Rezension zu "Des Teufels Schreiber" von Brunhilde Witthaut
Die Stärke des Romans liegt in der Storyführung. Brunhilde Witthaut flicht geschickt und glaubwürdig die fiktive in die historische Handlung um den Massenmörder Gilles de Rais. Nicht jede Szene ist notwendig – so hätte die Story beispielsweise ohne die absolut gefühllos und en passant erzählte Vergewaltigungsszene genauso gut funktioniert, auch auf Laurents alchemistische Versuche hätte ich mit Freuden verzichtet – doch im Wesentlichen sind die Handlungen schlüssig motiviert. Am Plot und der Storyline liegt es nicht, dass der Lesegenuss auf der Strecke bleibt.
Witthaut erzählt langsam und betulich, selbst rasante Ereignisse plätschern langsam dahin. Das ist Geschmackssache, manchen Lesern mag gerade das gefallen. Schlimmer ist, dass die Sprache oft sehr schlampig gehandhabt wird, da stimmen Bezüge nicht ("dessen" oder "dieser" beziehen sich beispielsweise viel zu oft auf eine weiter vorne im Satz oder gar Absatz befindliche Person, als dass es Zufall sein könnte), Grammatikfehler tauchen mit enervierender Regelmäßigkeit auf, und immer wieder setzt die Autorin ungenaue oder falsche Sprachbilder ein.
Diese Mängel stechen umso mehr ins Auge, als man beim Lesen nie wirklich eintauchen kann. De Rais' ersten Auftritt ausgenommen blieben für mich Landschaft und Burg farblos, das liegt vor allem daran, dass die Autorin zwar detailliert beschreibt, diese Beschreibungen aber nicht mit der Handlung verknüpft. Genauso geht sie mit dem Innenleben der Figuren vor, sie hat eine deutliche Vorliebe für Gedankenrede – leider nicht für erlebte Rede oder innere Monologe, sondern für eine bloße Nacherzählung. In der Nichtbeachtung der schriftstellerischen Grundregel "show, don't tell" liegt für mich das Hauptproblem des Romans.
Das zweite Problem besteht in der unglücklichen Wahl des Protagonisten. Laurent ist als Sympathieträger gänzlich ungeeignet, er ist ein farbloser, durchschnittlicher Charakter und bleibt eine reine Kopfgeburt und somit ungreifbar. Unterboten wird er nur mehr von Loan, kein Wunder, dass die Liebesszenen zwischen beiden kalt lassen. Mit Gefühl geschrieben wirkt nur Prelati, seine Stellen sind auch diejenigen, die meine emotionale Beteiligung hervorriefen. Witthaut wäre besser beraten gewesen, ihn zum Helden und Handlungsträger zu machen, sein innerer Konflikt fesselt durchaus. Auch de Rais lässt einen komplexen Charakter zumindest erahnen, schön wäre es gewesen, diesen Charakter in seinen Handlungen und Dialogen zu zeigen und nicht nur zu behaupten.
Insgesamt würde ich an dieser Stelle drei Sterne vergeben, der Roman ist nicht überragend, aber auch nicht grottenschlecht. Der weitere Abzug geht auf das Konto des Korrektorats. Jedem Selfpublisher macht man Rechtschreibfehler zum Vorwurf, doch hier tummeln sie sich geballt in einem Verlagsbuch. De Rais schreibt man am Satz- oder Absatzbeginn groß, auch die oben erwähnten Grammatikfehler, Wortwiederholungen und Copy-Paste-Ausrutscher hätten einem Korrektor auffallen müssen. Es handelt sich nicht um ein oder zwei übersehene Tippfehler, sondern wird durch die Masse zum kleinen Ärgernis.
Fazit: Eine schlüssig erzählte Story, die Lesern historischer Romane gefallen könnte, wenn sie nicht zu große Ansprüche an Figuren und spannende Erzähltechnik stellen.
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