„Es ist ein Mädchen“ - dies ist nicht nur der Titel des Buches, sondern auch der erste und letzte Satz des Textes. Zwischen diesen beiden Sätzen erfahren wir Leser/innen, was es in den 50er Jahren bedeuten konnte, als Mädchen geboren zu werden, wenn die Eltern sich doch innigst einen Jungen gewünscht hatten. Einen Jungen, der das erwartete und vollkommene Kind für sie gewesen wäre. Die Kapitel 1-3, in der ansprechenden Du-Form, bzw. der erzählenden Ich-Form geschrieben, lassen uns teilhaben, an der Ankunft des Mädchens und ihren ersten Eindrücken ihres eigenen Lebens. Schnell merken wir, dass sich viele Gedanken um ihr Selbstwertgefühl ranken, denn sie muss feststellen, dass es neben ihr auch noch Jungen gibt.
Im 4.Kapitel wechselt die Erzählposition in die dritte Person. Quasi als Beobachtende begleiten wir das Mädchen, und müssen Zeug/innen von übergriffigen und gewaltvollen Familienszenen werden. Von dem Mädchen wird Verschwiegenheit und Duldsamkeit erwartet und so lernt sie ihre ihr zugedachte Rolle weiter kennen.
Wir begleiten das Mädchen durch viele Jahre ihres Lebens, bis zur eigenen Mutterschaft, wo die Frage nach einem Sohn oder einer Tochter ebenfalls ihr Schicksal beeinflusst.
Erst in der Auseinandersetzung mit der Tochter und deren Akzeptanz ein Mädchen zu sein, kann die weibliche Rolle von der Protagonistin unverfänglicher gesehen werden.
Der Schlusssatz „Es ist ein Mädchen“ ist für mich wie ein gelungener „Paukenschlag“ am Ende einer langen Auseinandersetzung und gleichsam die „Krönung“ des Textes.
Das Buch ist in einer sehr angenehm lesbaren Sprache geschrieben, die die Vertrautheit der Personen, vor allem der des Mädchens gut vermittelt.
Das Thema der Gleichstellung von Jungen und Mädchen ist in unserer Gesellschaft noch immer ein nicht vollständig verarbeitetes Problem. Es bedarf noch vieler Bücher, wie diesem und vor allem noch vieler Menschen, die diese auch lesen!
Ein absolut zu empfehlendes Buch!