Cover des Buches Hardcore Zen (ISBN: 9783899012941)
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Rezension zu Hardcore Zen von Brad Warner

Rezension zu "Hardcore Zen" von Brad Warner

von Mario_Veraguth vor 9 Jahren

Kurzmeinung: Autobiografische Reise zu Erkenntnisgewinn, Billigfilmchen und fernöstlicher Lebensschulung

Rezension

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Mario_Veraguthvor 9 Jahren

Einmal eine gänzlich andere Herangehensweise an die asiatische Mentalität, die Warner in seinem Leben betrieben hat. Von einem ursprünglichen Punkmusiker zum Zenschüler und schließlich Meister der in Japan Liebe sowie Arbeit in Form von Monsterfilmmitgestaltung findet. Nach einer recht langen Einführung samt unterhaltsamen, autobiografischen Anekdoten beginnt der Weg der Erkenntnis für den Sinn suchenden Westler. Es entbehrt auch nicht einer gewissen Ironie, dass ein sämtliche Konventionen und gesellschaftlichen Vorschriften ablehnender Punker zum eifrigen Mönchsschüler mutiert, was in Form eines klassischen 180 Grad Wechsels einen Teil des Reizes der Lektüre ausmacht. Auch wie schwer und frustrierend es für den höchst unkonventionellen jungen Mann ist, sich der rigiden und mitunter sinnbefreit anmutenden Praxis zu unterwerfen.

Was im Gegensatz zu mitunter allzu positiv und vor Leichtigkeit strotzender Literatur zu Buddhismus, Meditation und asiatischer Philosophie an diesem Werk auffällt, ist die überwiegend unbeschönigende Bestätigung des Umstands, dass Lehrjahre keine Herrenjahre sind. Und das zeigt sich besonders im Zazen, dem konzentrierten, auf die totale Fokussierung und Auslöschung sämtlicher störender innerer und äußerer Einflüsse konzentrierten, möglichst bewegungslosen Sitzen und Meditieren. Eine für Zen typische Tätigkeit, mit der der Grundcharakter dieser Glaubensrichtung gut verdeutlicht wird. Wo in anderen Ausrichtungen der Lehre mehr auf aktive Meditationspraxis oder Achtsamkeit Wert gelegt wird, ist Zen ein recht schrulliger Charakterkopf voller Rätsel und mitunter schwer nachvollziehbar anmutender Anforderungen wie dem Zazen. Die Härte, Rückschläge und mitunter Tristesse zum Weg der Erkenntnis werden schonungslos offen und ehrlich dargelegt, was sich angenehm von der stark verbreiteten, keine Anforderungen stellenden Wohlfühlsinnsuche, die permanent heftig in dieser Genrekategorie grassiert, abhebt.

Die Beschreibung der Motive seiner Sinnsuche und die grundlegenden Anforderungen, Übungsrituale und Praktiken gehen dem Autor gelungen von der Hand. Der Vorteil dieser Kombination aus Einschüben aus der Vita und Passagen der Beschreibung philosophischer und praktischer Aspekte steigert den Lesefluss im Vergleich zu rein theoretischer Literatur zu dem Thema. Was aber auch den negativen Aspekt der im Prinzip Belletristik darstellenden Zwischeneinschübe mit sich bringt. Diese erläutern zwar teilweise die Motivation zur Wandlung, sind in der Majorität jedoch nicht direkt mit den praktischen Kapiteln verbunden.

Für Interessierte mögen die Erläuterungen aus der musikalischen Phase oder die Affinität des Autors zu billigen japanischen Monsterfilmen unterhaltsam sein, mit anderen Interessen geschlagene Leser bleiben jedoch außen vor und können aus diesen Abschnitten keinen nutzbaren Mehrwert generieren.

Die Tendenz hingegen, eine relativ schwere Kost wie Zen in eine handliche und durchaus attraktive Form zu packen, darf in dieser Form gern Nachahmer finden. Es ist durchaus anzunehmen, dass doch der eine oder andere interessierte Leser bisher von allzu dogmatisch, esoterisch oder schlicht langweilig anmutenden Werken zu dem Themenblock abgeschreckt wurde. Diese Form der Darbietung hat das Potential, die Bedenken bezüglich allzu großer Komplexität und Unzugänglichkeit zu mindern, da mit der Mischung aus mitunter gekünstelt lässiger Sprache und der detaillierten Schilderung der Lebenstiefs des Autors das Interesse geweckt und voyeuristische Grundbedürfnisse befriedigt werden.

Summa summarum eine zwar nicht übermäßig gehaltvolle, aber kurzweilige Art, sich der komplexen Thematik anzunähern und den Grundstein für eine Lebensanschauungsänderung zu legen. Speziell jüngere Leser werden auf diese Art der Pfortenöffnung wesentlich besser ansprechen und Motivation finden als bei allzu dogmatischen oder realitätsfernen Vermittlungsversuchen. Und jetzt bitte Wand anschauen und das Geräusch nennen, das beim Klatschen einer Hand entsteht.

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