Der anerkannte Paläontologe Björn Kurtén schildert hier in Romanform ein nach dem (damaligen) Stand der Wissenschaft realistisches Diorama der letzten Zwischeneiszeit, also der Zeit, in der Neandertaler und "moderne" Menschen noch gemeinsam Europa bevölkerten. Dass dies auch noch durchaus lebendig, farbig und gut lesbar, wenn auch ohne literarischen Glanz, gelungen ist, verdient bereits viel Anerkennung.
Schriftstellerisch wäre zwar durchaus noch Verbesserungspotential denkbar, die Story ist recht konventionell und absehbar und den Aufbau empfinde ich stellenweise als etwas holperig. Aber das vermittelte Wissen und vor allem das Gefühl für das damalige Leben, fundiert auf der Autorität eines echten Fachmanns, werte ich in diesem Fall deutlich höher, und dem steht die Form zumindest nicht entgegen.
Die Annahmen und Ausschmückungen, mit denen er die großen Lücken in unserem realen Wissen über das damalige Leben füllen musste um eine Geschichte erzählen zu können, sind auf Basis seines Fachwissens durchweg plausibel motiviert und werden im Nachwort erläutert, damit man als Leser Fakt und Fiktion auseinanderhalten kann. In diesem Nachwort erfährt man dann auch, dass man bei der Lektüre des Romans sozusagen im Vorbeigehen eine Theorie über die Gründe des Verschwindens der Neandertaler erfahren hat. Diese ist interessant, leuchtet mir aber nicht recht ein: Das Problem, auf dem seine Theorie fußt, wäre den Leuten damals spätestens nach ein paar Generationen klar gewesen.
Allerdings muss man aus heutiger Sicht anmerken, dass sich der Wissensstand mittlerweile doch erheblich erweitert und geändert hat, seit dieser Roman geschrieben wurde (1978). Und zwar durchaus nicht nur in Details, sondern in recht zentralen Punkten: So haben sich die letzten Neandertaler keineswegs in den Norden zurückgezogen (in die skandinavische Heimat des Autors, in der er seine Handlung ansiedelt), sondern nach Süden -- die jüngsten Funde stammen aus Südspanien. Sie haben sich auch, wie man inzwischen weiß, fast ausschließlich von Fleisch ernährt. Auch die Annahme ihrer eingeschränkten Sprachfähigkeit ist meines Wissens nicht unumstritten.
In einem wichtigen Punkt war der Autor aber offenbar auf der richtigen Fährte: Neandertaler und Cromagnonen haben sich tatsächlich vermischt. Sogar erfolgreicher als er annimmt, nämlich mit Auswirkungen bis heute, wie die Entdeckung von Neandertaler-Genen in unserem Erbgut erst jüngst gezeigt hat. Inwieweit sich das auf seine Theorie auswirkt wird sich vielleicht noch herausstellen.
Alles in allem habe ich das Buch gerne gelesen, und man würde sich wünschen, dass sich irgendwann wieder ein schriftstellerisch veranlagter Wissenschaftler findet, der den Mut aufbringt, auf Basis des heutigen Wissensstandes einen Roman in dieser faszinierenden Zeit spielen zu lassen.