Brigitte Reimann

 4,3 Sterne bei 125 Bewertungen
Autor*in von Franziska Linkerhand, Ankunft im Alltag und weiteren Büchern.

Lebenslauf

Brigitte Reimann, geboren 1933 in Burg bei Magdeburg, war seit ihrer ersten Buchveröffentlichung 1955 freie Autorin. Mit »Ankunft im Alltag« (1961) gab sie der »Ankunftsliteratur« ihren Namen. Ihr Roman »Die Geschwister« (1963) über die gerade vollzogene deutsche Teilung war eines der meistdiskutierten Bücher jener Zeit. Mit nur 39 Jahren starb die Autorin an den Folgen ihrer Krebserkrankung in Berlin. Ihre postum erschienenen Tagebücher »Ich bedaure nichts. Mein Weg zur Schriftstellerin« (Neuausgabe 2023) sorgten dank des unverstellten, auch gegen sich selbst unerbittlichen Blicks für Aufsehen. Ihr unvollendet gebliebenes letztes Werk, »Franziska Linkerhand« (ungekürzte Neuausgabe 1998), gilt als einer der bedeutendsten Romane der deutschen Nachkriegsliteratur.

Quelle: Verlag / vlb

Neue Bücher

Cover des Buches Die Geschwister (ISBN: 9783863526207)

Die Geschwister

Neu erschienen am 22.07.2023 als Hörbuch bei Hierax Medien.

Alle Bücher von Brigitte Reimann

Cover des Buches Franziska Linkerhand (ISBN: 9783746640402)

Franziska Linkerhand

 (38)
Erschienen am 14.02.2023
Cover des Buches Ankunft im Alltag (ISBN: 9783746640419)

Ankunft im Alltag

 (22)
Erschienen am 14.02.2023
Cover des Buches Alles schmeckt nach Abschied (ISBN: 9783746615370)

Alles schmeckt nach Abschied

 (16)
Erschienen am 01.12.2000
Cover des Buches Ich bedaure nichts (ISBN: 9783746615363)

Ich bedaure nichts

 (15)
Erschienen am 01.08.2000
Cover des Buches Sei gegrüßt und lebe (ISBN: 9783351036362)

Sei gegrüßt und lebe

 (9)
Erschienen am 14.03.2016
Cover des Buches Aber wir schaffen es, verlaß Dich drauf! (ISBN: 9783746615318)

Aber wir schaffen es, verlaß Dich drauf!

 (3)
Erschienen am 01.01.1999
Cover des Buches Ich bedaure nichts (ISBN: 9783351041861)

Ich bedaure nichts

 (2)
Erschienen am 14.02.2023
Cover des Buches Das grüne Licht der Steppen (ISBN: 9783746615349)

Das grüne Licht der Steppen

 (2)
Erschienen am 01.02.2000

Neue Rezensionen zu Brigitte Reimann

Cover des Buches Ich bedaure nichts (ISBN: 9783351041861)
renees avatar

Rezension zu "Ich bedaure nichts" von Brigitte Reimann

Hunger auf Leben
reneevor 3 Monaten

Der Aufbau-Verlag hat 2023 wieder einen Blick auf Brigitte Reimann geworfen und hat einige ihrer Bücher in sehr schön gestalteten Exemplaren herausgebracht. Es handelt sich um „Ankunft im Alltag“, „Franziska Linkerhand“, „Die Geschwister“ und eben dieses Buch hier „Ich bedaure nichts“. Die 1973 mit nur 39 Jahren verstorbene Brigitte Reimann war eine der bedeutenden Schriftstellerinnen der DDR, von der ich aber bisher leider noch nichts gelesen hatte. Mit diesem Buch hat sich das nun geändert und ich bin begeistert. Hier in diesem neuen „Ich bedaure nichts“ sind die Tagebucheintragungen von 1955 bis 1970 zusammengefasst und damit die ehemaligen Bücher „Ich bedaure nichts (Tagebücher 1955 bis 1963)“ von 1997 und „Alles schmeckt nach Abschied (Tagebücher 1964 bis 1970)“ von 1998 miteinander vereint. Und dieses „Ich bedaure nichts“ ist ungemein eindringlich. Man glaubt bei der Lektüre mit einer Frau von heute zu sprechen, von dieser Frau zu lesen. Denn das Geschriebene passt für mich definitiv nicht in den Mief der 50er und 60er. Brigitte Reimann ist definitiv ihrer Zeit voraus und man kann förmlich erahnen, wie sie bei ihren gedanklich gestrigen Mitmenschen angekommen sein muss. Für diese Denke, für dieses Agieren bekommt sie natürlich meinen tiefsten Respekt und ich ergehe mich in inneren Ovationen. 

