Ada lebt, Mitte der 1930er, mit ihrem jüngeren Bruder Jamie und ihrer alleinerziehenden Mutter in einem Ein-Zimmer Apartment in London. Von Geburt an, hat das Mädchen einen deformierten Fuß. Adas Mutter findet das so schrecklich, dass sie das Kind nicht aus dem Zimmer gehen lässt. So besteht Adas Welt aus dem Raum der Familie und dem Ausschnitt der Welt vor dem Haus, den sie durch das Fenster sehen kann. Dann beginnt der zweite Weltkrieg. Londons Kinder werden aufs Land „verschickt“ und auch Ada beschließt, es ist Zeit zu gehen. Gemeinsam machen sich die Geschwister auf den Weg. In einem kleinen Küstendörfchen angekommen, möchte keiner die verwahrlosten Kinder bei sich aufnehmen. So werden sie zu der alleinstehenden Susan Smith gebracht. Die Kinder müssen von nun an bei ihr wohnen. Wird das gut gehen?
Mit „Gras unter meinen Füßen“ hat die amerikanischen Kinder- und Jugendbuchautorin Kimberly Brubaker Bradley ein beeindruckendes Buch für Kinder ab 11 Jahren geschaffen. Beate Schäfer hat das Buch aus dem Englischen übersetzt. Die nachdrückliche Geschichte von Aida ist mir sehr zu Herzen gegangen. Angefangen bei der Brutalität und Herzlosigkeit der Mutter, über Aidas anfänglich begrenztes Erleben bis hin zu den Geschehen auf dem benachbarten Flughafen. Die vielschichtigen Charaktere „entführen“ den Zuhörer mitten ins Geschehen. Brubaker Bradley schildert nachvollziehbar das Gefühlsleben der Beteiligten. Ich konnte mich gut in sie hineinfühlen und kam ihnen dadurch sehr nah. Manchmal vielleicht sogar zu nah. Liebend gerne hätte ich Aida bei uns zu Hause aufgenommen, habe bei traurigen Situation etwas mitgeweint oder war kurz davor bei brenzligen Situationen das Hörbuch auszuschalten. Sollte den Figuren doch auf keinen Fall etwas passieren. Es war schön mitzuerleben, wie sich vor allem Aida im Laufe der Geschichte weiter entwickelt. Mit welchem Mut sie sich den Herausforderungen stellt, die für andere ganz selbstverständlich sind. Und wie Susan den Kindern zeigt, sich nichts gefallen zu lassen, sondern mit Herz und Verstand für die Dinge einzutreten, die ihnen wichtig sind. Und das unabhängig ihres Geschlechtes, Alters oder sonst irgendeiner Beeinträchtigung.
Dieses Hörerlebnis verdankt man natürlich in erster Linie der Schauspielerin und Hörbuchsprecherin Birte Schnöink. Sie hat eine ganz eigene Art, die einzelnen Protagonisten zu „verkörpern“. So vertont sie z.B. Aida auf der einen Seite sehr authentisch der jeweiligen emotionalen Verfassung entsprechend. Wenn das Mädchen dann jedoch in schwierigen Situationen gerät und beginnt zu dissoziiert, kann man diesen Bewusstseinszustand von Aida regelrecht „greifen“. Ich hoffe ich konnte einigermaßen verdeutlichen was ich meine. Auch die Darstellung von „Mam“ gelingt ihr sehr gut. Diese eher einfach gestrickte Frau, die auf Grund ihrer eigenen Unwissen- und Hilflosigkeit heraus Aida so sehr beschränkt, dass es dies bereits eine Misshandlung an sich darstellt. Den Charakter „Mam“ mag ich definitiv nicht. Einzig das Ende der Geschichte hätte ich mir anders gewünscht. Zum einen erscheint es so als wenn die Autorin die Handlung schnell abschließen wollte. Zum anderen wirkt der Verlauf eher unglaubwürdig und konstruiert. Die Kinder gehen am Ende über die Straße und treffen direkt auf die Person, die sie sucht. Was für ein Zufall. Leider ist die Geschichte dann auch richtig schnell zu Ende. Obwohl ich so gerne noch erfahren hätte wie es mit Aida, ihrem Fuß oder mit Butter weitergeht.
Dennoch ist Kimberly Brubaker Bradleys Buch und dessen Vertonung durch Birte Schnöink solch ein Erlebnis, dass ich jetzt schon schreiben kann, dass „Gras unter meinen Füßen“ eines meiner Jahreshighlights ist.
Fazit:
Eine ergreifende Geschichte, eindrücklich vertont. Unbedingt anhören!