haus ebenso versiert schildert, wie politische Intriegen, militärische Action und das religiös verzerrte Handlungsmuster islamistischer Terroristen. Das entwickelt sich zu oft altbewährt und wenig überraschend.
Mittendrin die Hauptfigur, die Tochter des Präsidenten, eine Figur, die zwischen Verzweiflung und erstaunlich kaltblütiger Coolness für mich als Leser bzw. Hörer nie so wirklich greifbar wird. Das Autoren-Duo hat es nicht geschafft, mich emotional mitfiebernd in das Schicksal der verschleppten Präsidententochter einzubinden. Dafür wirkt sie stellenweise einfach zu konstruiert und unglaubwürdig in ihrem Verhalten und dem, was sie sagt. Auch finde ich ihre Gefangenschaft zum größten Teil nicht nachvollziehbar bedrohlich oder aussichtslos beschrieben, weil sie, egal wo sie ist, immer gleich Ausbruchs- oder Fluchtpläne schmiedet und relativ zeitnah umsetzt und vor den Entführern kaum Angst zeigt. Viel zu selten sind die Momente der Hoffnungslosigkeit, viel zu Überbetont ihre Fähigkeiten, die sie sich als Tochter des Präsidenten angeeignet hat, indem sie sich so ziemlich alles gemerkt hat, was ihr einst ein Sicherheitsbeamter für den Fall einer möglichen Entführung anvertraute.
Es sind überhaupt alle Figuren recht klischeebeladen und eindimensional konzipiert. Und mit Clair, der ehemaligen Schulkameradin der Präsidententochter, die der Präsident zur Befreiung seiner Tochter spontan mit in sein kleines Elite-Team aufnimmt, gibt es sogar eine Figur mit extremen Nerv-Faktor. Sorry, aber die erschien mir einfach nur übertrieben wie eine Comic-Figur. Dazu noch wie eine schnell mal ins Skript eingearbeitete Quotenfrau, damit das Team nicht nur aus hartgesottenen Kerlen besteht. Und die ist dann so schlau und abgebrüht, macht die coolsten Sprüche, ist ein Computer-Ass und eine überragende Scharfschützin – ging’s da nicht vielleicht eine Nummer kleiner?
Der Roman entwickelt rund um die Figur des Präsidenten, der mit seinem kleinen Spezialteam seine Tochter aus den Fängen eines üblen Terroristen befreien will, mit zunehmendem Verlauf ein Pathos, das zum Ende hin kaum noch zu ertragen ist. Der ellenlange Epilog trieft dann nur noch bei dem Bemühen, den Präsidenten in ein besonders strahlendes Licht zu rücken. Das kam mir größtenteils völlig überflüssig vor, nachdem die eigentliche Geschichte auserzählt und erledigt war.
Die Guten sind einfach nur gut und werden dadurch geadelt, dass sie sich ihrer kleinen Schwächen bewusst sind, damit zum Teil auch mal kokettieren. Beispielsweise der Präsident, der als ehemaliger Elitekämpfer schon etwas in die Jahre gekommen ist, da mangelt es schon mal an der nötigen Kondition und zwickt auch schon mal in der Hüfte, aber für einen harten Kampfeinsatz gegen einen islamistischen Oberschurken reicht`s am Ende allemal.
Ansonsten sind die Bösen einfach nur abgrundtief böse, obwohl es immerhin einige Passagen in der Geschichte gibt, die zumindest versuchen, Ursachen und Erklärungen dafür zu liefern, warum das Böse so abgrundtief böse geworden ist. Mehr Grautöne auf beiden Seiten hätten der Story aber nicht geschadet.
Und statt der üblichen so gern genommenen russischen Drahtzieher gibt es in diesem Roman zur Abwechslung mal chinesische Drahtzieher. Dieser Teil bietet zumindest eine weitere Ebene, um das Geschehen etwas komplexer zu gestalten, aber wird auch dazu benutzt, eine Aktion der Amerikaner, die vermeintlich unschuldige Opfer kostete, nachträglich moralisch zu rehabilitieren. Da waren es dann doch die Bösen!
Den Sprecher finde ich für diese Story nicht ideal gewählt. Er liest manche Passagen nicht wirklich mitreißend und inspiriert und schafft es nicht, der Rolle der Präsidententochter auch mal hörbare Zwischentöne zu entlocken. Seine Stärken hat er zweifellos in der Interpretation des Terroristen Asim. Die scheint ihm mehr zu liegen, und da spricht er sehr subtil und mit hörbarer Lust, dem Bösen mehr Facetten verleihen zu wollen.
Alles in allem ist „Die Tochter des Präsidenten“ solide Unterhaltung für zwischendurch. Da wird man nicht gefordert, sich an irgendeiner Stelle intensiver Gedanken zu machen oder über raffinierten Wendungen zu spekulieren.