Genau so geht es mir, nachdem ich das Buch beendet habe.
Wirklich spannend fand ich die Geschichte von Johannes nicht, aber auch nicht total langweilig.
Es fiel mir allerdings schwer in die Geschichte rein zu kommen und mit Johannes warm zu werden. Letzteres ist mir während des gesamten Buches nicht gelungen. Johannes lässt sich nicht einordnen, ist er noch Kind oder ist er ein junger Mann? Manchmal wird er als Bub, dann als Junge bezeichnet. Erst nach über 300 Seiten erfährt man, dass er inzwischen über zwanzig Jahre alt ist. Mich hat das gestört, denn ich konnte mir von der Hauptperson kein deutliches Bild zeichnen.
Johannes wurde von seinen Eltern zum Einsiedlermönch Anselm geschickt, der ihn unterrichtete und ihm neben Lesen, Schreiben und Rechnen auch Latein, Heilkunde und Astronomie näher brachte. Dabei erwies sich Johannes als wissbegierig und intelligent.
Nachdem marodierende Söldnertruppen seine Eltern ermordet, die heimische Mühle in Brand gesteckt haben und auch Anselm verschwunden ist, macht er sich auf die Suche nach seiner Tante und einem neuen Zuhause. Ausserdem will er seine Schwester finden, die, wie er glaubt, den Überfall überlebt hat.
Die Handlung spielt in den 1620er Jahren in Österreich, Bayern und Württemberg zur Zeit der Bauernaufstände bzw. zu Beginn des Dreissigjährigen Krieges. Johannes gerät immer wieder in die Auseinandersetzungen zwischen Katholiken und Protestanten oder Bauern und Adel.
Dass Johannes seine Intelligenz und Bildung nicht auf seiner Wanderung durch die Wirren der Bauernaufstände mehr nutzt, fand ich schade. Er kommt mir oft sehr naiv vor, lässt sich bequatschen und fällt selten eine Entscheidung oder erst, wenn es sich gar nicht mehr vermeiden lässt. Meistens hat er einfach nur Glück und trifft Menschen, die ihm weiterhelfen, ihm Arbeit geben oder vor Gesindel retten.
Zuguterletzt findet er seine Schwester, sie soll als Hexe verbrannt werden. Gemeinsam mit Freunden gelingt es Johannes, sie im letzten Augenblick zu befreien., aber sie überlebt die schweren Misshandlungen durch die Folter nicht.
Das Awaren-Amulett findet Johannes bei seiner toten Mutter. Er nimmt es an sich, aber es wird ihm auf seiner Reise gestohlen. Das Amulett landet schliesslich bei seiner Schwester Elisabeth. Der wiederum wird es zum Verhängnis, es soll der Beweis dafür sein, dass sie eine Hexe ist.
Die Figur des Johannes hat mich nicht mitgenommen in den Roman. Er bleibt seltsam distanziert, er war mir kein liebgewordener "Held", mit dem ich mitfiebern musste. In seinen Gedankengängen scheint er fast aus einer anderen Zeit zu stammen, so modern sind diese.
Zur Befreiung von Elisabeth hat sich Johannes mit seinen Freunden einen Plan ausgedacht. Falsch, Johannes Freunde denken sich einen Plan aus. Nur welchen? Den erfährt man leider nicht. Ist eh egal, Johannes ist mal wieder ziemlich teilnahmslos bei der Aktion und schliesslich kommt es sowieso anders...
Fazit:
Die Geschichte ist nicht schlecht, die Zeit, in der sie angesiedelt ist, wirklich interessant, aber Johannes ist es nicht. Sein Charakter bleibt blass und sein Denken ist mir zu sehr beeinflusst vom heutigen Denken. Wahrscheinlich hat es damals Menschen gegeben, die daran geglaubt haben, dass es keinen Unterschied macht, welcher Religion man angehört oder dass der Glaube an Hexenwerk Aberglaube ist, aber wenn in einem historischen Roman eine Person so denkt, hätte ich mir gewünscht, dass diese Person mutiger ist und dadurch mehr Konflikte entstehen, die die Spannung erhöhen. Ok, Johannes gerät durchaus in Konflikte, aber er schafft es nie selbst, sich durch Raffinesse oder Geschick daraus zu befreien, es sind immer andere, die für ihn einspringen und er hat immer das Glück, dass jemand zur rechten Zeit am rechten Ort ist, um ihm zu helfen. Das ist nicht so kreativ.
Beim Schreiben historischer Romane muss man immer die Rede- und Denkweisen der entsprechenden Zeit berücksichtigen und ich finde, dass ist hier nicht immer gelungen. Die Autorin ist mir zu modern. Und so kommt es auch zu kleinen Fehlern. Johannes sagt z. Bsp. von sich selbst in einer Rückblende, er habe sich ein "fotografisches" Gedächtnis zugelegt während er Anselm beim Zubereiten von Heilmitteln zugeschaut hat (s. S. 103). Fotografie anno 1620?
Zum besseren Nachvollziehen wo sich Johannes durchschlagen muss bzw. von wo nach wo er wandert usw. hätte ich mir eine Karte im Buchdeckel gewünscht.