Cover des Buches Flucht aus Lager 14 (ISBN: 9783641090777)
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Rezension zu Flucht aus Lager 14 von Blaine Harden

Erschreckend!

von catly vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Erschütternd und unvorstellbar

Rezension

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catlyvor 8 Jahren
Bei diesem Buch handelt es sich um einen detaillierten autobiografischen Bericht eines Nordkoreaners, der in einem der schlimmsten der von der Regierung verleugneten politischen Straflager geboren wurde und dem die Flucht gelungen ist.
Das Buch ist allerdings nicht, wie anfangs erwartet, von ihm selbst, sondern von einem Journalisten geschrieben, welcher sich jahrelang mit diesem Thema beschäftigte.

Das Buch ist sehr schonungslos und realistisch geschrieben. Der Autor berichtet auf Grundlage der Erzählungen des Flüchtlings von den strengen Lagerverhältnissen, die Hinrichtungen, Psychoterror und unmenschliche Bedingungen beinhalten. Jedes Kapitel befasst sich mit einem anderen Thema. Es werden die Erzählungen aus dem Lager und allgemeine Hintergrundinformationen über das Land (zum Beispiel über die anhaltende Hungersnot, die politischen Verhältnisse zu anderen Ländern, oder auch Steuerbetrüge um dem Diktator einen angemessenen Geburtstag zu verschaffen) verknüpft, was ich als sehr positiv empfunden habe, da man so einen sehr guten Einblick in das Land und seinen Unterdrückungsapparat bekommt. Dies hatte der Autor sich auch zum Ziel gesetzt.

Auch den Einwand, dass manche Details vielleicht nicht ganz der Wahrheit entsprechen würden, da Flüchtlinge in einer schlechten finanziellen Situation wären und durch die "Gehirnwäsche" in Nordkorea oft Probleme haben Vertrauen aufzubauen, wird angesprochen. Allerdings hat man den Eindruck, dass der Autor alles ausführlich mit anderen Berichten und Erfahrungen abgeglichen hat und man so auf den Bericht vertrauen könnte. Sehr gut fand ich auch, dass der Autor auch Berichte und Erfahrungen von anderen geflüchteten Personen unterschiedlicher Stellungen und mit unterschiedlich langer Aufenthaltsdauer in diesem Land eingestreut hat. Auch den mehrmals angesprochenen Vergleich zu den Konzentrationslagern unter dem Nazi-Regime und auch die Anführungen, warum diese Lager in Nordkorea sogar noch schlimmer wären, fand ich gut, da zu den KZs ja doch etwas mehr Hintergrundinformationen und Erlebnisberichte bekannt sind.

Viel Konzentration ist zum Lesen dieses Buches auf jeden Fall erforderlich, um die Fakten zu verstehen und alles miteinander verknüpfen zu können. Es wird ein nüchterner und sachlicher Schreibstil verwendet und die Sprache ist eher als anspruchsvoll einzustufen; es werden schon einige Fremdwörter verwendet.

Am Ende des Buches sind noch einmal die Regeln, die im Lager gegolten hatten, so wie Karten vom Lager und von der Fluchtroute des Nordkoreaners angeführt, was ich so als Überblick auch positiv empfunden habe.

Erschreckend war für mich auch der Einblick in das Denken der Nordkoreaner auch nach einer gelungenen Flucht. Zu diesem Thema wurden Studien und Zitate von Psychologen angeführt. Es ist für mich unvorstellbar, dass man eine ganze Bevölkerung langfristig so manipulieren und psychisch eigentlich langfristig schädigen kann.

Diese Erzählung ist auch deshalb so einzigartig, weil sich Nordkorea vollkommen von allen anderen Ländern abschottet und nichts über die Zustände in seinem Inneren preisgeben will. Es ist ein Wunder, dass diesem Mann die Flucht gelang, genauso wie die Veröffentlichung dieses Berichts. Meiner Meinung nach sollte dieses Buch eine Pflichtlektüre für jeden sein. Ich musste mir immer wieder ins Gewissen rufen, dass diese Zustände tatsächlich jetzt in diesem Moment herrschen, und das, obwohl durch zahlreiche Berichte von Flüchtlingen (auch wenn diese nicht unbedingt aus den Zwangslagern kommen) die schrecklichsten Dinge über dieses Land, das seine lächelnde, glatte Fassade trotz allem aufrecht erhalten kann und das nur selten am Bildschirm der allgemeinen Medien erscheint, bekannt sind.
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