„Die Besuchergruppe betritt – ihr seid, freiwillig oder nicht, Teil einer Stadtführung, die das Motto „Auf Karlheinz‘ Spuren“ trägt und ein wenig mit Helmuts Führung „Städtebauliche Fehlleistungen Ludwigshafener Sozialdemokraten“ konkurriert – eine breite Toreinfahrt, […].“ (S. 43)
Der Verlag und auch der Autor bezeichnen „Karlheinz“ als einen Roman, ich bin mir nicht sicher, ob ich das auch so sehe. Die verschriftlichte Stadtführung aus dem obigen Zitat trifft es schon eher. Worum geht es? Billy Hutter löst Haushalte auf und restauriert Möbel und bei einer solchen Haushaltsauflösung fällt ihm der Nachlass von Karlheinz in die Hände. Karlheinz hat sein Leben ziemlich detailreich dokumentiert, unter anderem durch Taschenkalender, in die er jeden Tag Notizen schreibt. Und anhand dieser Unterlagen nimmt uns der Autor eben mit auf eine Führung durch Karlheinzens Leben.
Das ist eigentlich weder besonders spannend, auch nicht unbedingt besonders tragisch, durchschnittlich ist es aber auch nicht. Karlheinz ist schon ein jemand, den man wohl als Kauz beschreiben würde. Zu seinen Hobbys zählt Autofahren und er sammelt Regenmäntel. Er kommt nicht aus seiner Heimatstadt und auch nicht aus dem elterlichen Haushalt heraus. Die Eltern bleiben sein Leben lang der Mittelpunkt.
Das besondere an diesem Buch ist wohl, dass man gemeinsam mit dem Autor zum Voyeur wird. Dieser Mensch hat tatsächlich gelebt, er ist keine historische Persönlichkeit. Daher fühlt sich das Lesen manchmal so an, als würde man in ein fremdes Wohnzimmer oder Schlafzimmer schauen. Und gemeinsam mit dem Autor entwickelt man eine gewisse Faszination für dieses Leben. Zum Schluss konnte ich das Buch wirklich kaum weglegen, weil ich wissen wollte, wie es denn nun mit Karlheinz weitergeht.
Wie gesagt, ich weiß nicht, ob ich das Buch als Roman bezeichnen würde, aber es ist auf jeden Fall ein interessantes Kunstprojekt und ich habe es durchaus gern gelesen.