Carl Amery gelingt mit dieser besonderen Form von Science-Fiction der sehr anspruchsvollen Art ein spannendes Werk, welches vom Leser neben einem gehobeneren Wortschatz nicht nur etwas detailliertere Geschichtskenntnisse fordert und fördert, sondern ihn auch in einer schön-verwobenen Geschichte aus Historie und Fiktion in eine Welt entführt, die gar nicht so weit neben der unseren existiert und ihr- vielleicht- weiterhin innewohnt.
Carl Amery
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
Alle Bücher von Carl Amery
Der Untergang der Stadt Passau
Das Geheimnis der Krypta
An den Feuern der Leyermark
Die Wallfahrer
Hitler als Vorläufer
Briefe an den Reichtum
Global Exit
Neue Rezensionen zu Carl Amery
Carl Amery hat in der Anthologie Briefe an den Reichtum vornehmlich Briefe gesammelt, die an den Kapitalismus gerichtet sind, an den Neoliberalismus und an eine Wirtschaftsweise, die auf Gier und auf der endlosen Anhäufung von Kapital beruht, ohne jegliche Rücksicht auf Umwelt und Gesellschaft zu nehmen.
Die Texte scheuen keine Konfrontation. Sie nennen Namen und Fragen und klagen an. Besonders die Manager werden dabei in den Briefen von Harald Schumann und Oskar Negt unter die Lupe genommen. Beide Autoren decken das ungerechte Verhältnis, das zwischen Arbeitsleistung und Gehalt besteht, auf. Sie stellen dar, wie Manager und Vorstände sich durch Prämien in Millionenhöhe bereichern, um im nächsten Moment die Streichung von Tausenden von Arbeitsplätzen zu erklären. Auch nennen sie Beispiele für eine Klassenjustiz, die Steuerhinterziehungen und Finanzkriminalität nicht ahndet. Ihre Briefe zeigen eine Refeudalisierung der Verhältnisse und Zerfallstendenzen der Demokratie und des Sozialstaates auf.
In den anderen Beiträgen setzt sich die Anklage an den Reichtum und die Forderung nach Moral, nach Anstand, nach Verantwortung und einer Pflicht der Reichen dem Gemeinwohl gegenüber fort. Auch mangelt es den Autoren der Anthologie nicht an Ideen für eine bessere, eine gerechtere Gesellschaft. Am einprägsamsten ist dabei wohl Andres Eschenbachs Vorschlag: “Lachen Sie die Plakate Ihrer Banken aus”.
Die Anthologie hat seit ihrem Erscheinungsjahr 2005 an keinerlei Aktualität eingebüßt. In Zeiten von immer skrupelloserer Finanzkriminalität, die durch Skandale wie Cum-Ex und Wirecard nur bruchstückhaft an die Öffentlichkeit gelangt, sind die Briefe wahrscheinlich sogar wichtiger denn je. Die Beiträge rütteln auf, nennen Namen, klagen an, scheuen keine Konfrontation und dringen mal durch Satire, mal durch Fakten und konkrete Lösungsvorschläge zum Kern unserer heutigen sozialen, ökologischen und ökonomischen Probleme: die Gier und die “Unendlichkeit der Akkumulation”.
Verläuft Geschichte Notwendig? Also: bestimmen Ereignisse bereits die folgenden Ereignisse? Oder auch: ist der Verlauf der Welt Vorbestimmung und Schicksal unterworfen? Wer sich für solche Fragen interessiert, entwirft oft alternative historische Szenarien. Carl Amery lässt beispielsweise knapp 600 amerikanische Bürgerkriegsveteranen in den Deutschen Krieg eingreifen – und Bayern, bzw. die Leyermark zum wichtigsten zentraleuropäischen Staat werden.
- warum lesen? interessantes Szenario, fragmentarischer Stil, Thematisierung u.a. von historischer Notwendigkeit und Rassismus
- ein Buch für: Philosophen, Geschichtsinteressierte
Das Setting flasht mich dermaßen. Ein bayerischer Beamter, der von der historisch notwendigen Niederlage Bayerns im Deutschen Krieg gegen Preußen ausgeht und in einem Akt vorgreifenden Ungehorsams bedeutende Anteile des Militärbudgets dafür ausgibt, Waffenrestbestände aus dem amerikanischen Bürgerkrieg zu ordern – an deren Existenz er gar nicht glaubt. Die Waffen treffen allerdings tatsächlich ein, samt ihrer Besitzer – erfahrene Recken des Bürgerkriegs. In diese 560 Herren bringen alles durcheinander und verhelfen letztendlich Bayern, bzw. der Leyermark zum Sieg.
Ich erwartete einen trashigen, abgedrehten Mix aus Western und Science Fiction mit viel Kampf und Action. Ich bekam einen eliptischen fragemtartigen Roman, der die Geschichnisse aus der Perspektive von etwa 15 verschiedenen Protagonisten, die keineswegs untereinander Kontakt haben. Es sind kurze Szenen, Reden, historische Abhandlungen, Verhörszenen. Die immerhin chronologisch geordnet, das Geschehen keineswegs vollständig abbilden. Die Sprache ist teils technisch, wissenschaftlich, teils prosaisch, teils von bayerischem, amerikanischen und französischen Akzent durchtränkt. Nicht immer leicht verständlich, eher anspruchsvolle Literatur.
Das ständige Gewechsel hat zur Folge, dass nur ganz wenige Charaktere wirklich Tiefe erhalten. Sämtliche Bürkerkriegsveteranen bleiben oberflächlich, lediglich er Beamte, der die Entwicklungen lostrat sowie eine Muße, die im Laufe der Geschichte mit mindestens drei Männern anbandelt, erhalten charakterliche Tiefe.
Mit anderen Worten: Das Buch enttäuschte mich etwas. Werde es dennoch ein zweites Mal lesen – sofern ich mich zuvor etwas intensiver mit dem Deutschen Krieg auseinandergesetzt habe. Ich vermute nämlich allerhand Anspielungen. So konnten die Preußen den Deutschen Krieg unter anderem aufgrund besserer Waffentechnik gewinnen. In Amerys Buch gewinnt Bayern aufgrund der hervorragenden amerikanischen Rifles.
Interessant ist vielleicht noch, wie Amery das Thema Rassismus aufgreift. Entsprechende Koflikte entstehen zwischen den Amerikanern – darunter auch Indianer, Mexikaner, Iren und Schwarze – und der ländlichen Bevölkerung Bayerns und münden in einem Fall im Mord – der aber nur in einem Nebenstrang erzählt wird.
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Zusätzliche Informationen
Carl Amery wurde am 09. April 1922 in Deutschland geboren.
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