Eine zweite wahre Liebe? Wenn die Protagonisten dazu fähig sind...
von Faidit
Rezension
Der Schreibstil passt für eine entspannende, luftig leichte Sommerlektüre und das Buch liest sich darum auch mal schnell so zwischendurch, wobei Gefühle nicht auf der Strecke bleiben. Schon nach den ersten Kapiteln hatte ich Pipi in den Augen bei den traurigen Erinnerungen der sympathischen Protagonistin Sanne an ihre zu früh verstorbene große Liebe. Viele glückliche Jahre hatte sie schließlich mit ihrem Ehemann gelebt und neben ihrem Beruf die gemeinsamen Kinder aufgezogen. Allerdings wirkt mir die Ehe gegenüber dem Ende des Buches sehr glorifiziert. Doch allmählich setzt sich das Bild zusammen, da Rückblenden in Form von Tagebucheinträgen zwischen dem Geschehen die bruchstückhafte und ernüchternde Erinnerung aufzeigen.
Die Trauerphase von Sanne ist recht realistisch wiedergegeben, wie ich es auch aus meinem Freundeskreis kenne. Gut, dass es in ihrem Fall einen Familienverband durch ihre erwachsenen Kinder und eine beste Freundin gibt, die sie nicht ins Bodenlose fallen lassen.
Das Cover passt darum von der Thematik sehr gut und ist ein gelungenes Sinnbild für den Inhalt des Buches. Mit seinen zarten Blautönen hat es etwas Frisches - könnte also etwas Neues ankündigen. Die Blüten haben mich an "Vergiss-mein-nicht" erinnert, obwohl es eine blaue Hortensie ist. Tatsächlich steht die Hortensie laut Blumensprache für die Frage: "Hast Du mich wirklich schon vergessen?", und die Hortensie ist auch ein Zeichen der Bewunderung für die Schönheit einer Frau.
Die Kapitel zu Beginn des Buches transportieren zwischendurch immer wieder sehr viel Gefühl: Die Erinnerung an die Sterbeszene von Sannes Mann und ihre Bewusstwerdung, dass es wahre Liebe gewesen sein muss, die sie unwiederbringlich verloren hat und die sich nicht so einfach vergessen lässt, selbst wenn sie sich in einen One-Night-Stand stürzt.
Dann tritt der potentielle Neue auf den Plan. Ein Franzose, der ihr nicht unbekannt ist. Die Hinführung des Lesers zu seiner Person gefällt mir auch sehr gut. Mit der Beschreibung konnte ich mir in meiner Fantasie die Romanfiguren und Handlungsorte vorstellen. Doch das Aufeinandertreffen der beiden hätte man spannender gestalten und ausführlicher ausarbeiten können. Sie kommen sich sehr nahe – nach meiner Meinung zu schnell nach all der zuvor beschriebenen depressiven Trauer. Ob sich die Distanz zwischen ihnen wirklich überwinden lässt und noch tiefe – vielleicht noch wahre Liebe reifen kann?
Hmm... Ich wegen der Sterne-Vergabe habe ich lange mit mir gehadert. Am Anfang des Buches dachte ich: Wow! 5 Sterne! Bei Beginn der 2. Hälfte fiel meine Bewertungsscala auf 3 Sterne runter und gegen Ende kämpfte ich mit einer Entscheidung zwischen 3-4 Sternen.
Denn zwischendurch wird die Sprache monoton, zumal die Protagonisten in manchen Szenen auch sehr unreif und darum für mich unlogisch agieren. Konnte ich mich Anfang des Buches noch in sie einfühlen, so sind sie nun meiner Meinung nach zu keiner tiefer gehenden Liebe fähig. Auch das Verhalten der Kinder widerspricht ihrer Beschreibung zu Beginn des Buches.
Am Ende des Romans hätte ich auch gerne wieder Pipi in den Augen gehabt... nämlich Freudentränchen. Am Anfang des Romans ging das mit dem Transportieren der Emotionen über die Worte doch auch. Schade…