 

Denn auch ihre Schreibe in ihren Tagebüchern, ihre politischen Sichten, die sie da ausspricht, aufschreibt, erstaunen mich zutiefst. Denn es ist sehr mutig, fast schon dumm, so ehrlich zu schreiben. Was hat sie von den Tätigkeiten der Stasi gedacht? Erst ist sie politisch vollkommen überzeugt, sehr rot in ihrem Denken, gefährdet aber auch schon da durch ihre Denke, durch ihre Sicht sich selbst und andere, auch in ihren Romanen ist dies ersichtlich (Ankunft im Alltag). Die Stasi wird sich sicher ins Fäustchen gelacht haben, nicht von ungefähr erfolgten sicher die Anwerbeversuche. Und durch diesen Kontakt wird die Reimann sicher dazu gelernt haben. Ihren gedanklichen Wandel läutet aber das Geschehen in Prag ein und auch hier zeigt sie richtigen Mut in ihrem Verhalten. Von daher zeigen die Tagebücher einen Reifeprozess, einen richtig interessanten Reifeprozess, vor allem wenn man noch einen größeren Teil der auftretenden Personen kennt und auch so noch einmal tiefere Einblicke in die herrschende Politik bekommt.

 

Aber auch persönlich zeigt die Reimann intensive und auch beklemmende Einblicke in ihre Gefühlswelt, in ihr intensiv und eindringlich geführtes Leben, in ihren Hunger auf Leben, wie 2004 ein Buchtitel ihrer Tagebücher von 1955 bis 1970 ertönt und auch der dazugehörige Film mit Martina Gedeck in der Hauptrolle erklingt. Einen Hunger auf Leben, der in ihrem Ende einen dunklen Beigeschmack bekommt. Ein viel zu frühes Ende! 

 

Was hätte diese Frau wohl zu 1989 gesagt und zu den dann folgenden Geschehen? 1989 wäre sie 56 Jahre alt geworden, hätte sicher noch einen wachen Blick gehabt, hätte das Geschichtliche sicher richtig interessant kommentiert. Und was für Bücher, was für Romane hätte sie der Leserschaft noch hinterlassen können? Aber so ist das Leben. Es ist endlich und niemand weiß, wann das Ende für einen Selbst kommt. Und das ist auch ganz gut so, wie ich finde. 


Die Lektüre dieses nicht ganz so dünnen Buches war definitiv eine interessante Erfahrung für mich und es wird sicher nicht das letzte Buch aus der Schreibmaschine der Brigitte Reimann gewesen sein, welches einen Platz vor meinen Augen findet. Denn „Ich bedaure nichts“ hat mich neugierig gemacht, sehr neugierig.

Kommentare: 3
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Cover des Buches Ankunft im Alltag (ISBN: 9783746640419)
Lesewesens avatar

Rezension zu "Ankunft im Alltag" von Brigitte Reimann

Ein Zeitzeugnis der frühen Jahre der DDR
Lesewesenvor 6 Monaten

1961 erschien dieser Roman, der von drei Abiturienten erzählt, die vor ihrem Studium ein Jahr im Kombinat »Schwarze Pumpe« arbeiten. So unterschiedlich ihr Background ist, so verschieden sind auch ihre Beweggründe, dieses praktische Jahr zu absolvieren. Recha wuchs in einem Kinderheim auf, nachdem ihre jüdische Mutter von den Nazis hingerichtet wurde, ihren Vater kennt sie kaum. Curt »mit C« kommt aus einer wohlhabenden Familie, sein Vater ist oft abwesend, die Mutter möchte gern zur Oberschicht gehören, Geldsorgen kennt Curt nicht. Nikolaus’ Vater, ein alter Sozialdemokrat, besteht darauf, seinem Sohn all das zu ermöglichen, wozu er selbst keine Chance hatte. Letztlich sollen sich die drei aber ihre Hörner abstoßen, um das harte Arbeitsleben kennenzulernen. Sie begegnen sich am allerersten Tag an der Bushaltestelle, und beide Jungs verlieben in das »Mahagonimädchen« mit den »ägyptischen Augen«. Recha kann sich mit ihren 17 Jahren für keinen entscheiden, Nikolaus ist ihr zu schwerfällig, Curt zu selbstverliebt.
Ihre Bühne ist die „modernsten Brikettbude von ganz Europa“, ein Braunkohlewerk, das in nur vier Jahren aus dem Boden gestampft wurde. Der Arbeitsalltag ist hart, die Männer sind ruppig, derb aber echte Kumpels. Reimann schafft es, eine genaue Stimmung von der Riesenbaustelle zu schaffen. Ich spürte regelrecht den matschigen Boden, hörte die lauten Maschinen, aber spürte auch die Emotionen der Figuren. Die Autorin lässt uns hinter deren Fassade blicken, zeigt uns ihre Lebensumstände, ihren harten Job, ihren Willen, sich auch im Alter noch fortzubilden. Ihr Brigadeführer Hamann schafft es immer wieder, die Truppe zusammenzuhalten, Außenseiter zu integrieren, sie zu Sonderschichten zu motivieren. Keine leichte Aufgabe, wenn man bedenkt, dass die DDR-Wirtschaft in den 60ern noch stark vom Westen abhängig war und Materialknappheit an der Tagesordnung war.

