Rezension zu "Mike und ich und Max Ernst" von Antonia Michaelis
Wie meist bei den Büchern von Antonia Michaelis spielt sie auch wieder mit einer surrealen Realität. Sie verbindet das Leben und die Bilder des Künstlers Max Ernst,mit der mysteriösen Lebendigkeit der gemalten Figuren und der auf dem Cover angekündigten, ungewöhnlichen Liebesgeschichte. Dabei flechtet sie aber auch nebenher kleine Ansätze aus dem Zweiten Weltkrieg ein, ein Thema das immer wieder in ihren Büchern vorkommt, aber für das Lesealter passend verpackt ist.
Die Protagonistin ist die 14jährige Lucinda. Sie lebt mit ihrem Vater in Berlin in einem Museum und ist ein eher verschrecktes, einsames Mädchen, das sich nicht viel zutraut. Als plötzlich ein Diebstahl das Vertrauen zwischen ihrem Vater und ihr zerstört, begibt sie sich auf eine Suche, bei der sie über sich hinauswachsen muss.
Die Idee, dass Figuren aus Bildern schlüpfen fand ich sehr interessant - vor allem, da die Autorin diese Vorstellung wieder einmal äußerst mysteriös dargestellt hat und gleichzeitig glaubwürdig, so dass kein Zweifel aufkam, die "schöne Gärtnerin" wäre tatsächlich als lebendes Geschöpf von der Leinwand gestiegen.
Lucindas Reise ist eine Suche nach der verschollenen Schwester der Gärtnerin, aber auch eine Suche von Lucindas Selbst. Sie muss Stärke beweisen und Mut, vor allem gegenüber dem Jungen Mike, der ganz unverhofft auftaucht. Ihr ständiges Misstrauen begleitet sie die ganze Fahrt durch Europa, auch weil eine Frau immer wieder auf der Bildfläche erscheint, deren Absichten nicht ganz klar sind.
Antonia Michaelis flechtet hier die Vergangenheit mit ein, das Zerstören von Kunstwerken in Menschen gemachten Dramen, und ein lebendiger Eindruck von einem jungen Mädchen, das aus seiner Einsamkeit ausbricht, indem ihm einfach "nur" die Möglichkeit dazu gegeben wird.
Besonders schön fand ich ja Lucindas Beschreibungen, wenn sie auf die Bilder von Max Ernst zugreift und sich illusorische Vorstellungen der Landschaften ausdenkt, durch die sie kommen. Überhaupt ist der Schreibstil wieder sehr anschaulich und gut greifbar - als wäre man direkt mit dabei.
Eine kurze Geschichte, in der vieles angesprochen wird und trotzdem nicht überladen wirkt. Ich hab mich sehr gut unterhalten gefühlt, auch wenn ich keinen persönlichen Bezug zu den Bildern von Max Ernst gefunden habe - ich hab bei Kunst aber auch einen ganz kauzigen Geschmack ;)