Cover des Buches American Psycho (ISBN: 9783462036992)
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Rezension zu American Psycho von Bret Easton Ellis

Rezension zu "American Psycho" von Bret Easton Ellis

von Mario_Veraguth vor 10 Jahren

Kurzmeinung: Übertrieben gelobte, nicht als Roman zu definierende Aneinanderreihung von Aufzählungen und plakativen Gewaltorgien.

Rezension

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Mario_Veraguthvor 10 Jahren

Das extreme Auseinanderdriften der Meinungen zu dieser Lektüre spaltet die Lager der Leser in jene, die Lob für sozialkritische, die harte Realität schonungslos zeigende Literatur, die auch an die Schmerzgrenze gehen darf übrig haben und jenen, die frauenfeindliche und sexuell abartige Snuffszenen als verzichtbar erachten. So wird auf der einen Seite Tiefgang, Subtilität und Mut des Autors angesichts der zu erwartenden Reaktionen und Anfeindungen nach Veröffentlichung gelobt, während sich ein anderer Teil der Leserschaft nur kopfschüttelnd abwenden kann.

Abseits aller Deutungen aber am störendsten ist, dass bei aller Akzeptanz für Kunstkniffe und stilistische Freiheiten, dies schlicht und ergreifend kein Roman ist sondern eine Aneinanderreihung von Produktbeschreibungen von Luxusartikeln, um die Abgehobenheit und Dekadenz zu unterstreichen, Musikerbiografien, deren Sinn es wohl sein soll, die Verletzlichkeit und Sensibilität des Protagonisten zu veranschaulichen, Schminktipps für Männer und Anleitungen wie man Menschen schlachtet. Es gibt weder einen roten Faden, nennenswerte Nebencharaktere, einen Gegenspieler oder eine Handlung abseits von arbeiten und töten in Endlosschleife. Sicher kann man in den Narzissmus und die Skrupellosigkeit des Hauptcharakters, der selbstverständlich im Finanzsektor tätig sein muss vielerlei hineininterpretieren, nur haben es schon andere Autoren geschafft, vor beißendem Zynismus triefende Werke zu schaffen, ohne die Seitenanzahl durch verzichtbare Schilderungsorgien irrelevanter Sachverhalte oder auf Wikipedia nachlesbarer Fakten um ein gutes Drittel zu erhöhen. Autoren, die jahrelang an ihren Werken feilen, müssen sich die Frage stellen, warum ein internationaler Verkaufsschlager über weite Strecken mit leicht zu schaffenden Beschreibungen auskommt, zwischen die Monologe eingestreut werden.

Zum Zeitpunkt des Erscheinens im Jahre 1991 war es für den Verlag sowie den Autor vorhersehbar, dass der Skandal die Auflagenzahlen durch die Decke treiben und ihnen massenhaft Geld in die Kassen spülen wird, da das alte Schema des Reizens konservativer und reaktionärer Kreise immer gut funktioniert und es bei Werken, deren Indizierung und Verdammung aus Ignoranz oder Machtanspruchsdenken erfolgt, auch gut und richtig ist anzuecken und zu provozieren, um alte Denkmuster aufzubrechen. Nur wenn ein Werk keinerlei diesbezüglichen Ansprüchen gerecht wird, sondern nur von monetären Bestrebungen getrieben mit den niederen Instinkten der Menschen spielt, verdient es keine Berichterstattung und Diskussion in solch übertriebenem Ausmaß. Schade um die wirklich guten, eine wichtige Botschaft transportierenden Werke, deren Veröffentlichung durch die Radikalisierung der Gegner solcher Literatur und der Machtsteigerung ihrer Lobbys erschwert, wenn nicht mitunter sogar verhindert wird. Denn der Geldregen kann sich durch Indizierung auch in ein Verlustgeschäft verwandeln, wenn eine ganze unverkäufliche Auflage auf Halde liegt und zwar nicht, weil es jugendgefährdender Schund, sondern sozial zu extremer und am liebsten unter den Teppich gekehrter Sprengstoff ist.

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