Cover des Buches Nein: Nur Dir kann ich vertrauen (ISBN: B06X9W72WL)
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Rezension zu Nein: Nur Dir kann ich vertrauen von Bonnyb. Bendix

Nein!

von Tom Mikow vor 7 Jahren

Rezension

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Tom Mikowvor 7 Jahren
Nein! Schon der Titel sagt etwas über den Inhalt dieses außergewöhnlichen Buches aus. Viel zu oft lässt der Mensch etwas zu, von dem er sich innerlich lieber distanziert. Doch sei es aus Bequemlichkeit, aus Angst, aus Unfähigkeit, sich zur Wehr zu setzen gegen Unbill, Gewalt oder andere Dinge, von denen man für sich selbst ganz sicher weiß, wie falsch sie für einen sind, wir erdulden die Situation und darüber hinaus auch deren Folgen. Nicht nur die Folgen für uns selbst, nein, auch die Folgen, die unser (Nicht)-Tun für andere Menschen haben kann drängen wir allzu oft in den Hintergrund, minimieren unsere Schuld und verlassen uns darauf, ein anderer würde schon etwas tun.

Tom Müller ist Polizist mit Leib und Seele. Sein Beruf steht an erster Stelle, noch vor seiner Beziehung mit Paula, mit der er seit drei Jahren zusammen lebt. Fest steht er in seinem Leben und setzt sich über das berufliche Maß hinaus für die Menschen ein, die sich nicht selbst helfen können.
Eines Tages wird er zu einem Fall von Vergewaltigung gerufen. Von da an ist in Toms Leben nichts mehr wie bisher. Denn das Opfer ist ein Mann. Erst jetzt beginnt er zu denken, zu reflektieren und letztendlich zu handeln.
Er muss sich auseinander setzen mit einer Lebensart, die ihm bis dato völlig fremd war, muss begreifen, das ein Vergewaltigungsdelikt kein reines Mann-Frau-Phänomen ist. Er taucht ein in das Leben des homosexuellen Opfers, bewertet erst jetzt die unangebrachten Äußerungen seiner homophoben Kollegen die dem Opfer eigentlich Schutz und Hilfe sein müssten richtig und auch seine Beziehung zu Paula sieht er plötzlich in einem anderen Licht. Er muss erkennen, das die Gesellschaft noch lange nicht soweit ist, ein Leben, das anders als das eigene gelebt wird auch akzeptiert wird. Tom verändert sich, wird zur Veränderung gezwungen, durch seinen Kollegen Kevin, der homosexuelle Menschen nicht als solche verstehen will, durch das Opfer Jeremias, für das er sich auf unerklärliche Weise verantwortlich fühlt, durch seinen besten Freund und Kollegen Thorsten, der uneingeschränkt zu ihm hält und nicht zuletzt durch Paula, die mehr vom Leben erwartet, als einen Mann, dem sein Beruf wichtiger ist als seine Frau.
Tom muss erkennen, das sich in seinem Verhalten und Denken Dinge verstecken, von denen er nichts ahnte und er einen Weg gehen muss, von dem er nicht weiß wo er enden wird und wer oder ob überhaupt am Ziel jemand auf ihn wartet.

Bendix schreibt ihren Roman leichtfüßig trotz des ernsten Themas. Sie führt dem Leser vor Augen, das es nicht immer Frauen sind, die Opfer einer solchen Tat werden. Mit all ihren Folgen und Empfindungen danach leiden auch betroffene Männer. Die Dunkelziffer der Vergewaltigungen von Männern dürfte um ein Vielfaches höher liegen als bekannt. Die Anzeigen auch wegen der Scham der Opfer gering. Die Gesellschaft ist lange nicht bereit, insbesondere schwule Lebensart als „normal“ anzusehen. Deutlich macht die Autorin das in den Anlagen der Charaktere von Toms Kollegen. Doch sie zeigt auch die andere Seite in den Figuren von Toms Kollegin Bettina und seinem besten Freund Thorsten: tolerante Menschen, die jedem seine Lebensart uneingeschränkt und vorurteilsfrei zugestehen und ihre Unterstützung anbieten, ganz so wie es sich für Mitmenschen gehören sollte.

Bonnyb. Bendix hat ein dringend zu enttabuisierendes Thema in eine unterschwellige und gerade darum nette Coming-Out-Geschichte gebettet. Zeitweilig wirkt sie etwas monologistisch, aber niemals langatmig oder klischeeüberladen.

Fazit: Ich habe mich sehr gut unterhalten gefühlt. Mehr noch. Das Buch hat mich tief beeindruckt durch die Gedanken, zu denen ich verführt wurde. Nein! Dieses Wort will ich nun wohl auch öfter benutzen, wenn man von mir erwartet etwas zu tun, was ich selbst eigentlich nicht will.
Vielen Dank für dieses Buch, Bonnyb.

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