Man braucht nicht bis nach Indien zu schauen, um das Problem zu erkennen, um das es in diesem Buch geht. Sicher sind sich die meisten Menschen darin einig, dass wir alles dafür tun sollten, um die Vielfalt der Natur zu erhalten. Zu dieser Vielfalt gehören auch Raubtiere, die dem Menschen gefährlich werden oder sein Leben erheblich erschweren können. In Indien ist das der Tiger, in Deutschland der Wolf. Leider springen die Ansichten über die Zeit gelegentlich von einem Extrem ins andere. Erst rottet man diese Raubtiere aus oder drängt sie in Reservate zurück, dann wieder fangen intellektuelle Kreise an, romantische Vorstellungen zu entwickeln und sie gnadenlos umzusetzen. Das passiert gerade mit dem Wolf in Deutschland.
Wie geht man nun in Indien mit dem bedrohten Tiger um? Ich hatte gehofft, einige Antworten in diesem Buch zu finden. Aber leider waren das falsche Hoffnungen. In ihrem Buch verdrängt die Autorin solche Probleme fast völlig. Stattdessen stellt sie die verschiedenen Tigerfamilien im Nationalpark von Ranthambhore vor. Das ist unter anderen Aspekten sicher faszinierend und interessant, aber eben nicht besonders aussagekräftig. Einzig ein Foto hat mich erst irritiert und danach irgendwie informiert, sicher nicht tiefgehend, aber mit einer gewissen Aussage. Es zeigt einen Tiger, wie er einen Waldweg kreuzt. In einiger Entfernung stehen einige Dorfbewohner, offenbar recht entspannt. Was das nun über ihr Verhältnis zu den Tigern wirklich aussagt, erschließt sich zwar nicht völlig, aber offenbar herrscht dort keine besondere Hektik, wenn man einen Tiger sieht.
Andere Bilder zeigen Fotografen in offenen Jeeps normaler Bauart und einen nur wenige Meter entfernten Tiger. Der scheint wenig interessiert an den Paparazzi. Und diese wiederum zeigen keine Angst. Offenbar hat man sich aneinander gewöhnt.
Mit dem Rest der Bilder kann man auch keine Preise gewinnen. Sie wirken recht amateurhaft und dienen lediglich der Vorstellung der verschiedenen Tigerfamilien. Da in den Texten die wirklich interessanten Fragen ausgespart werden, bleibt ein nicht besonders informatives Buch, wenn man sich nicht unbedingt für die Geschichten der verschiedenen Tiger des Nationalparks im Detail interessiert. Für Liebhaber dieser Großkatzen mag das im Einzelnen faszinierend sein. Doch andererseits erschienen mir die einzelnen Geschichten etwas oberflächlich und dünn.
Die Autorin ist alles Mögliche, aber weder eine besonders gute Fotografin, noch eine Zoologin, noch Verhaltensforscherin oder irgendetwas anderes Spezielles mit tiefem Hintergrund. Sie ist eine politische Aktivistin. Für die Qualität von Büchern ist das allein noch keine gute Grundlage.
Leider etwas flach