Ein Buch über eine Wanderung entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze fand ich aus zweierlei Sicht sehr spannend. Zum einen habe ich die Wende mit 14 Jahren schon sehr bewusst erlebt und zum anderen ist es immer wieder interessant, wenn sich jemand einer Pilgerreise gleich "auf dem Weg" macht. Beim Lesen hat das Buch trotz einer flüssigen Sprache und versehen mit vielen Geschichten, Erinnerungen und persönlichen Erlebnissen mich dann doch enttäuscht.
Ich habe vergeblich nach der inneren Motivation gesucht, diesen langen Fußmarsch anzutreten. Politische Bekundungen sind mir da nicht genug. Und auch diese wage Andeutung findet sich erst nach einigem Blättern fast am Ende des Buches. Das andere große Manko, was mir das Lesen schwer gemacht hat, war die für meine Begriffe sehr einseitige Sicht eines Westdeutschen. So wird die Ankunft eines Zuges mit Ostdeutschen in einem westdeutschen Bahnhof wie folgt beschrieben: "Mit den Rentnern stieg der Duft der DDR aus dem Zug. Ein eigentümlicher, muffiger Geruch, der ein Stück weit auch den Zustand des Landes wiederspiegelte. Irgendwie roch es nach Mottenpulver, Zwei-Takt-Benzingemisch und nach Angst, Beklemmung und Wiedersehenstränen. Eigenartigerweise nahmen nur Wessis diesen besonderen Geruch wahr, die Ostdeutschen rochen nur Freiheit und 4711 Kölnisch Wasser." Ich kann dazu nur sagen, dass ich meine Kindheit keinesfalls in eine Atmosphäre aus Angst und Beklemmung verbracht habe, genau in demselben Dresden, in dem der Autor als Jugendlicher seine Westdeutschen Verwandten besuchte und sehr vom Prozedere der Einreise beeindruckt war. Es fehlt mir die Reflektion des Erwachsenen. Befremdlich war für mich auch, dass während der Wanderung so viele "Betreten verboten"-Schilder, Weidezäune und Ruhetage ignoriert wurden. Wenn ich mich als Pilger auf den Weg mache, sollte ich auch akzeptieren, wenn Gott nicht alle Türen für mich geöffnet hat. Es las sich für mich fast, als wäre der Autor auf einer höheren Mission, die alle Mittel rechtfertigt. Nur, dass nie klar wurde, welche das sein soll.
Bei einer solchen Wanderung sollte es aus meiner Sicht darum gehen, das Verbindende zu suchen und nicht das Trennende. Das Trennende zudem noch hochzuhalten und zu konservieren macht eine Verbindung eher unmöglich als dass es hilfreich wäre. Die Natur tut das einzig richtige. Sie lässt im wahrsten Sinne des Wortes Gras über die Sache wachsen.