Ein wichtiges und längst überfälliges Buch: van Schaik und Michel zeichnen die kulturelle Entwicklung der Rolle der Frau von der Sesshaftwerdung bis in die Neuzeit nach. Ihr Befund: Nicht die Biologie, sondern kulturelle Prozesse führten zur Unterdrückung von Frauen.
Die Stärke des Buches liegt im roten Faden, der historische, biologische und anthropologische Zusammenhänge zu einer klaren Erzählung verbindet. Zugleich gibt es Schwächen: Schon zu Beginn bauen die Autoren auf einem fragilen Fundament, indem sie einen nur provisorisch gedeuteten ugaritischen Schöpfungsbericht zum Ausgangspunkt machen. Hinzu kommen Wiederholungen, die das Buch unnötig in die Länge ziehen.
Viele Thesen sind plausibel und faktenreich, andere bleiben eher spekulativ. Dennoch gelingt es den Autoren, eine eindringliche Erzählung über die langsame Entstehung der Benachteiligung und Unterdrückung von Frauen zu entwerfen. Ein gutes aber nicht in allen Punkten überzeugendes Buch – weshalb es für mich keine volle Punktzahl bekommt.
Carel van Schaik
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
Alle Bücher von Carel van Schaik
Das Tagebuch der Menschheit
Die Wahrheit über Eva
Mensch sein
Neue Rezensionen zu Carel van Schaik
Ich habe den Titel als Hörbuch kennengelernt und habe mir danach die Printausgabe besorgt. Das Hörbuch habe ich inzwischen mindestens dreimal gehört, in Teilen noch öfter.
Aber warum? — Was hat mich an diesem Buch gefesselt?
Einerseits ist es der Bezug auf Evolution und Archäologie, andererseits ist es die Perspektive auf unser gegenwärtiges Leben, unsere gesellschaftlichen Strukturen und religiösen Praktiken.
Den Autoren gelingt es schlüssig darzustellen, wie kurz der Zeitraum unserer überlieferten Geschichte im Vergleich zur gesamten Evolution des Menschen ist. Diese Kürze der Zeit, die überlieferte Geschichte, macht im Vergleich zur gesamten menschlichen Entwicklung weniger als 1% der Menschheitsentwicklung aus! Über 99% der menschlichen Entwicklung lebten Menschen in kleinen, egalitären Gruppen als Jäger und Sammler. Diese Tatsache hatte starken Einfluss auf unsere Entwicklung. Die Autoren arbeiten in ihrem Buch die Konsequenzen für unser heutiges Leben, Lebensgefühl und unsere Sozialstrukturen klar heraus.
Ein höchst spannendes und informatives Buch, das — nicht zuletzt — durchaus bedenkenswerte Impulse für unser gegenwärtiges Zusammenleben liefert. Mich hat es schließlich zu meinem Buch „Nurmi und der Klang des Kosmos“ inspiriert, in dem der 10-jährige Wolfgang eine Reise durch die menschliche Evolution und Archäologie unternimmt.
War es schon immer so, dass das „starke Geschlecht“, also die Männer, mehr zu sagen haben als die Frauen? Leben wir heute – in den westlichen Demokratien – in einer Ausnahmewelt, in der auch die Frauen Mitspracherecht haben und sogar Kanzlerin werden können?
Nein, eher nicht: Carel van Schaik und Kai Michel beschreiben in „Die Wahrheit über Eva“ die Entstehung des als normal empfundenen patriarchalen Systems, somit die Historie der mangelnden Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen. Ein wirklich spannendes Buch, das vieles dessen, was wir als „normal“ oder „natürlich“ empfinden, als gesellschaftlich bedingt entlarvt.
Ein Zitat soll Lust auf das spannende Buch machen:
„Wir haben es mit einer männlich deformierten Realität zu tun, die so tut, als sei sie die tatsächliche Wirklichkeit, dabei ist sie nur ein kulturelles Produkt, eine Simulation. Geschichten wie die von Eva, immerhin der Anfang des mächtigsten Buchs der Weltgeschichte, dienten dazu, den Frauen (und Männern) zu suggerieren, dass diese Verzerrung die Normalität sei, gottgegeben. Wir leben in einer patriarchalen Matrix – der Patrix.“ (S. 31)
Es gibt keinen naturgegebenen Grund, warum Männer und nicht Frauen –oder aber beide – herrschen sollten. Es liegen kulturelle Ursachen vor. Die entwickeln sich, wie die zwei Autoren darstellen, im Wechsel von den Jäger-und-Sammler-Kulturen zu landwirtschaftlich und von Mangel geprägten Siedlungsformen über früh-christliche und römisch-griechische Einflüsse bis zum Wirken der katholischen Kirche.
Vom Inhalt her sehr interessant, zudem gut geschrieben. Ich habe das Buch gerne gelesen und mich dabei oftmals gefragt: Wie wäre die Welt geworden, wenn wir ausgehend von keltischen und germanischen Kulturen ohne römische und katholische Einflüsse eine Zivilisation aufgebaut hätten?
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