Rezension zu "Herr Pfefferminzky" von C. T. Mehrhof
Quelle: Verlag / vlb
„Ganz unprätentiös werden grundlegende menschliche und tierische Wahrheiten transportiert ...“ Mit dieser Aussage wird die Geschichte von der Autorin vorgestellt. Eine schöne, bescheidende Einführung, welche ihre Berechtigung hat. Denn oft sind es gerade die einfachen und unkomplizierten Dinge, welche einem die größte Freude bereiten. Und genauso ist es mit diesem Buch.
Cover und Illustrationen entsprechen dem Motto. Sie sind einfach, geradezu kindlich gehalten. Keine raffiniert ausgearbeiteten Figuren, keine überladen auf den Betrachter einstürzenden Bildgeschichten. Schnell erfassbare Zeichnungen, welche Raum für Phantasie lassen und ein Kind geradezu auffordern, diese zu übernehmen und eigene Bilder damit zu erschaffen.
Der Text ist nicht ganz so einfach gestaltet, liest sich aber angenehm und flott, während die humorvolle Schreibweise der Autorin auch einem erwachsenen Leser viel Spaß und Kurzweil bietet.
Dafür steigt der Leser aus der Sicht des Hasen Herrn Pfefferminzky in die Geschichte ein. Einem Socken klauenden und in einer in einem Wachholderbaum eingerichteten Wohnung lebenden Hasen, der seinen Socken Schatz, einem plüschigen Gollum gleich hütet. Doch Herr Pfefferminzky klaut nicht einfach nur Socken, es müssen schon spezielle sein. Ringelsocken. Socken, welche andere auf ihren Wäscheleinen vermissen … Und so führt sich das kleine Mädchen Maya in die Geschichte ein. Sie sucht die Socken ihrer Oma und findet Herr Pfefferminzky - sehr zu seinem Ärger und Schrecken - und es beginnt eine entfernt von Alice im Wunderland angehauchte Erzählung. Mit ausgefallenen Ideen wächst und verästelt sie sich rasch zu einem märchenhaften Rätsel, um die Jagd auf den Dieb der verschwundene Ringelsocken.
Man lernt Mayas Großeltern, Mutter und deren Freundinnen kennen, welche den Möhrendörfer Hof der Lüneburger Heide bevölkern. Parallel dazu entwickeln sich Handlungsstränge, über welche man in die Welt des eigensinnigen Herrn Pfefferminzky geführt wird. Erfährt, dass er kein normaler Hase mit voll eingerichteter Wohnung und Zylinder ist, sondern aus der Anderswelt stammt. Eine Welt über welche Frau Holda wacht, bevölkert von Handy benutzenden Zwergen, Feen, Druiden, Dschinns und sprechenden Tieren, welch durchaus auch mal einen menschlichen Computer hacken. Figuren alter, teilweise der Region verhafteter Mythen und Sagen treffen auf die moderne Welt. Dabei sind die Akteure der Anderswelt, wie auch jene der realen Welt, liebevoll gezeichnet.
Auf klischeebehaftete Stereotype hat die Autorin dabei bewusst verzichtet. Frauen fahren schwere Motorräder und die Oma schwingt locker den Schmiedehammer. Wobei ganz nebenbei, anhand von Mayas blindem Opa, die Lebenssituationen von Menschen aufgezeigt werden, welche mit einer Behinderung leben. Ohne erhobenem Zeigefinger wird anhand der gespiegelten Situation gezeigt, wie Inklusion laufen kann und soll.
Wie man sieht, ist diese Geschichte also gar nicht so einfach gestrickt. Die einzelnen Handlungsstränge entwickeln sich rasch und dicht nebeneinander her und verflechten sich eng miteinander. Aufmerksames Lesen ist aufgrund der vielseitigen Szenenwechsel durchaus gefordert und prädestiniert diese Geschichte geradezu zum Vor- bzw. Miteinanderlesen und miteinander darüber zu reden.
Und mehr will ich auch nicht sagen, da ich ansonsten zu viel verrate, und ich möchte niemandem den Spaß nehmen, diese liebevoll gestaltete Geschichte selbst zu entdecken. Auf alle Fälle gibt es von mir, für dieses ausgefallene Kinderbuch, fünf von fünf wohlverdiente Ringelsocken.
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