Cover des Buches La ville noire (ISBN: 9782264069467)
Rezension zu La ville noire von Boris AKOUNINE

Ein aufregendes Historienabenteuer

von Ein LovelyBooks-Nutzer vor 5 Jahren

Rezension

Ein LovelyBooks-Nutzervor 5 Jahren

Wieso werden die Bücher Boris Akunins eigentlich nicht mehr ins Deutsche übertragen? Schließlich erschienen die Fandorin-Romane des russischen Erfolgsautors eine Zeit lang in regelmäßigen Abständen in deutscher Sprache.

Es stimmt schon, für eine kurze Zeit schien sich Akunin vom Schreiben abgewandt zu haben, denn er wurde politisch tätig und engagierte sich in der russischen Opposition. Eine Beschäftigung, die bei dem vormals so produktiven Autor zu einer unerwarteten Schaffenskrise führte.

Doch mittlerweile hat er seine Inspiration wiedergefunden. Es erschienen bereits mehrere Werke, die leider nicht den Weg nach Deutschland gefunden haben.

So auch die nächste Etappe auf dem Weg von Erast Petrowitsch Fandorins Abenteuern, mit dem Akunin wohl seine populärste und erfolgreichtse Figur erschaffen hat. Geheimagent, Detektiv, Kanpfkünstler und Philosoph in einem reist Fandorin durch die vielleicht aufregendsten Jahrzehnte der russichen Geschichte, das Verbrechen bekämpfend und doch letztendlich historischen Prozessen hilflos ausgeliefert.

Die Handlung beginnt im Juni 1914, am Vorabend des Ersten Weltkrieges bedroht ein Attentäter den Zaren. Die Spuren führen nach Baku, die heutige Hauptstadt Aserbaidschans ist damals Zentrum eines phänomenalen Erdölbooms. Die Raffinerien sprießen aus dem Boden, die Profiteure des schwarzen Goldes stellen ihren erworbenen Luxus ungeniert zur Schau. Doch unter der Oberfläche brodelt es: Unzufriedene Arbeiter planen Streiks. Ausländische Agenten und sozialistische Aufrührer intrigieren gegen die Staatsmacht.

Fandorin ist mit dem Filmstar Claire De Lune (selbstredend ein Künstlername) verheiratet, würde sich aber gerne von der launischen Diva lossagen. Mit 58 Jahren befindet sich unser Protagonist in der Form seines Lebens. Das Ergebnis japanischer Kampfkunst und Meditation. Trotzdem wird er Opfer einer fast schon fahrlässigen jugendlichen Naivität, begeht üble Fehler und findet sich am Ende vor dem Abgrund.

Es gibt Helden, die sind zeitlos und unsterblich, Sherlock Holmes etwa oder James Bond und dann gibt es jene, welche genau wie wir, ihre Leser, dem grausamen Prozess des Alterns und Sterbens unterworfen sind. Fandorin gehört in letztere Kategorie, weshalb man das Fortschreiten seiner Abenteuer mit einem gewissen mulmigen Gefühl verfolgt, schließlich ist nur eine Frage der Zeit bis unser Held sein unvermeidliches trauriges Ende erleidet. Weltkrieg und Oktoberrevolution werfen ihre Schatten voraus und verheißen nichts Gutes. Trotzdem ist „Die schwarze Stadt“ kein schwermütiges Buch geworden. Vielmehr kehrt Akunin hier, nach dem etwas langatmigen und ereignislosen Vorgängerroman „Die Moskauer Diva“ zu alter Form zurück und präsentiert seinen Fans ein echtes Abenteuer. Fandorin trifft auf armenische Gangster und aserische Banditen, nimmt an Verfolgungsjagden mit dem Motorrad und dem Motorboot teil, lernt fremde Kulturen kennen und trifft auf einen ebenbürtigen Gegner. Der Erzählton liegt dabei irgendwo zwischen süffisantem Augenzwinkern und bittersüßer Melancholie. Wunderbarer Eskapismus trifft auf grausame historische Realität. "Nein, es wird sicher keinen großen Krieg zwischen den europäischen Mächten geben," - zeigt sich Fandorin zuversichtlich, es sei schließlich unvorstellbar, dass solch fatale Unvernunft triumphieren sollte.

Im Oktober 2018 ist in Russland Akunins letzter Fandorin-Roman erschienen, es ist die direkte Fortsetzung zu „Die schwarze Stadt“ und gleichzeitig der Abschluss dieser außergewöhnlichen historischen Krimireihe. Leser, die des Russischen nicht mächtig sind, müssen sich indes wohl noch eine Zeit gedulden, bis sie erfahren können, was für ein Schicksal ihren Helden erwartet. Selbst wenn es nicht gut für ihn ausgehen sollte, zumindest im Himmel der literarischen Abenteuerfiguren dürfte er sich einen Platz unter den ganz großen verdient haben.

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