‚Geschichtsloses Handeln wäre blind gegenüber den historischen Erfahrungen, und die aktive Aneignung der Geschichte schärft das Bewusstsein für die professionelle Verantwortung.‘ (Seite 9)
Burkhart Brückner erzählt in seinem Buch von der Geschichte der Psychiatrie vom Altertum über das Mittelalter, die Renaissance, den Absolutismus und die Aufklärung bis zum 19. und 20. Jahrhundert.
Das Buch enthält zudem 36 Abbildungen in s/w, die das Geschriebene unterstreichen und veranschaulichen, am Ende jedes Kapitels weiterführende Literaturempfehlungen sowie ein umfangreiches Literaturverzeichnis am Ende des Buches.
Ich habe mich schon ein wenig mit verschiedenen Aspekten der Geschichte der Psychiatrie befasst, v.a. Psychiatrie während des Nationalsozialismus und in der DDR. In ‚Kurze Geschichte der Psychiatrie‘ bekommt der Leser umfangreiche Informationen zu verschiedensten Epochen der deutschen/europäischen Geschichte, wobei der Autor auch immer wieder einen Blick über den Tellerrand, z.B. nach Japan, ermöglicht.
Ich empfand das Buch als sehr informativ, und die Einbettung der Psychiatriegeschichte in die Weltgeschichte, die Medizingeschichte und in philosophische Betrachtungen hat mir ausgesprochen gut gefallen. Allerdings fand ich den Schreibstil ein wenig trocken und hätte mir hier ein etwas aufgelockerteres, unterhaltsameres Buch gewünscht, obgleich ich inhaltlich rundum zufrieden war.
Schön fand ich die weiterführenden Literaturempfehlungen am Ende der jeweiligen Kapitel, die es dem Leser leicht machen, sich tiefer mit einem bestimmten Thema auseinanderzusetzen.
Burkhart Brückner
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
Alle Bücher von Burkhart Brückner
Die abklingende Psychose: Verständigung finden, Genesung begleiten (Fachwissen)
Geschichte der Psychiatrie (Basiswissen)
Kurze Geschichte der Psychiatrie
Neue Rezensionen zu Burkhart Brückner
Rezension zu "Die abklingende Psychose: Verständigung finden, Genesung begleiten (Fachwissen)" von Jann Schlimme
sabatayn76vor 5 Jahren‚Mit ihrem Buch tragen Jann E. Schlimme und Burkhart Brückner zu der wichtigen Diskussion um die Wertschätzung und Verarbeitung psychotischer Erfahrungen bei, der sich die Betroffenen in ihrem Umgang mit den oft zutiefst erschütternden Erfahrungen stellen müssen.‘ (Seite 8)
Der Aufbau von ‚Die abklingende Psychose‘ orientiert sich am Genesungsverlauf. Es werden u.a. die Phasen des Genesungsverlaufs mit dem Erreichen eines Wendepunkts, dem Wahrnehmen und Differenzieren doppelter Realitäten, dem ‚Parken‘ psychotischer Realität und einer integrierten Psychoseerfahrung thematisiert, bevor die Autoren ein Modell der abklingenden Psychose vorstellen.
Im Verlauf widmen sich Schlimme und Brückner dem Begleiten der Genesung, d.h. mit der praktischen Anwendung des Modells der abklingenden Psychose, setzen sich mit dem Verständnis von Normalität auseinander und bieten einen Einblick ins Forschungsfeld im Zusammenhang mit abklingenden Psychosen.
Ich kenne beide Autoren bereits von anderen Veröffentlichungen: Schlimme durch das großartige Buch ‚Medikamentenreduktion und Genesung von Psychosen‘, Brückner durch seinen gelungenen Basiswissen-Titel ‚Geschichte der Psychiatrie‘.
