Cover des Buches American Psycho (ISBN: 9783462036992)
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Rezension zu American Psycho von Bret Easton Ellis

Rezension zu "American Psycho" von Bret Easton Ellis

von Graf Zahl vor 12 Jahren

Rezension

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Graf Zahlvor 12 Jahren
20 Jahre nach Erscheinen habe ich es endlich geschafft, mir "American Psycho" zur Brust zur nehmen. Natürlich habe ich schon einiges über dieses Buch gehört und bin vor einigen Jahren beim Zappen auch mal bei der Verfilmung hängengeblieben und habe sie somit halb gesehen. Der Roman spielt in New York der zweiten Hälfte der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts. Der Ich-Erzähler Patrick Bateman ist der Prototyp eines Yuppies dieser Zeit. Er arbeitet an der Wall Street, kokst wie wild, schmeißt sich Tabletten ein und ist nur in Szenelokalen anzutreffen. Er ist ein oberflächlichlicher, Marken-fixierter Schnösel, der zutiefst unsympatisch wirkt. Gleichzeitig scheint er auch ein Doppelleben zu führen. Ich sage bewusst scheint, denn was real (so weit man einer fiktiven Erzählung überhaupt von real sprechen kann) ist und was sich nur in Batemans Kopf abspielt, lässt Easton Ellis offen. Bateman ist ein Massenmörder. Und die Beschreibung dieser Morde, Vergewaltigungen und anderer sadistischer Taten sind das, was das Buch in Deutschland auf den Index gebracht hat. (In meinen Augen übrigens eine Lächerlichkeit.) Diese Gewaltszenarien sind heftig und zutiefst verstörend, besonders da sie sich mit ermüdenden Beschreibungen der Kleidung und deren Designer und anderen Statussymbolen der damaligen Zeit abwechseln. Das verstärkt die Wirkung der Gewalt nur noch. Ich habe das Buch ein ums andere Mal zur Seite legen müssen um das gelesene zu verdauen. Und ich bin nicht unbedingt zartbesaitet was Gewalt in Buch und Film angeht. Aber wie realistisch Ellis, das seinen Protagonisten beschreiben lässt, zeugt schon von großer erzählerischer Fähigkeit. Er will verstören. Und er schafft es auch nachhaltig. Man kann sich natürlich darüber streiten, ob diese Gewaltdarstellungen sein müssen. Von meinem Standpunkt ausgesehen sind sie notwendig. Bateman ist ein kranker Irrer, ob er diese Taten begeht oder alles nur in seinem Kopf geschieht. Und dieser Irre erzählt uns seine Geschichte mit seinen Worten und von seinem Standpunkt aus. Also müssen die Szenen so geschrieben werden, wie sie es sind. Damit jetzt nicht der Eindruck entsteht, dass es sich bei diesem Roman nur um eine Aneinanderreihung mehrerer Gemetzel handelt: Das Ganze ist auch eine sehr gelungene Beschreibung der Verhältnisse Ende der 80er Jahre. Zusammen mit dem Film "Wall Street" von Oliver Stone kann man sich, denke ich, ein recht rundes Bild New Yorker Gesellschaft machen. Auch das macht den Reiz dieses Buches aus. Dieser Roman ist zurecht jetzt schon ein Klassiker.
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