Carla Del Ponte

 4,6 Sterne bei 7 Bewertungen

Lebenslauf

Carla Del Ponte, geboren 1947 im Kanton Tessin, ist eine Schweizer Juristin und Diplomatin. Nur zufällig entging sie bereits in den 1980er Jahren einem Attentat der Mafia. Von 1999 bis 2007 war sie Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofes für die Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien und für den Völkermord in Ruanda. Sie war von 2008 bis 2011 Botschafterin der Schweiz in Argentinien und von 2011 bis 2017 Mitglied einer UNHCRKommission, die Menschenrechtsverletzungen in Syrien im dortigen Bürgerkrieg untersuchte. 2008 veröffentlichte sie ihre Autobiografie „Die Jagd – Ich und die Kriegsverbrecher."

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Carla Del Ponte

Cover des Buches Ich bin keine Heldin (ISBN: 9783864891137)

Ich bin keine Heldin

 (4)
Erschienen am 07.06.2021
Cover des Buches Im Namen der Anklage (ISBN: 9783596185207)

Im Namen der Anklage

 (3)
Erschienen am 01.06.2010

Neue Rezensionen zu Carla Del Ponte

Cover des Buches Ich bin keine Heldin (ISBN: 9783864891137)
awogflis avatar

Rezension zu "Ich bin keine Heldin" von Carla Del Ponte

Menschenrechte, DRINGEND!
awogflivor 3 Jahren

Carla del Ponte hat ein sehr wichtiges Buch geschrieben, das sich mit Menschenrechten, Kriegsverbrechen und deren Ahndung vor dem Internationalen Strafgerichtshof beschäftigt.

Fast schon aus einer Verzweiflung heraus, schildert sie mehrere Fälle von Genoziden, deren Sichtbarmachung und Ermittlungen durch die unterschiedlichen Institutionen, die Formulierungen von Anklagen, wie manche Verfahren tendenziös abgewickelt wurden, wie wichtige Länder im UN-Sicherheitsrat gegen Ermittlungen und Anklagen durch Veto oder andere politische Intrigen intervenieren und Verfahren beeinflussen oder so verschleppen, dass nichts mehr dabei rauskommt. Sie erklärt sehr plastisch anhand von konkreten Beispielen, welche Institutionen Menschenrechte vertreten und durchfechten, wie diese Institutionen überhaupt funktionieren, wie sie formal auf Basis des Völkerrechts und der UN-Institutionen zusammenspielen, wie sie behindert werden können und wie auf sie finanzieller und politischer Druck von unterschiedlichen Ländern ausgeübt wird. Dabei prangert Del Ponte nicht nur Missstände an, sondern liefert sogar konstruktive Reformvorschläge. Eine Insiderin erklärt uns also sehr persönlich und auch emotional – was ich grandios finde – wie Menschenrecht gesprochen, aber auch verhindert wird.

So begeistert ich prinzipiell vom Inhalt bin, so mau finde ich leider die Ausführung. Carla del Ponte ist Juristin und Insiderin und sollte als nicht professionelle Autorin unbedingt von Verlag und Lektorat viel intensiver unterstützt werden. Das heißt für mich eben auch, dass die Profis hier viel mehr in die Gestaltung des Buches hätten eingreifen müssen, um die typischen schriftstellerischen Anfänger-Schnitzer zu verhindern. Ausufernde Redundanzen müssten beseitigt und der spröde in juristischem Fachsprech verfasste nicht gute Beginn vereinfacht werden.

Die Autorin beginnt mit einem historischen Abriss, wie das Völkerrecht aus der Beschränkung des Kriegsrechts entstanden ist und wie es sich weiterentwickelt hat: erste Bestrebungen nach dem 30jährigen Krieg, dann natürlich nach dem ersten Weltkrieg und dem 2. Weltkrieg, auch wie die Institutionen und wie der Gerichtshof in Den Haag gegründet wurden. Wie schon allgemein gesagt, der Beginn mit der Erklärung der Institutionen war spröde, juristisch langatmig und mühsam. Man muss nicht im Wortlaut Gründungsurkunden und Paragraphen zitieren, das geht auch zusammengefasst und knackiger erzählt.

In den konkreten Fallbeispielen zum Kriegsverbrechertribunal im Jugoslawienkrieg wird es dann sehr spannend. Hier kann Del Ponte mit ihrem Insiderwissen punkten und führt genau an, wie die Anklagen aufgebaut und Hürden überwunden wurden. Sie bezeichnet das gesamte Verfahren eigentlich als Erfolg mit einem kleinen Wehmutstropfen, denn nach den Serben auch noch die kroatischen und bosnischen Kriegsverbrechen zu ahnden, dafür war der politische Wille nicht mehr da und sie wurde dabei behindert.

Auch der Genozid in Ruanda, bei dem sie Chefanklägerin war, wird genau beschrieben. Wie die politische Situation eskalierte, welche Kriegsverbrechen von wem im Detail begangen wurden und wie sie versuchte, alle Taten anzuklagen und zu ahnden. Auch hier durfte Del Ponte nur die Verbrechen der Hutu aufklären und anklagen, aber nicht jene der Tutsi. In diesem Verfahren zeigte sie erstmals auf, wie sie systematisch behindert wurde und wie die politischen Grenzen des Völkerrechts von Staaten mit UN-Vetorecht gesetzt werden.

