Rezension zu "Die Philosophie des modernen Songs" von Bob Dylan
Wunderbar interpretiert und gestaltet
Schon die erste Fotografie setzt für den Leser Erinnerungen, Zeichen, Atmosphäre und, nicht zuletzt, den roten Faden der wunderbaren und tiefgehenden Betrachtungen Bob Dylans in diesem Werk direkt vor Augen.
Elvis Presley, wie er, überaus jung, in einem der damals verbreiteten Schallplattenläden mit versonnenem Blick die vielfachen Cover betrachtet. Ein Bild, das sich, wie in allen Beschreibungen und Interpretationen von 66 Songs durch Bob Dylan im Werk, einbrennt als Symbol und Zeichen gerade für die Musik ab den 50er Jahren.
Songs, die Geschichten erzählen, die durch Rhythmik und Arrangement, durch Stimme und dem Chrisma des entsprechenden Künstlers eine Revolution tatsächlich ausgelöst haben. Die die Gesellschaft von der Leitkraft des „gesetzten Menschen“ mit fast alleinigem Einfluss auf Kultur und Alltagsleben gelöst haben und die „Kraft der Jugend“, das Momentum von kraftvoller, teils roher Energie zu „Veränderungsmächten“ fast für die Welt in einen Kampf gegen das Establishment geführt haben. Um dann selber Establishment zu werden und wiederum Platz zu schaffen für neue, musikalische Kräfte und Stilrichtungen.
Denen Dylan durch manche Zeiten hinweg mit viel Abwechslung und hoher emotionaler und intellektueller Kraft nachgeht. Und das vor allem nicht einseitig.
Das „Volare“ für die Gefahr steht, „zu hoch zu fliegen“, das kennt Dylan selbst und von unzähligen ihm bekannten Musikern und Künstlern.
„Du bist High und hast einen Riesenspass….. Du bist kein einfacher Sterbliche mehr“- Und wenn man Glück hat, wie Dylan selbst, bleibt es erst einmal so und man erdet sich selbst. Wenn man dagegen Pech hat, wird es bitter und hart….
Oder Weill/Brechts „Mack the knife“ in der Fassungf von Bobby Darin. Eine Welt der Kleinkriminellen, Gelegenheitsdiebe, Zuhälter, am Ende ein Symbol für eine Subkultur der zwanziger und dreißiger Jahre. Der „Dunkle Weg“, der den Hühepunkt das Schaffens von Bobby Darin in Dylans Augen darstellt.
Der sich selber vielleicht fast ein wenig erkennt in „On the Road again“ von Willie Nelson. Über einen umherziehenden Banditen. Mit dem Dylan zumindest seine „never ending Tour“, seinen „Weg nach Hause“ gemein hat.
„Der Song fühlt sich an wie Unterwegs-Sein auf der Straße“.
66 Songs, teils weltbekannt, teils in Vergessenheit fast geraten, teils „klein geblieben“, aber für Dylan zeitlos groß.
In einem wunderbar gestalteten Werk mit Portraitfotos vieler Künstler, aber auch Fotografien, die mit atmosphärischen Bildern den Song selbst illustrieren bis zum Comichaften Motiv von „White Rabbit“.
Und ein Werk auch mit melancholischem Unterton hier und da über „My Generation“, der Dylan angehört bis hin zu „The Pretender“ in der Version von Jackson Brown, mit dem auch augenzwinkernd die „Schaumschläger“ der modernen Musik portraitiert werden.
Nicht nur für Dylan Fans, für jeden, der die musikalische Reise von Pop, Folk, Rock, Poesie und harten Gitarren und Sounds der letzten Jahrzehnte noch einmal in knapper und bester Form vor seine Augen führen will.