Ich war sehr gespannt auf The Woman in me, da ich natürlich viel mitbekommen habe von Britney Spears´ Aufs und Abs und ihren Abstürzen. Trotzdem habe ich mit dem Lesen gezögert, da ich mir nicht sicher war, ob es mich wirklich packen würde und ich generell nicht sooo gerne Sachbücher lese.
Als ich mich jetzt dran getraut habe, war ich zunächst positiv überrascht. Der Schreibstil liest sich zu Beginn flüssig und fast wie ein Roman. Britney Spears skizziert ihr Elternhaus bis zur Großelterngeneration und wir erkennen bereits hier Charaktereigenschaften und Verhaltensweisen, die sich bis heute leider in der Familie durchziehen. Alkoholabhängigkeit, Frauen, die in Nervenheilanstalten geschickt werden, um sie "ruhig zu stellen", ein Selbstmord, zerrüttete Ehen, Menschen, die sehr oft heiraten und immer wieder scheitern. Mittendrin die junge, talentierte Britney, die sich selbst sehr positiv zeichnet. Inmitten der wechselnden Vermögensverhältnisse ihrer Eltern, die mal wohlhabend sind, dann wieder durch die Trunksucht des Vaters alles verlieren, vermutlich Drogen nehmen und sehr häufig und sehr laut streiten wächst Britney auf mit einer starken Geltungssucht und dem Drang, im Mittelpunkt zu stehen durch ihre Tanz- und Gesangskünste. Sie bewirbt sich mithilfe ihrer Mutter bei Talentshows und wird schließlich Teil der Disney Gruppe zusammen mit Christina Aguilera, Justin TImberlake und Ryan Reynolds, wie man weiß.
Mit Justin kommt sie zusammen und er ist ihre erste große Liebe.
Die Geschichte, die Britney in ihrem Buch The Woman in Me erzählt, ist im Grunde ihr Leben von Geburt bis kurz nach Zurückerlangung der Eigenständigkeit, indem sie die Vormundschaft ihres Vaters endlich beenden lassen darf. Viele der Szenen hatte ich direkt vor Augen stehen - der kahl rasierte Kopf, ihre schnell aufeinander folgenden Schwangerschaften, die Blitz-Ehe mit ihrem Jugendfreund usw.
Was mich an der Lektüre vor allem gestört hat, ist wie wenig reflektiv Britney Spears schreibt. Sie ist ausschließlich das arme, süße Opfer und trägt im Grunde keine Verantwortung. Sie diagnostiziert sich selbst eine postnatale Depression - die von den Ärzten nicht gesehen worden sein soll. Ihre Kinder hat sie im Jahr 2005 und 2006 bekommen, ich meine in den Jahren 2004, 2007 und 2011 - und doch, da war die Medizin durchaus in der Lage, Anzeichen einer postnatalen Depression zu erkennen! Britney ist ja nicht in den 1950er Jahren Mutter geworden!
Ich habe gelesen, dass es sein kann, dass sie unter einer bipolaren Störung leidet und das würde für mich einiges an dem Text erklären. Ihr ist es unfassbar wichtig, sich selbst als süßes, unschuldiges Mädchen darzustellen und dafür kann es durchaus sein, dass sie einiges verdreht oder bewusst anders darstellt, als es eigentlich war. Dies zeigt sich vor allem in dem Text, indem sie immer wieder ihr armes, kleines Herz erwähnt und sich selbst so darstellt, als würde sie immer nur von allen gemocht werden wollen. Wenn sie darüber schreibt, wie sie Handwerker angeschrien hat und sich dafür sogar entschuldigt, so ein Monster gewesen zu sein, begründet und entschuldigt sie das mit dem Druck, unter dem sie stand. Das ist für mich absolut unreif!
Und auch sonst wirkt der Text nicht so, als habe ihn eine Frau in meinem Alter, also in ihren 40ern geschrieben, sondern eher wie ein unreifer Teenager, der noch immer nur von allen geliebt werden will.
Alles in allem keine Lektüre, die mir die Person Britney Spears näher gebracht hat, auch wenn ich nicht umhin kann, doch auch Mitleid mit diesem armen reichen Mädchen zu haben - allerdings nicht wirklich viel, immerhin jammert sie echt auf sehr hohem Niveau. Auch ihre ständigen Entzüge machen nicht wirklich Sinn, wenn es stimmt, dass sie nur ein bisschen getrunken haben will. Und wenn andere Menschen sehr schlimme Phasen ihres Lebens durchmachen müssen, dann können diese nicht zur Erholung nach Hawaii fliegen und im Meer schwimmen - und darüber jammern, dass sie das erst nach dem Ende einer Tour oder eines Engagements machen können.
Nein, schade, so richtig empfehlen kann ich das Buch eindeutig nicht.