Ich empfand ‚Die abklingende Psychose‘ als inhaltlich extrem relevant und wichtig, sprachlich jedoch als schwer zugänglich. Der Schreibstil war für mein Empfinden etwas zu umständlich, so dass sich das Buch - anders als andere Bücher des Psychiatrie Verlags und im Gegensatz zu den mir bereits bekannten Büchern der Autoren - eher schwerfällig lesen ließ, meine volle Konzentration und bisweilen einen etwas langen Atem benötigte.
Allerdings ist ‚Die abklingende Psychose‘ vor allem durch die zahlreichen Zitate von Betroffenen und die Fallbeispiele sehr wertvoll, um sich in die Gedanken- und Gefühlswelt von Menschen mit Psychoseerfahrungen hineinversetzen zu können. Dadurch, dass Betroffene selbst zu Wort kommen, finden sich im Buch zahlreiche pointierte Beschreibungen, die es ermöglichen, psychotisches Erleben (soweit wie das für Nicht-Betroffene überhaupt möglich ist) erfahrbar zu machen.
Auch die Grafiken haben mir gut gefallen, da sie z.B. die unterschiedlichen Phasen des Genesungsverlaufs auf ebenso einfache wie verständliche Weise veranschaulichen.
Ich bin schon seit vielen Jahren – erst als Krankenschwester, dann als Psychologin – im Psychiatriebereich tätig, und natürlich habe ich dadurch und durch Schul- und Allgemeinwissen einige Einblicke in historische Aspekte der Psychiatrie erhalten, aber explizit mit der Geschichte der Psychiatrie hatte ich mich bis dato noch nicht beschäftigt. Ich fand aber, dass es allmählich Zeit wurde, so dass ich Burkhart Brückners Buch gelesen habe.
Brückner, u.a. Professor für Sozialpsychologie, erzählt in seinem Buch eine knappe Geschichte der Psychiatrie von der Antike bis zur Gegenwart. Sein Fokus liegt dabei auf europäischen Traditionen und dem Umgang mit schweren psychischen Erkrankungen.
In jedem einzelnen Kapitel seines Buches (Altertum - Mittelalter - Renaissance - Barock und Aufklärung - 19. Jahrhundert - 20. Jahrhundert) stellt Brückner zentrale Versorgungsmodelle und -theorien, wichtige Forscher und/oder Fallberichte vor, wodurch er ein komplexes Bild der jeweiligen Epoche vermittelt und einen gelungenen Einblick in die Versorgung von psychisch Kranken bietet.
Besonders spannend fand ich die Ausführungen zu Epochen, mit denen ich mich im Zusammenhang mit Psychiatrie noch nicht genauer befasst hatte, sowie die Schilderungen zur Änderung von Terminologie, Ursachenzuschreibung, Behandlung sowie Konsequenzen psychischer Erkrankungen.
‚Geschichte der Psychiatrie‘ ist flüssig lesbar, übersichtlich aufgebaut, fundiert und zeigt auf eindrückliche und oftmals erschreckende Weise, dass die bisweilen katastrophalen Zustände für psychisch Kranke regelrecht Tradition haben und dass in der Geschichte immer neue unmenschliche Ideen entwickelt wurden, die sich bis zu Euthanasie, aber auch zu Insulinschocktherapie, Fixierung, Zwangsmedikation und Überdosierung mit Antipsychotika zur bloßen Ruhigstellung fortsetzten:
‚Die Geschichte der Psychiatrie ist nicht von der Vorstellung zu trennen, dass Erregungszustände, aggressive Ausbrüche sowie Gewalttaten der Patienten mit Gegengewalt zu beantworten seien.‘ (Seite 83)
Glücklicherweise - und lange überfällig - lässt sich langsam eine gewisse Wende beobachten, auf die ich persönlich viel Hoffnung setze und von der ich mir wünsche, dass sie noch schneller voranschreitet, die Situation von Menschen mit psychischen Erkrankungen endlich verbessert und das Stigma, das mit psychischer Krankheit assoziiert ist, deutlich minimiert.
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