Rezension zu "Dein Bild in Gedanken" von Carola Meissl
Du verbrennst mich. In deiner Gegenwart sterbe ich tausend kleiner Tode. Und alles nur wegen einem einzigen, unschuldigen Kuss. Hätte ich gewusst, dass dieses Gefühl uns trennt, hätte ich mich ihm weniger leichtsinnig hingegeben? (p. 104)
Paulo und Liara. Sie waren die besten Freunde in ihrer Kindheit. Haben den Pakt der ewigen Freundschaft sogar mit Spuke besiegelt, gemeinsam Erdbeeren gepflückt und unterm Gartenschlauch getanzt. Paulo denkt ständig an diese schönen Zeiten zurück. Nur, dass es nun kein Paulo und Liara mehr gibt. Die Kindheit ist vorbei, beide sind erwachsen geworden, oder zumindest so gut wie. Jeder lebt sein eigenes Leben: Paulo, der am Tag wie auch in der Nacht noch immer nur an Liara denkt, und wie wohl ihre gemeinsame Zukunft aussehen könnte; Liara mit Partner und einem noch ungeöffneten Schwangerschaftstest, unfähig diesen zu benutzen und sich der Realität zu stellen. Beide leben so unterschiedliche Leben, nur in einem Punkt sind sie noch verbunden. Sie sind gemeinsam einsam.
Der Debütroman von Carola Meissl erzählt die Geschichte von zwei mittlerweile erwachsenen Menschen, die sich die ewige Freundschaft geschworen haben und nun, 20 Jahre später, beide ein komplett anderes Leben führen als sie sich vorgestellt haben. Die Luftschlösser stehen noch leer, werden wieder abgerissen und es werden neue gebaut. Doch es wird keiner einziehen.
Das Buch hat mir gut gefallen. Für mich ist es eine Geschichte, bei der es sehr stark vom persönlichen Gemütszustand des Lesers abhängig ist, wie man sie empfindet. Und mit jedem Mal lesen wird sie sich ein bisschen anders lesen.
Es finden in der Geschichte immer wieder Zeitsprünge statt. Mal erfährt man etwas aus der Kindheit, dann wieder aus der Gegenwart. Die Zeitsprünge fand ich nur zu Beginn etwas verwirrend da es keine Altersangaben oder Jahreszahlen gibt, aber sie sind nach ein paar Kapiteln kein Problem mehr, denn die kindlichen Gedankengänge unterscheiden sich von denen der erwachsenen Paulo und Liara. Ab dann liest es sich sehr schnell. Dennoch kann dem Leser der Einstieg ins Buch zuweilen etwas schwerfallen, weil Einem zu Beginn sehr viel Melancholie und Traurigkeit entgegenschlägt, die erst gegen Ende weicht. Ebenso braucht es auch eine Weile, bis man die eigentliche Handlung des Buches verstanden hat. Nicht, weil sie schwer verständlich ist, sondern weil man in den ersten Kapiteln nicht viel Hintergrundinformationen über die beiden Protagonisten erfährt, sondern gleich in die Gefühlswelt Beider eintaucht. Aber so hebt sich die Spannungskurve mit der fortlaufenden Geschichte, und gegen Ende mag man es kaum noch weglegen.. Ein paar Probleme haben mir manchmal die tlw. sehr kurzen Sätze bereitet. Sie wirken etwas unterbrechend und lassen den Lesefluss stocken.
Alles in Allem ist es ein interessantes Buch mit der Erkenntnis darüber, dass man zwar nie zu alt für Luftschlösser ist, aber man sich bewusst sein sollte, dass man nicht immer in sie einziehen kann.