Cover des Buches Das Drama des 21. Jahrhunderts (ISBN: 9783743162327)
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Rezension zu Das Drama des 21. Jahrhunderts von Burkhard Wehner

Das Drama des 21. Jahrhunderts

von Manuel2704 vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Ein visionäres Buch

Rezension

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Manuel2704vor 7 Jahren

Das Drama des 21. Jahrhunderts – schon der Titel des Buches machte mich neugierig. Er vermittelt als ersten Eindruck, es handelte sich hierbei um die historische Rückschau eines Zeitzeugen und damit eines Wissenden – wie es vom Autor ja auch beabsichtigt ist.

Was habe ich erwartet, bevor ich die erste Seite aufgeschlagen habe?
Ich rechnete mit der Darstellung eines subjektiven - auf der Grundlage der aktuellen Verhältnisse jedoch denkbaren- Entwicklungsszenarios des Weltgeschehens bis zum Ende des 21. Jahrhunderts, eingebettet in die fiktive beruflich-private Lebensgeschichte des Protagonisten Matthias Schmidt, Archivleiter des SPIEGEL-Verlags.
Diese Darstellung habe ich auch vorgefunden.

Ich habe auch damit gerechnet, eine Rahmenhandlung vorzufinden, die sich mit Themen wie Freundschaft, Abschied, Altern und persönlichem Verlust auseinandersetzt.
Auch diese Dinge bietet das Buch.

Die beschriebenen Bestandteile des Werks von Burkhard Wehner sind gefällig formuliert und stellen für den Leser leichte, jedoch keinesfalls außergewöhnliche Kost dar.

Das wirklich Außergewöhnliche an diesem Buch sind jedoch seine eigenen politisch-ideologischen Visionen sowie seine Ideenansätze für die Lösung weltweit bestehender Krisen und Konflikte, welche der Autor den wichtigsten handelnden Personen (Hauser, Constanze, Tian, usw.) in den Mund legt.
Diese Visionen und Ideenansätze sind in jedem Fall diskussionswürdig – auch wenn ich ihnen überwiegend sehr skeptisch gegenüberstehe, was seinen Grund jedoch keinesfalls darin hat, dass der Autor bisher Ungedachtes denkt. Es würde jedoch den Rahmen einer Rezension sprengen und einen gesonderten Essay erfordern, wollte ich mich in Breite und Tiefe damit auseinandersetzen.

Ich möchte es daher bei den wenigen nachfolgenden Anmerkungen belassen:

- Es ist mehr als zweifelhaft, ob das Nachgeben gegenüber separatistischen Bestrebungen durch Anerkennung entsprechender Referenden eine Befriedung der entsprechenden Regionen und Länder zur Folge hätte. Allein die deutsche Geschichte weist zahlreiche Beispiele auf, bei denen an sich zufriedene Minderheiten, deren Assimilationsprozess schon so gut wie abgeschlossen war, propagandistisch erst aufgestachelt werden mussten, um eine Krise zu provozieren. Demagogisch begabte Populisten, welche –nicht zuletzt bei Minderheiten- vorhandene Unzufriedenheit und Ressentiments zu schüren im Stande sind, wird es immer wieder geben und dagegen ist Willfährigkeit in Bezug auf separatistische Neigungen ein wenig taugliches Mittel.
- Ich stimme der These zu, dass die westlichen Demokratien in einer Krise sind, bin jedoch nicht der Auffassung, dass eine –wie auch immer geartete- „Weiterentwicklung“ diese Krise beseitigen kann. Bestimmte „Schwächen“, welche auch die Demokratie als Staatsform zweifelsohne hat, sind systemimmanent und müssen billigend in Kauf genommen werden. Die Demokratie befindet sich –wie jede andere Staatsform auch- in dem Dilemma, nicht gleichzeitig 2 entgegengesetzte Meinungen berücksichtigen zu können. Eine Mehrheitsentscheidung hat für die unterlegene Minderheit somit nicht einen unverbindlichen Vorschlag sondern ein Diktat zur Folge. Insbesondere in einer repräsentativen Demokratie besteht die Konsequenz dann in einer unübersehbaren Masse Unzufriedener, mindestens bei bestimmten Themenfeldern. Dies wird noch deutlicher unter Einbeziehung des Umstandes, dass jede Regierungskoalition –und nur solche Regierungen sind zukünftig z.B. in Deutschland noch denkbar- ohnehin nicht explizit den Wählerwillen wiederspiegelt. Meines Wissens befinden sich ja auf dem Wahlzettel nur Parteien im Zweitstimmen-Angebot und keine Parteienbündnisse. Berücksichtigt man last not least, dass es bei jeder Wahl konstant eine erhebliche Zahl von Nicht-Wählern gibt, ist insgesamt die Legitimation jeder zukünftigen Regierung ohnehin in Frage gestellt. Ein nicht zu unterschätzendes Potenzial von Unzufriedenen ist daher grundsätzlich als gegeben anzusehen.
- In China und der dortigen Entwicklung das mögliche Heil oder sogar die Genesung der europäischen bzw. sogar weltweiten politischen Kultur zu sehen, finde ich bemerkenswert wenn auch abenteuerlich. Die Menschheitsgeschichte weist in ihrem Verlauf die Konstruktion aller erdenklichen Staatsformen im Gefolge verschiedenster Ideologien auf und nichts davon war bisher krisenfrei und damit ideal. Auch die klugen Köpfe in China sind menschlich und daher fehlbar. Eine überraschend lange Periode wirtschaftlichen Wachstums in einem kommunistischen Ein-Parteien-Staat sollte diesen Aspekt nicht verschleiern.


Insgesamt finde ich das Buch in seiner Rahmenhandlung gelungen und in seiner inhaltlichen Ausrichtung bemerkenswert, wenn auch streitbar. Ich kann es jedem politisch Interessierten als Lektüre empfehlen mit der Maßgabe, es mindestens 2-mal zu lesen. Eine Bereicherung für den eigenen politischen Horizont ist es allemal und dafür vergebe ich gutgemeinte 4 Sterne.
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