Thematisiert hinter der Liebesgeschichte, die typisch für das Alter reichlich verwirrt erscheint, ist aber der Aufbau des Sozialismus. Ich finde, das ist Reimann in allen Facetten gelungen, auch Kritik an vielen Stellen anzubringen, die man heute sicher anders bewertet als damals. Sicher war das Ziel, eine neue, junge Generation heranzuziehen, die sich für die Gemeinschaft einsetzt, ihr eigenes Streben unterordnet zum Wohl aller. Doch gerade an den einzelnen Figuren sieht man, dass die einen für mehr Prämien schuften und die anderen den Sinn der Gemeinschaft längst erkannt haben. Eine großartige Charakterstudie und ein brillantes Zeitzeugnis, das alle begeistern wird, die sich für die DDR-Geschichte interessieren.
Im Gegensatz zu »Die Geschwister«, das ja ein Highlight für mich war, habe ich hier ein paar Kritikpunkte. Reimann experimentiert hier mit der Perspektive, sie springt oft vom personalen zum allwissenden Erzähler, um die Hintergründe der Charaktere für den Leser sichtbar zu machen, was mich aber in keiner Weise gestört hat. Allerdings lässt sie die Figuren reden, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Das verdeutlicht natürlich die Herkunft und den oft rauen Umgang der Arbeiter untereinander, war aber mit der Zeit sehr ermüdend. Damit bleibt dieses Buch hinter ihren Tagebüchern und »Die Geschwister« etwas zurück.

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Cover des Buches Franziska Linkerhand (ISBN: 9783746628905)
KateRapps avatar

Rezension zu "Franziska Linkerhand" von Brigitte Reimann

Faszinierend detaillierte Beschreibung eines vergangenen Systems
KateRappvor 3 Jahren

Ich habe mich im Rahmen eines Lesekreises herangetraut an Brigitte Reimanns (1933 -1973) wohl bekanntesten Roman, den „DDR-Roman“, den unvollendeten, und fühle mich ziemlich hin- und hergerissen: Die Sprache liebe ich!

Es schien mir, als würde ich einen weiblichen etwas moderneren (aber nicht allzusehr) Thomas-Mann lesen, mit 10-Zeilen langen Schachtelsätzen und Abschweifungen, wo die Möglichkeit sich bietet. Tolle Bilder, Verknappung und Übermaß im Wechsel und dazu die Perspektivsprünge mitten im Absatz- sehr charmant formuliert, von schnoddrig bis gelehrt und dadurch umso unterhaltender. Was den auktorialen Erzähler (warum denke ich mir sofort einen Mann??) angeht, wird er auf Seite 83 ziemlich herablassend, übergriffig gar "...hier müssen wir Franziska das Wort entziehen" - wer ist WIR frage ich mich da und denke mir eine patriarchale Moralinstanz, eine Clique alte weißer Männer, oder gar eine Zensurbehörde, denn Zensur ist ja, was hier geschieht und damit eine brillant subtile Anspielung auf das DDR-Regime. Ganz abgesehen vom Verlauf der Geschichte, der Desillusionierung einer revolutionär denkenden Architektin, die nun Siedlungen von "Fernsehhöhlen" baut, worauf sie erst der neue Liebhaber bringen muss.

 

Es ist brutal gut geschrieben, das Buch, aber es bleibt immer nur eine Beschreibung. Ich habe bis zum Schluss keine wirkliche Entwicklung bei Franziska ausgemacht und sie auch nicht näher kennengelernt. Sie hält die Distanz aufrecht, nicht nur zu den Arbeiterinnen in ihrem Wohnhaus, auch zur Leserin. Und allmählich beschlich mich das Gefühl, festzustecken, es kostete mich Mühe, den Faden wieder aufzunehmen, denn eigentlich, so flüsterte ein resigniertes Teufelchen, passiert da doch nix und ist sie wirklich so interessant, diese Frau, die sich ein wenig melodramatisch und liebeskrank immer wieder an ihren geliebten Ben wendet? Ich befürchtete und wusste es doch schon, das Buch könnte ausgehen, wie das richtige Leben, nämlich im Sande verlaufen, ohne Schlusspunkt, und mir bliebe nur das Schulwissen, dass es diese DDR nicht mehr gibt und dass ich da also gerade ein sehr persönliches, subjektives, sehr weibliches Vermächtnis gelesen habe.

 

Und so kann ich das Buch als langwierige, wunderbar ausformulierte, atmosphärisch und pointiert gestaltete Lektüre nur wirklich ambitionierten Leserinnen empfehlen. Diese werden aber ihre wahre Freude daran haben.


Aufbau, 2000

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