Die Eskalation in Syrien bezeichnet die Autorin resignierend als Triumph der Straflosigkeit. Wieder stellt sie die Entwicklungen wie es zum Konflikt kommen konnte, den Verlauf des Krieges und die begangenen Verbrechen sehr ausführlich und gut analysiert dar. Auch hier war Del Ponte direkt involviert, da sie, bereits in Pension befindlich, als Mitglied der Syrien-Kommission bestellt wurde. Außer einem detaillierten Bericht kam dabei aber nichts heraus, weil viele Staaten in diesem Konflikt, der sich zu einem internationalen Stellvertreterkrieg entwickelt hatte, keinen politischen Willen zur Ahndung von Kriegsverbrechen aufbringen wollten. Im Gegenteil, sie würgten mit ihrem Vetorecht alle weiterführenden Aktionen ab. Carla Del Ponte kämpfte gegen Windmühlen.

In einem weiteren Kapitel stellt die Autorin auch noch die Rolle der USA, die sich von einem aktiven Verteidiger der Menschenrechte, zwischendurch zu einem Bremser und letztendlich deutlich zu einem Verhinderer entwickelt hat, an den Pranger. Hier findet sie deutliche Worte. Durch die finanzielle Aushungerung der UNO unter Donald Trump und die Verhinderungstaktik von George W. Bush, um die Kriegsverbrechen von Amerikanern im Irak zu vertuschen, wurden die Menschenrechtsinstitutionen und die UN-Organisationen dauerhaft und nachhaltig beschädigt. Mittlerweile ist es ja schon so weit, dass Chefankläger*Innen in Den Haag von den USA nicht nur behindert, sondern auch direkt in den Staaten verfolgt werden, zum Beispiel mit Einreisesperren.

Wie schon gesagt, gibt es aber nicht nur Kritik, sondern die Autorin liefert auch konstruktive Vorschläge zur Reform der Institutionen, wenn denn der politische Wille der wichtigen Nationen und Player im UN-Sicherheitsrat wie USA Russland, China und Frankreich vorhanden wäre.

Fazit: Ein mitreißendes Plädoyer für Menschenrechte mit extrem spannenden Hintergrundinformationen über die Institutionen und wie sie arbeiten, bzw. auch nicht funktionieren und das anhand von konkreten Beispielen sehr gut von der zuständigen Fachfrau erklärt. Über die stilistischen Mängel im Aufbau und Inhaltsvermittlung, wie einige Redundanzen und zu viel spröde Juristensprache zu Beginn der Ausführungen, müssten die LeserInnen hinwegkommen. Für politisch interessierte Menschen lohnt es sich aber allemal, dieses Buch zu lesen. Ich habe sehr viel Wichtiges gelernt. Leseempfehlung!

Cover des Buches Ich bin keine Heldin (ISBN: 9783864891137)
Bellis-Perenniss avatar

Rezension zu "Ich bin keine Heldin" von Carla Del Ponte

Eine Stimme für die Opfer von Kriegsverbrechen
Bellis-Perennisvor 3 Jahren

In diesem Buch berichtet Carla Del Ponte von ihrer Arbeit als Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofes für die Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien sowie für den Völkermord in Ruanda in Den Haag in den Jahren 1999 bis 2007.

Sie schildert Triumphe und Niederlagen, schildert, welche Prügel ihr zwischen die Füße geworfen wurden, wenn es um US-Militäraktionen ging. Denn die USA war (ist?) als größter Geldgeber des Internationalen Strafgerichtshofs für Kriegsverbrechen nicht wirklich daran interessiert, die eigenen Truppen in einem schlechten Licht zu sehen. 

Von den 161 Kriegsverbrecher die Carla Del Ponte aufspüren konnte, wurden 91 Personen vor Gericht gestellt und 63 davon wurden dann auch tatsächlich verurteilt. Trotz dieses Erfolgs, sieht sie sich selbst nicht als Heldin. Ihr war es wichtig, den Opfern eine Stimme zu geben. 

Fazit: 

Ein eindringliches Buch, das so manch Frage aufwirft. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Cover des Buches Im Namen der Anklage (ISBN: 9783596185207)
bogis avatar

Rezension zu "Im Namen der Anklage" von Carla Del Ponte

Rezension zu "Im Namen der Anklage" von Carla Del Ponte
bogivor 14 Jahren

Das Buch einer überaus beeindruckenden Frau (Fehler im Bild: Autor ist natürlich Carla del Ponte. Frau Gockel ist die Übersetzerin). Als Chefanklägerin des Kriegsverbrechertribunals von Den Haag zeigt sie äusserste Konsequenz, Zähigkeit und Härte. Ihre Arbeit bei der Aufklärung der Greueltaten im ehemaligen Jugoslawien hat Massstäbe gesetzt. Sie war hier übelsten Beschimpfungen, ja Bedrohungen ausgesetzt. Eindrucksvoll wie sie in schier endloser Reihung die serbische Führung der Nach-Milosevic Zeit bedrängt kooperativ mit dem Tribunal zusammenzuarbeiten um speziell auch den damaligen Armeechef Mladic dingfest zu machen (was ja bis zum heutigen Tag nicht gelungen ist). Frau del Ponte nimmt auch kein Blatt vor den Mund und geisselt die mangelnde Unterstützung zahlreicher EU-Staaten. Diesen gingen lange Zeit Fortschritte auf diplomatischer Ebene vor Verfolgung übelster Kriegsverbrecher. Man muss bei dieser Gelegenheit nochmal daran erinnern dass es sich um die mit Abstand schlimmste Form des Völkermordes in Europa nach dem zweiten Weltkrieg handelte. Das Buch stellt ein absolutes Muss für jeden geschichtlich Interessierten dar. Definitiv empfehlenswert. Ach ja, der fehlende fünfte Stern ist den teilweisen Überlängen (speziell in der Darstellung der Bemühungen zur Kooperation der ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken) geschuldet. Dies liegt aber sicherlich eher in der Natur der Sache.

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