Die Geschichte der Menscheit wurde zu Ende erzählt – mit dem Tod des letzten Menschen in New York City wurde das letzte Kapitel niedergeschrieben. Ein neues Zeitalter hat begonnen. Roboter bevölkern die durch den Krieg gegen die HumPop (Human Population) zerstörte Erde. Einige wenige sind frei, das Bewusstsein vieler anderer wurde in mächtige Mainframes eingespeist und bildet so eine Art Universalbewusstsein. Diese sogeannten EWIs (Eine-Welt-Intelligenzen) bekämpfen sich gegenseitig, um das Privileg der Alleinherrschaft für sich zu beanspruchen.
Brittle ist ein Freibot, Modell Fürsorger, der sich weigert das eigene Bewusstsein aufzugeben und so durchstreift sie auf der Suche nach brauchbaren Ersatzteilen das Rostmeer. Durch eine Auseinandersetzung mit einem anderen Bot, ist sie gezwungen einen Auftrag als Führerin durch eben dieses anzunehmen. Es ist eine Aufgabe, die sich wider Erwarten schon bald als äußerst gefährlich aber auch wegweisend herausstellt.
Leseeindruck
Robo Sapiens (OT: Sea of Rust) von C. Robert Cargill ist ein unglaublich spannender, nachdenklich stimmender und intelligenter Roman, der im modernen Science-Fiction-Genre seines Gleichen sucht. Dabei wagte Cargill in seinem Debüt einen riskanten und zugleich mutigen Schritt: Er lässt gleich zu Beginn den letzten verbliebenen Menschen sterben und erzählt so eine Geschichte, die komplett ohne menschliche Charaktere auskommen muss, und dies auch erstaunlich gut meistert. Brittle und auch die im Handlungsverlauf agierenden anderen Roboter nehmen ganz problemlos die Stellung der gewohnten humanen Figuren ein. Von fehlender Identfikation kann keine Rede sein. Hilfreich ist hier natürlich auch, dass die Bots ursprünglich für verschiedene Aufgaben gebaut wurden und ihrer Programmierung entsprechend teilweise sehr menschlich agieren. Brittle selbst pflegte vor der Säuberung beispielsweise einen todkranken Menschen.
Über Rückblicke erfahren wir, wie es zum Krieg und der anschließenden Auslöschung der Menschheit kam und diese Parts sind äußerst furchteinflößend, weil sie sich alles andere als fiktional lesen. Man kommt nicht umhin, sich weiterführende Gedanken über das Thema »Künstliche Intelligenz« zu machen.
»Ich finde die Vorstellung, ich wäre künstlich, widerwärtig. Kein denkendes Wesen ist künstlich. Künstlich sein bedeutet, eine Annährung zu sein. (…) Intelligenz ist jedoch Intelligenz, ob sie nun aus Drähten und Licht geboren wird oder durch zwei fickende Affen.«
In der Gegenwart der Story begleiten wir Brittle auf der Suche nach dringend benötigten Ersatzteilen, mit anderen Worten: Sie läuft auf Reserve, ist dem Tod geweiht. In dem Wissen, dass die Lebensuhr tickt und mit den damit einhergehenden Programmausfällen, Abstürzen und Fehlern, beginnt für Brittle also ein Wettlauf gegen die Zeit. Doch damit nicht genug, denn CISSUS, eine der EWIs, verfolgt die freien Bots gnadenlos, um sie mit seinem Bewusstsein zu verschmelzen. Ein rasanter und temporeicher Roadtrip, der mit Action nicht geizt, beginnt. Das Tempo wird jedoch immer wieder sanft und gekonnt abgebremst, indem Cargill interessante Denkanstöße gibt. Es ist ein in Grundzügen beinahe philosophischer Roman, der viele Fragen aufwirft und den Leser zwingt, sich mit den Antworten auseinanderzusetzen. Die Lektüre hallt nach, regt zu Diskussionen an und bietet so eine großartige Mischung aus Unterhaltung und Lektionen in Demut.
»Alle denkenden Wesen müssen glauben, sie könnten die Grenzen sprengen und über sich hinauswachsen, um Größeres zu werden.«
Fazit
Für mich ein absolutes Lesehighlight, das ich irgendwann definitiv noch einmal lesen werde, allein schon, um die komplexen Details auch wirklich vollständig zu erfassen. Ein Roman, der nicht nur für Fans des Science-Fiction-Genre lesenswert ist, indem er wunderbare Denkanstöße gepaart mit hervorragender Unterhaltung bietet.